Im Verfahren auf Festsetzung der PKH/VKH-Anwaltsvergütung ordnet § 56 Abs. 2 S. 1 RVG für die Rechtsbehelfe die entsprechende Anwendung einzelner Vorschriften des Verfahren auf Festsetzung des Gegenstandswertes in § 33 RVG an. In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, welche Fristen hierbei zu berücksichtigen sind.
1. Fristen der einzelnen Rechtsbehelfe
Die Erinnerung gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (UdG) im Verfahren auf Festsetzung der PKH- oder VKH-Anwaltsvergütung nach § 55 RVG ist nach allgemeiner Auffassung in der Rechtsprechung und Literatur unbefristet (s. OLG Brandenburg RVGreport 2010, 218 [Hansens] = AGS 2011, 280; OLG Frankfurt RVGreport 2007, 100 [ders.]; OLG Düsseldorf RVGreport 2016, 218 [ders.]; Mayer/Kroiß/Pukall, RVG, 6. Aufl., § 56 Rn 10; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl., § 56 RVG Rn 8). Anderer Auffassung ist lediglich das OLG Koblenz (RVGreport 2006, 60 [Hansens]).
Demgegenüber verweist § 56 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 RVG für das Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung auf die entsprechende Anwendung von § 33 Abs. 3 bis 8 RVG. Dies schließt die in § 33 Abs. 3 S. 3 geregelte Befristung der Beschwerde ein.
Ebenfalls befristet ist die – zulassungsbedürftige – weitere Beschwerde gegen die Entscheidung des LG als Beschwerdegericht. Hier ist ebenso die Verweisung in § 56 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 RVG einschlägig, so dass für die weitere Beschwerde § 33 Abs. 6 S. 4 i.V.m. Abs. 3 S. 3 RVG anwendbar ist.
Hinweis:
Somit gilt für die Rechtsbehelfe in Verfahren auf Festsetzung der PKH- oder VKH-Anwaltsvergütung Folgendes:
- Die Erinnerung ist unbefristet.
- Für die Beschwerde gilt eine Beschwerdefrist von zwei Wochen.
- Die weitere Beschwerde ist ebenfalls binnen der Beschwerdefrist von zwei Wochen einzulegen.
2. Verwirkung des Erinnerungsrechts
In der Praxis werden Erinnerungen gegen die Entscheidung des UdG des Öfteren nach weit mehr als einem Jahr nach Zugang der Entscheidung eingelegt. Es stellt sich dann die Frage, ob das Recht auf Einlegung der an sich ja unbefristeten Erinnerung verwirken kann. Dies ist in der Rechtsprechung im Einzelnen umstritten.
a) Erinnerung der Staatskasse
Teilweise wird die Auffassung vertreten, das Erinnerungsrecht der Staatskasse verwirke entsprechend § 20 GKG/§ 19 Abs. 1 FamGKG (s. etwa OLG Brandenburg RVGreport 2010, 218 [Hansens] = AGS 2011, 280; KG RVGreport 2004, 314 [ders.]; OLG Zweibrücken RVGreport 2006, 423 [ders.]; OLG Jena Rpfleger 2006, 434; SG Berlin RVGreport 2011, 381 [ders.]; offen: OLG Celle RVGreport 2015, 248 [ders.] für die Rückforderung des Vorschusses vom PKH-Anwalt; a.A. OLG Düsseldorf RVGreport 2016, 218 [ders.]; Bay. LSG AGS 2012, 584; OLG Rostock JurBüro 2012, 197, wenn der Rechtsanwalt vorsätzlich oder grob fahrlässig einen unberechtigten Festsetzungsantrag gestellt hat und die Festsetzung auf diesen falschen Angaben des Anwalts beruht).
b) Erinnerung des Rechtsanwalts
Demgegenüber besteht weitgehend Einigkeit, dass das Erinnerungsrecht des Rechtsanwalts nicht verwirkt (OLG Zweibrücken RVGreport 2006, 423 [Hansens]; KG RVGreport 2004, 314 [ders.]; a.A. OLG Koblenz FamRZ 1999, 1362 zu § 128 BRAGO: Verwirkung nach Ablauf von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Festsetzung der Vergütung).
Gebührentipp:
Bei einer lange Zeit nach Zugang der Entscheidung eingelegten Erinnerung der Staatskasse sollte der Rechtsanwalt sowohl auf die die Verwirkung bejahenden Gerichtsentscheidungen als auch auf die verstrichene Zeit und auf die Umstände hinweisen, aus denen er folgern konnte, die Staatskasse werde sich mit der Entscheidung des UdG zufrieden geben. Ferner empfiehlt sich der Vortrag, der Anwalt habe sich längst auf die Bestandskraft der Entscheidung des UdG eingestellt.
Autor: VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
ZAP F. 24, S. 1249–1262