Die Parteien streiten vorliegend über die Verpflichtung des Beklagten (als Träger der gesetzlichen Insolvenzversicherung), der mit dem Kläger (bei dessen künftigem Tod) verheirateten Ehefrau eine Hinterbliebenenversorgung zu gewähren.
Die Arbeitgeberin, über deren Vermögen Ende 1986 das Konkursverfahren eröffnet wurde, erteilte 1983 dem Kläger eine Versorgungszusage, die u.a. bestimmt: "Nach Ihrem Tode erhält Ihre jetzige Ehefrau eine lebenslängliche Witwenrente unter der Voraussetzung, dass die Ehe zwischenzeitlich nicht geschieden wird." Bei Erteilung der Versorgungszusage war der Kläger verheiratet. Seine Ehe wurde Ende 2004 geschieden. Zu diesem Zeitpunkt war sein Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgeberin bereits beendet. Im Jahre 2006 heiratete der Kläger wieder und bezieht von der Beklagten seit dem 1.5.2014 eine Altersrente. Nachdem die Beklagte sich geweigert hatte, die neue Ehefrau als Versorgungsberechtigte für eine künftige Witwenrente anzuerkennen, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, die ohne Erfolg blieb (BAG v. 21.2.2017 – 3 AZR 297/15, NJW 2017, 1628).
Das BAG legt die Versorgungszusage nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) geltenden Maßstäben aus und gelangt hierbei zu dem Ergebnis, die Formulierung "jetzige Ehefrau" erfasse nur diejenige Ehefrau, die zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Versorgungszusage im bestehenden Arbeitsverhältnis, also am 1.7.1983, mit dem Arbeitnehmer verheiratet war. Nach allgemeiner Sprachbedeutung wird unter "jetzige" zum augenblicklichen, gegenwärtigen Zeitpunkt existierend/bestehend verstanden. Auch die Einschränkung des Versorgungsversprechens, wonach die Ehe vor dem Ableben des Versorgungsberechtigten nicht geschieden sein darf, spricht für diese Einschränkung. Diese Formulierung hätte für die Berechtigung zur Witwenrente keine Bedeutung, wenn auf den Zeitpunkt des Todes des Arbeitnehmers abzustellen wäre.
Zwar ist die Geltung des Rechts der AGB für Arbeitsverhältnisse gesetzlich erst ab dem 1.1.2002 vorgesehen. Nach Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB findet dieses Recht aber auf vor dem 1.1.2002 begründete Dauerschuldverhältnisse spätestens ab dem 1.1.2003 Anwendung. Obwohl die Versorgungszusage im Jahre 1983 und damit vor dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes erteilt wurde, entfaltet somit das Recht der AGB Wirkung.
Die hier streitige Einschränkung der Versorgungszusage benachteiligt, so das BAG, den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB. Werden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt, sind damit Regelungen, die von den im Betriebsrentengesetz angelegten Formen der Risikoabdeckung abweichen, unbeschränkt kontrollfähig, s. auch § 307 Abs. 3 S. 1 BGB. Kennzeichnend für eine Hinterbliebenenversorgung i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG ist die Absicherung eines für den Todesfall bestehenden Versorgungsinteresses des Arbeitnehmers. Für letzteres ist maßgebend, in welchem Näheverhältnis Arbeitnehmer zu den abzusichernden Personen stehen. Für die Zusage einer Hinterbliebenenversorgung ist damit – im Gesetz angelegt – vertragstypisch, eine bestimmte Kategorie von Personen, die dem Versicherungsberechtigten nahestehen, abzusichern. Schränkt der Arbeitgeber den vertypten Personenkreis zu Lasten der Arbeitnehmer in einer Versorgungszusage weiter ein, unterliegt diese Einschränkung der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.
Die hier zu beurteilende Einschränkung benachteiligt den Kläger unangemessen, weil sie nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Sie orientiert sich nicht an Risikoabwägungen des Arbeitgebers, sondern knüpft vielmehr an bloße Zufälligkeiten an. Betriebliche Altersversorgung ist auch das Entgelt der berechtigten Arbeitnehmer, das diese als Gegenleistung für die im Arbeitsverhältnis erbrachte Betriebszugehörigkeit erhalten. Die in Rede stehende Klausel versagt dem Arbeitnehmer bei einer späteren Heirat den Schutz der Versorgungszusage, obwohl das zugrunde liegende Arbeitsverhältnis, in dem der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt, auch noch nach ihrem Wirksamwerden weiterbesteht.
Hinweis:
Der Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB hat zwar die Unwirksamkeit der Einschränkung zur Folge, führt aber nicht dazu, dass der Ehefrau des Klägers, mit der er bei seinem Ableben verheiratet sein wird, eine Hinterbliebenenversorgung zusteht.
Die durch die Streichung des Wortes "jetzige" entstandene Lücke in der Versorgungszusage ist durch eine ergänzende Vertragsauslegung zu schließen.
Sind AGB ganz oder teilweise unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam (§ 306 Abs. 1 BGB) und sein Inhalt richtet sich insoweit nach den gesetzlichen Vorschriften (§ 306 Abs. 2 BGB). Eine geltungserhaltende Reduktion findet grundsätzlich nicht statt. Eine Klausel bleibt nur dann teilweise aufrechterhalten, wenn sie mehrere Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeu...