Die Parteien des vorliegend zu referierenden Revisionsverfahrens streiten um die Abgeltung von 169,5 Arbeitstagen Urlaub aus den Jahren 2008–2013. Die Beklagte beschäftigte den Kläger als Exportsachbearbeiter in der Zeit vom 19.8.1998 bis zum 31.8.2016. Nach dem Arbeitsvertrag belief sich der Urlaubsanspruch auf 30 Arbeitstage im Jahr. Urlaubsansprüche waren bis spätestens 31. des dem Urlaubsjahr folgenden Jahres geltend zu machen. Die dem Kläger erteilten Lohn-/Gehaltsabrechnungen wiesen in den letzten Jahren jeweils den kumulierten Gesamturlaub aus, den die Beklagte dem Kläger in den Vorjahren nicht gewährt hatte. In der Entgeltabrechnung für Dezember 2014, die – wie alle übrigen – von einem externen Dienstleister unter Angabe des Namens und der Anschrift der Beklagten erstellt wurde, ist ein Resturlaub von 169,5 Tagen angegeben. Die Klage auf Abgeltung von aus den Jahren 2008–2013 stammenden Resturlaub im Umfang von 169,5 Arbeitstagen hatte beim LAG Erfolg. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung (BAG, Urt. v. 19.3.2019 – 9 AZR 881/16, NZA 2019, 1046).
Das BAG teilt die Auffassung des LAG nicht, den Entgeltabrechnungen sei zu entnehmen, dass sich die Beklagte dem Kläger gegenüber hinsichtlich der dort ausgewiesenen restlichen Urlaubstage rechtsgeschäftlich binden wollte. Die in einer Entgeltabrechnung enthaltene Mitteilung einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen stelle regelmäßig eine Wissens-, nicht aber eine rechtsgestaltende Willenserklärung des Arbeitgebers dar. Ihr kommt in aller Regel nicht die Bedeutung zu, der Arbeitgeber wolle den ausgewiesenen Urlaub auch dann gewähren, wenn er ihn nicht schuldet.
Das Gericht lässt offen, ob Urlaubsansprüche verjähren können (ablehnend etwa BAGE 81, 328).
Hinweis:
Siehe hierzu näher unten 6. a: Fehlt es an einer Unterrichtung der Arbeitnehmer über den Umfang ihrer Urlaubsansprüche und deren möglichen Fortfall zum Jahresende oder ist die Unterrichtung fehlerhaft bzw. intransparent, so schreibt sich der Urlaub fort, eine Verjährung nach § 195 ff. BGB tritt nicht ein.
Selbst wenn man zugunsten der Beklagten davon ausginge, die Vorschriften der § 194 ff. BGB über die Verjährung (die hier gem. § 195 BGB 3 Jahre beträgt), wobei die Verjährungsfrist, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) wären auf Urlaubsansprüche anzuwenden, griffe die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung nicht durch. Zu dem Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsverhältnis der Parteien endete, waren die aus den Jahren 2008–2013 stammenden Urlaubsansprüche des Klägers nicht verjährt, weil die Verjährung am Tag nach der Erteilung einer jeden Entgeltabrechnung nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB jeweils neu in Lauf gesetzt wurde. Die in einer Entgeltabrechnung enthaltene Mitteilung einer bestimmten Anzahl von Urlaubstagen könne ein rein tatsächliches Anerkenntnis i.S.d. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB enthalten. Liege ein solches vor, beginne die Verjährungsfrist für die in den Abrechnungen ausgewiesenen Urlaubsansprüche jeweils an dem auf die Abrechnung folgenden Tag erneut zu laufen, wenn die Verjährungsfrist zu dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Entgeltabrechnung erteilt, noch nicht abgelaufen ist.
Die Entgeltabrechnungen, die die Beklagte von einem externen Dienstleister unter Angabe ihres Namens und ihrer Anschrift erstellen ließ, sind ihr – zumindest nach den Grundsätzen der Rechtsscheinvollmacht – als eigene Erklärung zuzurechnen. Mit der Beauftragung des Dienstleisters, in dieser Weise Entgelt- und Urlaubsansprüche der in ihrem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer abzurechnen, duldete es die Beklagte, dass der Dienstleister für sie wie ein Vertreter auftrat und damit bei den Arbeitnehmern den Rechtsschein erweckte, er sei bevollmächtigt, die Ansprüche i.S.v. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB als nicht erfüllt anzuerkennen.
Das BAG gibt dem Berufungsgericht auf, nach der Zurückverweisung die für die Entscheidung des Streitfalls erheblichen Tatsachen festzustellen und hierbei zu beachten:
Einmal die neuere Rechtsprechung des Senats, wonach der Urlaub gem. § 7 Abs. 3 BUrlG i.d.R. nur verfallen kann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub andernfalls mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums erlischt (BAG NZA 2019, 977, s. hierzu sogleich unter 6.). Das LAG wird nach der Zurückverweisung der Sache den Parteien insoweit rechtliches Gehör zu gewähren und dann aufzuklären haben, ob die Beklagte ihren Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen ist. Sollte dies der Fall sein, müsse weiter aufgeklärt werden, ob die Parteien – wie vom Kläger behauptet – im Jahre 2005 eine Vereinbarung bezüglich des Verfalls von Urlaub geschlossen haben, und ggf. welchen konkreten Inhalt diese Absprache hat. Zwar erlaubt § 13 Abs. 1 BUrlG nicht, gesetzlich zwingende ...