Voraussetzung für einen qualifizierten Mietspiegel ist, dass er nach den anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden ist. Was unter dem Begriff zu verstehen ist, ist höchst strittig. Das Gesetz geht wie selbstverständlich davon aus, dass es tatsächlich anerkannte wissenschaftliche Grundsätze der Mietspiegelerstellung gibt. Das ist mindestens zweifelhaft. Der Begriff der anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze bedarf der Auslegung. Der Gesetzgeber selbst definiert ihn nicht. In keiner Wissenschaft wird gelehrt, wie Mietspiegel zu erstellen sind. Entscheidend ist, dass sich eine Regel aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnis als richtig und unanfechtbar erweist und von der überwiegenden Zahl der Anwender als richtig anerkannt wird. Dabei taucht zunächst die Frage auf, welche die richtige Wissenschaft ist, auf deren Erkenntnismöglichkeiten abzustellen ist. Die Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft „Mietrechtsvereinfachung” hatte ausschließlich auf die „statistische Wissenschaft” abgestellt. Das ist aber zu eng. Die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ist keine ausschließlich empirische Tätigkeit. Der Mietspiegel soll als Ergebnis die ortsübliche Vergleichsmiete widerspiegeln. Der Begriff der ortsüblichen Vergleichsmiete ist empirisch-normativ zu verstehen. Es müssen zahlreiche normative Entscheidungen getroffen werden. Dies betrifft nicht nur die Einordnung der konkreten Wohnung in einem Mietspiegel, sondern bereits die der Mietspiegelerstellung vorangehende Datenerhebung. Welche Mieten sollen in der Gemeinde überhaupt ermittelt werden, wie werden sie gewichtet, welche Mieten werden ausgeschlossen? All dies sind keine Fragen der Statistik, sondern juristische Fragestellungen. Ein nach den wissenschaftlichen Grundsätzen der Statistik richtig erstellter Mietspiegel kann ohne Weiteres nach juristischen Kategorien falsch sein. Deshalb müssen zumindest auch die wissenschaftlichen Grundsätze der Rechtswissenschaft beachtet werden.
Wegen dieses Streits wollte die Bundesregierung die Definition des qualifizierten Mietspiegels vereinfachen und den Begriff „anerkannt” streichen. Der bisherige Ansatz der Anerkennung der wissenschaftlichen Grundsätze habe sich nicht bewährt. Eine gefestigte Rechtsprechung habe sich in den 20 Jahren auch nicht entwickelt. Vor allem sei unklar, von wem die wissenschaftlichen Grundsätze anzuerkennen sind. Das Ministerium wollte nur die Einhaltung der Vorgaben der neuen Mietspiegelverordnung vorschreiben. Diesen Vorschlag hat der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages (BT-Drucks 9/31106 S. 6) aber aus dem Gesetz wieder gestrichen. Er wollte an dieser etablierten Formulierung festhalten, um einem möglichen Umkehrschluss vorzubeugen, wonach die Anforderungen an die wissenschaftlichen Grundsätze zukünftig niedriger sein könnten.
Hinweis:
Qualifizierte Mietspiegel müssen also weiterhin nach den anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen der Mietspiegelerstellung aufgestellt werden.