Verlängerung einer sachgrundlosen Befristung bei gleichzeitiger Reduzierung der Arbeitszeit
Das BAG hatte über die Wirksamkeit der Verlängerung einer sachgrundlosen Befristung unter gleichzeitiger Reduzierung der Arbeitszeit zu entscheiden. Der Kläger war vom 3.8.2015 bis zum 2.8.2017 auf der Grundlage von drei befristeten Arbeitsverträgen bei der Bundesagentur für Arbeit als IT-Fachassistent beschäftigt. Der erste Arbeitsvertrag war bis 31.12.2015 befristet und umfasste eine Tätigkeit in Vollzeit. Der zweite Arbeitsvertrag war vom 16.11.2015 bis 31.12.2016 befristet und regelte erneut eine Vollzeittätigkeit. Mit Arbeitsvertrag vom 2.12.2015 bis 31.12.2016 war der Kläger, auf seinen Antrag die Arbeitszeit zu reduzieren, nach § 8 TzBfG mit 90 % in Teilzeit tätig. Ab dem 1.1.2017 war erneut Vollzeit vereinbart.
Streitig ist nun der Arbeitsvertrag vom 29.11.2016. Er ist überschrieben mit „Vertrag zur Änderung des Arbeitsvertrages vom 29.6.2015 idF. vom 2.12.2015” und hat folgenden Inhalt: „1 wird wie folgt geändert: Herr B wird als Teilzeitbeschäftigter mit 90,00 v.H. der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines entsprechend Vollzeitbeschäftigten bis zum 2.8.2017 weiterbeschäftigt”. Ebenfalls am 29.11.2016 beantragte der Kläger die entsprechende Teilzeitbeschäftigung befristet für die Zeit bis zum 2.8.2017. Der Kläger hat rechtzeitig Befristungskontrollklage erhoben und begehrt die Feststellung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu stehen.
Der für Befristungsrecht zuständige Siebte Senat des BAG (Urt. v. 24.2.2021 – 7 AZR 108/20, NZA 2021, 1187) hat auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung der Klage stattgegeben. Nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsverhältnisses ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses zulässig. Das Tatbestandsmerkmal der „Verlängerung” in § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG setzt u.a. voraus, dass bei der Vereinbarung über das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts der Vertragsinhalt ansonsten unverändert bleibt. Anderenfalls liegt keine Verlängerung, sondern ein Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags vor, dessen Befristung einen Sachgrund erfordert. Allerdings bleibt es den Parteien unbenommen, nur anlässlich der Verlängerung erforderliche Anpassungen des Vertragstextes an die zum Zeitpunkt der Verlängerung geltende Rechtslage vorzunehmen oder Arbeitsbedingungen zu vereinbaren, auf die der befristet beschäftigte Arbeitnehmer einen Anspruch hat.
Weil sich der Arbeitgeber auf die sachgrundlose Befristung beruft, hat er deren Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen. Das umfasst den Tatbestand der Verlängerung und, dass keine sonstigen Tatsachen neu vereinbart wurden, auf welche kein Anspruch bestand. Positiv formuliert: Der Arbeitgeber muss alle Tatsachen darlegen und beweisen, die den Anspruch des Arbeitnehmers auf die gleichzeitig mit der Vertragsverlängerung vereinbarten geänderten Arbeitsbedingungen begründen.
Daran scheiterte die beklagte Bundesagentur für Arbeit. Haben die Parteien während der Laufzeit eines befristeten Arbeitsvertrags eine auf das Vertragsende befristete Reduzierung der Wochenarbeitszeit vereinbart und vorgesehen, dass im Falle einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses die ursprüngliche Vereinbarung über eine Vollzeittätigkeit wiederauflebt, stellt die spätere Vereinbarung über die befristete Fortführung des Arbeitsvertrags keine Verlängerung i.S.v. § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG dar, wenn zugleich die Teilzeitvereinbarung fortgesetzt wird. Der Arbeitnehmer hatte keinen Anspruch. Das Teilzeitbegehren nach § 8 TzBfG war bereits ausgeübt, die befristete Dauer jedoch abgelaufen und erneut eine Vollzeit vereinbart. Ein Anspruch besteht auch nicht deshalb, weil die Arbeitszeitreduzierung auf Anregung oder auf Wunsch des Arbeitnehmers erneut vereinbart wird.
Hinweise:
- Die auf den ersten Blick kuriose Entscheidung entspricht der ständigen Rechtsprechung des BAG. Liegt im Zeitpunkt der Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags kein bestehender Anspruch vor, handelt es sich nicht um eine deklaratorische, sondern eine rechtsbegründende Regelung. Das BAG prüft das rein formal und beruft sich auf den Schutzzweck der Norm. Es lässt § 8 TzBfG an der Antragsfrist scheitern, obwohl der Kläger dies beantragte und die Beklagte diesen dazu aufforderte. Die Voraussetzungen des Tarifvertrags der Bundesagentur für Arbeit lagen unstreitig nicht vor. Dann aber wird nicht ausschließlich die Befristung verlängert, sondern zugleich auch eine weitere Arbeitsbedingung verändert, die Arbeitszeit. Es liegt keine „Verlängerung” i.S.d. § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG vor, sondern ein Neuabschluss.
- Ein einfacher Vergleich zeigt dies: Eine Verlängerung i.S.d. § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG scheitert selbst dann, wenn der Arbeitnehmer gleichzeitig mit der Verlängerung des befristeten Ver...