Der bis zum 14.12.2004 geltenden, für die Haftungspraxis in „Altfällen“ maßgebliche Verjährungsregel des § 51b BRAO kommt in der Judikatur zur Beraterhaftung weiterhin eine wesentliche Bedeutung zu (D. Fischer, VersR 2016, 700, 706). Nach dieser Bestimmung verjährt der Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist, spätestens jedoch in drei Jahren nach der Beendigung des Auftrags (Hilfsregel).
Für die Frage, wann ein Schaden eingetreten ist, gilt seit 1992 die in ständiger Rechtsprechung angewandte Risiko-Schaden-Formel des BGH, die auch für das neue Verjährungsrecht maßgebend bleibt (BGH WM 2015, 1622 Rn 76; ZAP EN-Nr. 244/2016 = WM 2016, 1562 Rn 22). Danach ist eine bloße Vermögensgefährdung infolge der Pflichtverletzung des Beraters nicht ausreichend. Vielmehr entsteht ein Schaden erst dann, wenn sich die Vermögenslage des Betroffenen durch die Pflichtverletzung des Beraters gegenüber seinem früheren Vermögensstand objektiv verschlechtert hat. Dafür genügt, dass der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag auch seine Höhe noch nicht beziffert werden können. Es muss nicht feststehen, dass eine Vermögenseinbuße bestehen bleibt und damit endgültig wird (BGH WM 2015, 1622 Rn 73). Ein Schaden ist dagegen noch nicht eingetreten, solange nur das Risiko eines Vermögensnachteils infolge der Pflichtverletzung des Beraters besteht, solange also noch offen ist, ob es tatsächlich zu einem Schaden kommt.
Hinweis:
Solange das Risiko sich nicht verwirklicht, läuft die Verjährungsfrist noch nicht, weil bei der gebotenen wertenden Betrachtung allenfalls eine Vermögensgefährdung vorliegt (BGH a.a.O. Rn 73).
Der Mandant, dessen ursprünglicher (primärer) Schadensersatzanspruch gegen seinen Rechtsanwalt wegen schuldhafter Pflichtverletzung gem. § 51b BRAO a.F. verjährt ist (Primärverjährung), hat grundsätzlich einen weiteren (sekundären) Schadensersatzanspruch gegen den Anwalt, wenn dieser den Schaden in Gestalt der Primärverjährung verursacht hat, indem er eine bis zum Ende des Mandats entstandene (sekundäre) Pflicht, den Auftraggeber auf die Möglichkeit einer eigenen Regresshaftung und deren drohende Verjährung hinzuweisen, schuldhaft verletzt hat. Entsteht eine solche Hinweispflicht innerhalb desselben Mandats, besteht dieses naturgemäß mit dem ursprünglichen Vertragspartner des Mandanten. Die Sekundärverjährung soll die Härten und Unbilligkeiten mildern, die sich aus einer strengen Anwendung der kenntnisunabhängigen Verjährungsregelung des § 51b BRAO a.F. ergeben (BGH WM 2015, 1622 Rn 88). Erhält jedoch der Anwalt, der den Auftraggeber vor Abschluss eines Vertrags fehlerhaft beraten hat, noch während des Laufs der Primärverjährung den Auftrag, Ansprüche des Mandanten aus diesem Vertrag zu prüfen oder durchzusetzen, so begründet auch dies die Pflicht, auf die Regresshaftung und ihre Verjährung hinzuweisen, wenn diese Ansprüche in unmittelbarem inneren Zusammenhang mit der ursprünglichen Beratung stehen. Die Hinweispflicht folgt in diesem Fall aus dem neuen Auftrag (BGH a.a.O. Rn 86).