Im ersten Schritt unterscheidet sich die Fallkonstellation der einseitigen Erledigungserklärung nicht von der übereinstimmenden Erledigungserklärung. Der Kläger erklärt das Verfahren per Prozesserklärung für erledigt.
Hinweis:
Eine zeitliche Grenze für die Abgabe der Erledigungserklärung gibt es nicht. Der Kläger kann noch zur Erledigungserklärung übergehen, wenn er trotz eines erledigenden Ereignisses zunächst (irrtümlich) an seinem ursprünglichen Sachantrag festgehalten hat (NK-VwGO, a.a.O., § 161 Rn 122).
Der Unterschied ergibt sich aus der Reaktion des Beklagten. Von einer Situation der einseitigen Erledigungserklärung spricht man, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers ausdrücklich – ggf. infolge eines Hinweises nach § 161 Abs. 2 S. 2 VwGO – widerspricht oder sich dieser einfach nicht anschließt.
Hinweis:
Eine „einseitige Erledigungserklärung” des Beklagten hat demgegenüber keine selbstständige prozessuale Wirkung und ist lediglich als Hinweis auf das Vorliegen eines erledigenden Ereignisses zu werten (BeckOK VwGO, a.a.O., § 161 Rn 18).
Die Gründe, aus denen sich der Beklagte einer Erledigungserklärung nicht anschließen will, können dabei aus zwei Richtungen stammen:
Zum einen kann der Beklagte auf dem Standpunkt stehen, dass kein erledigendes Ereignis vorliegt. Würde er sich in einer solchen Situation einer Erledigungserklärung anschließen, dann wäre eine Kostenentscheidung nach Billigkeit aufgrund einer summarischen Prüfung nach § 161 Abs. 2 VwGO die Folge, die ggf. in Teilen zulasten des Beklagten ausgehen könnte. Fehlt es an einem erledigenden Ereignis und versucht der Kläger durch Abgabe einer Erledigungserklärung der Kostenfolge einer Klagerücknahme nach § 155 Abs. 2 VwGO zu entgehen („Flucht in die Erledigung”), so stellt die prozessuale Situation der einseitigen Erledigungserklärung für den Beklagten eine Möglichkeit dar, dem genannten Kostenrisiko zu entgehen. Denn wenn keine Erledigung vorliegt, wird die Klage des Klägers mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abgewiesen.
Hinweis:
Weist die ursprüngliche Klage nach Ansicht des Beklagten keine Erfolgsaussichten auf, weil sie unzulässig oder unbegründet ist, erwartet er im Ausgangspunkt ein klageabweisendes Urteil mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO. Sollte in dieser Konstellation jedoch eine objektive, materielle Erledigung eingetreten sein, so dürfte aus prozessökonomischen Gründen der Anschluss an die Erledigungserklärung angezeigt sein, da dann die Kosten nach § 161 Abs. 2 VwGO dem Kläger auferlegt werden. Schließt sich der Beklagte in einer solchen Situation der Erledigungserklärung nicht an, droht ein stattgebendes Urteil mit einer Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO zulasten des Beklagten.
Zum anderen könnte der Beklagte ein berechtigtes Interesse am materiell-rechtlichen Ausgang des Verfahrens haben, obwohl eine objektive Erledigungssituation eingetreten ist, da er diese Erkenntnisse für zukünftige, vergleichbare Streitigkeiten mit dem Kläger heranziehen will.
Hinweis:
Besteht ein solches Interesse, dann prüft die Rechtsprechung nach h.M. nicht nur die Erfolgsaussichten der Ursprungsklage, sondern diese sind auch für die Kostengrundentscheidung maßgeblich (ausführlich: s.u.).
Wie bei der übereinstimmenden Erledigungserklärung kann auch die einseitige Erledigungserklärung den gesamten Streitgegenstand oder auch nur Teile davon betreffen. Im Fall der teilweisen einseitigen Erledigungserklärung liegt eine objektive Klagehäufung i.S.d. § 44 VwGO vor.