Haben die Beteiligten das Verfahren hinsichtlich seines gesamten anhängigen Streitgegenstands für erledigt erklärt, so entscheidet das Verwaltungsgericht nicht mehr in der Sache, sondern nach § 161 Abs. 2 S. 1 VwGO nur noch über die Kostentragung durch Beschluss (§ 92 Abs. 3 VwGO analog).
Hinweis:
Obwohl Verwaltungsgerichte üblicherweise tenorieren: „Das Verfahren wird eingestellt.”, hat der Beschluss nur deklaratorische Wirkung (BVerwG, NVwZ-RR 1999, 407, 408).
Diese Kostenentscheidung erfolgt nach billigem Ermessen und hat den bisherigen Sach- und Streitstand zu berücksichtigen, sodass regelmäßig die Erfolgsaussichten der Klage zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses maßgeblich für die Kostenverteilung sind.
Hinweis:
Erledigendes Ereignis meint den Umstand, an den die Beteiligten mit ihren Erledigungserklärungen anknüpfen, selbst wenn dieser Umstand objektiv ungeeignet war, die Hauptsache zu erledigen (NK-VwGO, a.a.O., § 161 Rn 83).
Die Prüfung der Erfolgsaussichten bleibt insofern summarisch, als dass weder bisher ungeklärte Rechtsfragen noch unklarer Sachverhalt – ggf. mittels Beweiserhebung – im Rahmen einer Entscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO geklärt werden.
Hinweis:
Hält das Gericht eine Norm für verfassungswidrig, auf deren Gültigkeit es für die Entscheidung der Hauptsache ankam, darf das Gericht nicht mehr die Entscheidung des BVerfG nach Art. 100 GG einholen. Wenn sich die Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Norm ernstlich stellt, ist sie regelmäßig so schwierig zu beantworten, dass sie für die Kostenentscheidung als offen zu betrachten ist (NK-VwGO, a.a.O., § 161 Rn 87).
Kann i.R.d. Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage deren Zulässigkeit und Begründetheit nicht festgestellt werden („offene Erfolgsaussichten”), werden die Kosten typischerweise zwischen den Beteiligten hälftig aufgeteilt oder gegeneinander aufgehoben (vgl. § 155 Abs. 1 VwGO).
Im Übrigen entspricht es regelmäßig billigem Ermessen, demjenigen Beteiligten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, der das erledigende Ereignis herbeigeführt hat oder aus dessen Sphäre es jedenfalls stammt. Auch eine Klaglosstellung seitens des Beklagten im Laufe eines Prozesses führt regelmäßig dazu, dass dem Beklagten die Kosten auferlegt werden.
Beispiel:
Der Beklagte hebt nach gerichtlichem Hinweis den angegriffenen Verwaltungsakt auf und beseitigt dadurch den Streitgegenstand.
Gleiches gilt, wenn eine Anfechtungsklage zunächst begründet war und der Verwaltungsakt erst durch eine spätere Rechtsänderung eine einwandfreie Rechtsgrundlage erhält (NK-VwGO, a.a.O., § 161 Rn 92).
Beispiel:
Eine Beitragssatzung wird zulässigerweise rückwirkend geändert, da die Rückwirkung dazu dienen soll, eine ungültige oder in ihrer Gültigkeit zweifelhafte Satzung durch eine neue Satzung zu ersetzen (BVerwG, NJW 1976, 1115).
Höchstrichterliche Rechtsprechungsänderungen sind hingegen i.R.d. § 161 Abs. 2 VwGO derart zu berücksichtigen, dass damit die Rechtsfrage geklärt ist und sich die Kostenentscheidung hierauf stützt. Rechtsprechungsänderungen sind Rechtsänderungen damit in ihrer Wirkung nicht gleichzustellen.
Im Übrigen können die Wertungen anderer Kostenregelungen i.R.d. Entscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO herangezogen werden. Dies gilt z.B. für § 156 VwGO, wenn der Beklagte durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben hat oder er den Anspruch sofort anerkennt. Gemäß § 155 Abs. 4 VwGO können Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, diesem auferlegt werden. Erklärt der Kläger den Rechtsstreit für erledigt, obwohl kein erledigendes Ereignis vorliegt und es sich um eine „verschleierte” Klagerücknahme handelt, entspricht es der Billigkeit, ihm entsprechend § 155 Abs. 2 VwGO aus diesem Grund die Kosten aufzuerlegen (NK-VwGO, a.a.O., § 161 Rn 41).
Der (Einstellungs-)Beschluss des Verwaltungsgerichts ist unanfechtbar (§§ 158 Abs. 2, 92 Abs. 3 VwGO analog).
Hinweis:
Sollte im Beschluss – wie in der Praxis üblich – zugleich der Streitwert endgültig festgesetzt worden sein, ist dieser Teil des Beschlusses gem. § 68 GKG beschwerdefähig.
Zuständig ist das Gericht, bei dem der Rechtsstreit anhängig ist, selbst wenn es für die Hauptsache nicht zuständig gewesen wäre (OLG Frankfurt a.M., MDR 1981, 676). Erklären die Beteiligten den Rechtsstreit für erledigt, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache ergangen, aber bevor ein Rechtsmittel eingelegt ist, ist das Gericht zuständig, das die Entscheidung zur Hauptsache getroffen hat. Bei ihm bleibt die Hauptsache anhängig, bis ein Rechtsmittel eingelegt oder die Entscheidung rechtskräftig wird (NK-VwGO, a.a.O., § 161 Rn 106). Innerhalb der Kammer ist für die Einstellungsentscheidung der Berichterstatter zuständig (§ 87a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 VwGO).
An der materiellen Rechtslage ändert sich durch die Beendigung der Rechtshängigkeit nach übereinstimmender Erledigungserklärung nichts; hat sich der Verwaltungsakt tatsächlich nicht erledigt, so bleibt er wirksam und kann vollzogen werden (BeckOK VwGO, a.a.O....