Tritt der Unfallgeschädigte seinen Anspruch auf Erstattung des Sachverständigenhonorars gegen den Unfallgegner in Höhe des Honoraranspruchs des Sachverständigen an diesen ab, verstößt eine Klausel in dem Auftragsformular über die Abtretung der Ansprüche, wonach sich der Geschädigte aufgrund der Abtretung dieses Schadensersatzanspruchs nicht selbst an den Unfallgegner wenden muss und nur dann, „wenn eine (vollständige) Durchsetzung des Anspruchs gegen die Anspruchsgegner nicht möglich ist”, auf Zahlung des Resthonorars in Anspruch genommen werden kann, nach Ansicht des BGH (Urt. v. 23.1.2024 – VI ZR 230/22 und VI ZR 357/22) nicht gegen § 307 Abs. 1 BGB:
Zitat
„2. Durch diese Abtretung muss sich der Geschädigte nicht selbst an die Anspruchsgegner wenden. Nur dann, wenn eine (vollständige) Durchsetzung des Anspruchs gegen die Anspruchsgegner nicht möglich ist, kann der Geschädigte auf Zahlung des (Rest-)Honorars in Anspruch genommen werden, allerdings nur in Höhe des nicht regulierten Teilbetrags, und nur dann, wenn zuvor der [...] abgetretene Schadensersatzanspruch an den Geschädigten zurückabgetreten wurde.”
a) Transparenzgebot
Es ist nicht ungewöhnlich und grds. auch für beide Vertragsparteien interessengerecht, dass ein Geschädigter zur Sicherung des vertraglich vereinbarten Vergütungsanspruchs im Rahmen des Auftrags zur Erstellung des Gutachtens seinen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer auf Erstattung der Sachverständigenkosten an einen Sachverständigen abtritt. Dies liegt im Interesse des Sachverständigen, der einen i.d.R. zahlungsfähigen Schuldner, den Haftpflichtversicherer des Schädigers, erhält und diesem gegenüber seinen Vergütungsanspruch für seine eigene Leistung rechtfertigen kann. Die Abtretung entspricht – wenn sie erfüllungshalber oder an Erfüllungs statt erfolgt – regelmäßig auch dem Interesse des geschädigten Auftraggebers, der unter Beschränkung des eigenen Aufwands möglichst schnell einen Ausgleich vom Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer erhalten will. Eröffnet sich ihm die Möglichkeit einer Stundung der Honorarforderung des Sachverständigen oder deren Erfüllung ohne eigene finanzielle Vorlage und eigenes Zutun, ist er bereit, seinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen abzutreten, damit dieser der Sache nach seine Honorarforderung selbst geltend machen kann (so bereits BGH, Urt. v. 17.10.2023 – VI ZR 27/23 Rn 12).
b) Intransparenz aufgrund der Gesamtregelung
Eine Intransparenz kann sich nicht nur bei einzelnen Klauseln aus ihrer inhaltlichen Unklarheit, mangelnden Verständlichkeit oder der unzureichenden Erkennbarkeit der Konsequenzen ergeben, sondern auch aus der Gesamtregelung. Abzustellen ist auf die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden. Für die Auslegung von AGB ist in erster Linie ihr Wortlaut relevant (vgl. BGH, a.a.O., Rn 10). Ist dieser nicht eindeutig, kommt es entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften der in Rede stehenden Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner zu beachten ist. Verbleiben nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten Zweifel und sind zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar, geht die Unklarheit nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Dabei ist die kundenfeindlichste Auslegung maßgeblich, also diejenige Auslegung, die zur Unwirksamkeit der Klausel und zur Anwendung des dispositiven Rechts führt. Allerdings bleiben solche Auslegungsmöglichkeiten außer Betracht, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und daher nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (st. Rspr., etwa BGH, Urt. v. 7.4.2022 – I ZR 212/20 Rn 21). Somit ist die Klausel im Hinblick auf ihre systematische Gesamtkonstruktion aufgrund der Komplexität des Sachverhalts auch nicht intransparent (BGH, a.a.O., Rn 20).