Kann ein Einschreibebrief wegen Abwesenheit des Empfängers nicht zugestellt werden, muss differenziert werden (Hosenfeld NZM 2002, 93; Dübbers NJW 1997, 2503):
- Bei einem Einwurf-Einschreiben wirft der Postmitarbeiter den Brief in den Briefkasten und dokumentiert dies. Hier ist das Schreiben in dem Augenblick zugegangen, in dem nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit der Kenntnisnahme gerechnet werden muss. Problematisch ist hier die Beweislast bezüglich des Zugangs. Während das LG Berlin (GE 2001, 770) ein einfaches Bestreiten des Zugangs bei einem Einwurfeinschreiben nicht als zulässig erachtet, ist die wohl überwiegende Auffassung in Literatur und Rechtsprechung anderer Auffassung. Erörtert wird nur, ob der Erklärende mittels Einwurf-Einschreiben den Zugang und inbs. den Zeitpunkt kraft Anscheinsbeweises nachweisen kann. Dies würde voraussetzen, dass die von der Post herausgegebenen Belege Urkundsqualität haben. Gegen Gebühr erhält der Absender nämlich nur einen Datenauszug. Dies ist eine technische Aufzeichnung und keine Urkunde (Hosenfeld NZM 2002, 93, 95 m.w.N.). Das LG Potsdam (NJW 2000, 3722; dazu Reichert NJW 2001, 2523) lehnt deshalb auch einen Anscheinsbeweis ab.
- Bei Übergabe-Einschreiben muss der Mieter die Übergabe selbst quittieren. Wird er nicht angetroffen, wird eine Benachrichtigungskarte in den Briefkasten geworfen. In diesem Fall ist durch den Einwurf des Benachrichtigungsscheins das Schreiben noch nicht zugegangen (BGH VersR 1971, 262; BAG NJW 1986, 1374; LG Göttingen WuM 1989, 183; LG Berlin MM 1988, Nr. 1, 25; Palandt/Heinrichs, BGB, § 130 Rn 7 m.w.N.; Dübbers NJW 1997, 2503 f.). Dieser Benachrichtigungsschein unterrichtet den Empfänger nur darüber, dass für ihn eine Einschreibesendung bei der Post zur Abholung bereit liegt. Er enthält aber keinen Hinweis auf den Absender des Einschreibebriefs und lässt den Empfänger im Ungewissen darüber, welche Angelegenheit die Einschreibesendung zum Gegenstand hat (BGH NJW 1998, 976 m. Anm. Singer LM § 130 Nr. 27). Ob das Einschreiben mit oder ohne Rückschein versandt wurde, ist für den Zugang unerheblich und kann allenfalls den Beweis des Zugangs erleichtern.
Das bedeutet aber nicht, dass grds. im Fall der Abwesenheit des Empfängers und der dadurch bedingten Nichtzustellbarkeit von Übergabe-Einschreibesendungen ein wirksamer Zugang i.S.v. § 130 BGB ausgeschlossen ist (a.A. LG Freiburg NZM 2004, 617: Zugang wird fingiert zu dem Zeitpunkt, zu dem unter normalen Bedingungen mit der Abholung zu rechnen war). Musste der Mieter oder Vermieter mit dem Zugang einer Kündigung rechnen, muss er durch geeignete Vorkehrungen sicherstellen, dass ihn die zu erwartenden Erklärungen auch erreichen; andernfalls muss er sich gem. § 242 BGB so behandeln lassen, als ob ihm die Kündigungserklärung zugegangen wäre (OLG Düsseldorf WuM 2004, 270; LG Berlin NJW-RR 1994, 850). Das bedeutet u.U., dass der Mieter dem Vermieter eine defekte Hausbriefkastenanlage anzeigen muss, andernfalls wird er so behandelt, als ob ihm eine Nachricht zugegangen ist, auch wenn sie nach Einwurf in den Briefkasten abhandengekommen ist (LG Berlin GE 1994, 1383). Wer aufgrund der vertraglichen Beziehungen konkret mit dem Zugang einer Willenserklärung rechnen muss, hat auch bei Urlaubsabwesenheit dafür Sorge zu tragen, dass ihn Erklärungen erreichen (AG Rendsburg WuM 2001, 240; LG Saarbrücken WuM 1993, 339). Die Rechtsprechung verlangt aber zusätzlich, dass der Absender der Erklärung i.d.R. nach Kenntnis von dem nicht erfolgten Zugang unverzüglich einen neuen Versuch unternimmt, seine Erklärung derart in den Machtbereich des Empfängers zu bringen, dass diesem ohne Weiteres eine Kenntnisnahme ihres Inhalts möglich ist (BGH NJW 1952, 1169; VersR 1971, 262 f.; BAG NJW 1987, 1508). Ein wiederholter Zustellungsversuch des Erklärenden ist allerdings dann nicht mehr sinnvoll und deshalb entbehrlich, wenn der Empfänger die Annahme einer an ihn gerichteten schriftlichen Mitteilung grundlos verweigert, obwohl er mit dem Eingang rechtserheblicher Mitteilungen seines Vertrags- oder Verhandlungspartners rechnen muss (BGH NJW 1998, 976, 977 m. Anm. Singer LM § 130 Nr. 27; BGH NJW 1983, 929 f.). Gleiches gilt, wenn der Adressat den Zugang arglistig vereitelt.