Nach § 46 Abs. 3 BRAO setzt die Zulassung eines Unternehmensjuristen zur Syndikusanwaltschaft voraus, dass das Arbeitsverhältnis durch fachlich unabhängig und eigenverantwortlich auszuübende anwaltliche Tätigkeiten geprägt ist. Wie auch in den Vorjahren hat der Anwaltssenat dazu ausführen können, was unter einer anwaltlichen Tätigkeit zu verstehen ist. Orientierung soll insofern § 3 BRAO verschaffen, nach dem die Aufgabe eines Anwalts die Beratung und Vertretung in allen Rechtsangelegenheiten ist. Erforderlich ist demnach ein konkreter Fallbezug der Tätigkeit, d.h. die Bearbeitung konkreter Rechtsfragen. Dies ist bei der Teilnahme an Arbeitskreisen und Workshops, die auf einen allgemeinen Erfahrungsaustausch bzw. eine Schulung gerichtet sind, nicht der Fall, wie der Anwaltssenat in einem noch Ende 2020 ergangenen Urteil zutreffend hervorhob (BGH, Urt. v. 2.11.2020 – AnwZ [Brfg] 47/19).
Gemäß § 46 Abs. 4 S. 1 BRAO führt eine Weisungsgebundenheit, sofern sie eine eigenständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließt, zu einer mit § 46 Abs. 3 BRAO unvereinbaren Abhängigkeit. Demnach ist, wie der Anwaltssenat in einem ebenfalls noch Ende 2020 ergangenen Urteil zutreffend entschieden hat, bei einer Stellung als GmbH-Geschäftsführer die Syndikuszulassung ausgeschlossen, da der Geschäftsführer die im Gesellschaftsvertrag oder den Gesellschafterbeschlüssen niedergelegten Einschränkungen befolgen muss (§ 37 Abs. 1 GmbH; s. BGH, Urt. v. 7.12.2020 – AnwZ [Brfg] 17/20). Auch die Tatsache, dass im konkreten Fall Weisungen gem. § 37 GmbH rein tatsächlich unterblieben waren, vermag keine andere Bewertung zu rechtfertigen. In den Anstellungsvertrag aufgenommene Weisungsverbote sollen hieran nichts ändern, da sie das gesellschaftsrechtliche Organverhältnis nicht modifizieren können. Zwar lässt der Anwaltssenat durchblicken, dass eine Begrenzung der gesellschafts- bzw. organrechtlichen Weisungsgebundenheit eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte (BGH, Beschl. v. 25.10.2021 – AnwZ [Brfg] 37/20), die gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit einer solchen Begrenzung wäre jedoch fraglich, da sie den Kompetenzverhältnissen in der GmbH widerspräche. Jedenfalls würden aber die sonstigen Zulassungsvoraussetzungen (dazu sogleich) weiterhin nicht gegeben sein.
Ausdrücklich offenlassen konnte der Anwaltssenat in diesem Zusammenhang bislang auch die Frage, ob nicht bereits der Syndikuszulassung bereits der Umstand entgegensteht, dass das Anstellungsverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers nicht als Arbeitsvertrag, sondern als auf die Geschäftsbesorgung durch Ausführung des Geschäftsführeramts gerichteter freier Dienstvertrag einzuordnen ist (BGH, Urt. v. 7.12.2020 – AnwZ [Brfg] 17/20; BGH, Beschl. v. 25.10.2021 – AnwZ [Brfg] 37/20). Entscheidungserheblich könnte diese Frage in der Zukunft etwa dann werden, wenn die Rechtsprechung über die Syndikuszulassung eines AG-Vorstands zu befinden hätte. Voraussichtlich würde auch hier die Zulassung aber jedenfalls an der fehlenden anwaltlichen Prägung des Anstellungsverhältnisses scheitern.
Das Merkmal der anwaltlichen Prägung des Arbeitsverhältnisses hatte der Anwaltssenat bereits in den Vorjahren in einer ganzen Reihe von Entscheidungen präzisiert. Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung soll ein 65 % unterschreitender Anteil anwaltlicher Tätigkeiten i.d.R. nicht ausreichen, um einem Arbeitsverhältnis eine anwaltliche Prägung zu geben (Deckenbrock/Markworth ZAP 2021, 9, 15 f.; vgl. zuletzt noch Ende 2020 auch BGH, Urt. v. 7.12.2020 – AnwZ [Brfg] 17/20; BGH, Urt. v. 2.11.2020 – AnwZ [Brfg] 47/19). Dementsprechend ist eine anwaltliche Prägung zu verneinen, sofern die wesentlichen Aufgaben eines anwaltlichen GmbH-Geschäftsführers in der geschäftsführenden Lenkung und Leitung des ihm übertragenen Geschäftsbereichs durch Gestaltung und Umsetzung der strategischen und wirtschaftlichen Ziele des Unternehmens liegen (BGH, Urt. v. 7.12.2020 – AnwZ [Brfg] 17/20).