Zusammenfassung
Hinweis:
Der Beitrag umfasst drei Teile zu den aktuellen Entwicklungen im Franchiserecht. Im ersten Teil befasst sich der Autor mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Franchise-Systeme, daraus resultierenden Anpassungen/Aufhebungen von Gebühren und geschlossenen Franchise-Verträgen und nimmt zu vertragsrechtlichen Fragen aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie Stellung. In Teil 2 (demnächst in ZAP 2022) werden wichtige Entscheidungen und deren Bedeutung für das Franchiserecht praxisnah erläutert. Im finalen Teil 3 (demnächst in ZAP 2022) stellt der Verfasser das aktuell geltende Vertriebskartellrecht (insb. unter Darstellung der Vertikal-GVO, die am 1.6.2022 in Kraft tritt) vor.
I. Vorbemerkung
Zuletzt wurde über "Entwicklungen im Franchise-Recht" in 2019 (ZAP 2019 F. 6, S. 589 ff.) berichtet. Seitdem haben sich zahlreiche Änderungen in der Rechtsprechung und in der Gesetzgebung ergeben, die die Entwicklung im Franchise-Recht bestimmen; aber nicht nur solche gesetzlichen Änderungen und neuere Entscheidungen bestimmen derzeit die Entwicklung im Franchise-Recht, sondern auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie, wobei sich hier insb. Fragen der Mietzinszahlung für das Franchise-Outlet bzw. der Leistung von Franchise-Gebühren gegenüber Franchise-Geber aufgrund coronabedingter Schließung der Franchise-Outlets stellen.
Insofern ist jetzt der richtige Zeitpunkt, diese Entwicklungen im Franchise-Recht darzustellen verbunden mit Empfehlungen und Hinweisen dazu, wie insb. unter dem Einfluss der Corona-Pandemie Änderungen/Ergänzungen des jeweiligen Franchise-Vertragsmusters notwendig sind.
Diese Entwicklungen zeigen aber auch, dass sich das Franchise-Recht als ein eigenes Rechtsgebiet etabliert hat, obwohl sich immer wieder Entwicklungen in anderen Rechtsgebieten auf das Franchise-Recht auswirken, wie z.B. aktuell die Diskussion um die neue EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vertriebsbindungen, die die derzeitige Vertikal-GVO (EU-VO 330/2010) zum 1.6.2022 ersetzen wird und die vertriebskartellrechtliche Grundlage für die Ausarbeitung von Franchise-Verträgen aber auch zur Lösung kartellrechtlicher Fragestellungen darstellt (s. dazu u.a.: Rohrssen ZVertriebS 2021, 293). Das Franchise-Recht erweist sich damit nach wie vor als ein "Sammelbecken", in das die unterschiedlichen Strömungen anderer Rechtsgebiete einfließen. Insofern stellt der Franchise-Vertrag nicht nur einen "typengemischten Vertrag" dar, sondern das Franchise-Recht als solches ist auch ein "gemischtes Rechtsgebiet" oder auch "Konglomerat-Rechtsgebiet" (s. dazu: Flohr, Jahrbuch Franchising 2011, 192 ff.; Flohr ZVertriebsR 2022).
II. Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Franchise-Systeme
Die Corona-Pandemie ist nicht ohne Auswirkungen auf das Franchise-Recht geblieben, wobei sich im Wesentlichen zwei Fragen stellen: die der Mietzinsfortzahlungsverpflichtung des Franchise-Nehmers für die von ihm angemieteten Räumlichkeiten seines Franchise-Outlets bzw. die Verpflichtung zur Zahlung monatlich laufender Franchise-Gebühren/Werbegebühren trotz einer behördlich angeordneten Schließung des Franchise-Outlets.
1. Zahlungsverpflichtung für angemietete Räumlichkeiten des Franchise-Outlets
Nachdem es zu den ersten Schließungen der Franchise-Outlets i.R.d. behördlich angeordneten Lockdowns Anfang 2020 kam, stellte sich sofort die Frage, ob Franchise-Nehmer nach wie vor zur Leistung des Mietzinses/Untermietzins an den Franchise-Geber verpflichtet sind, obwohl sie wegen der Schließung des Ladenlokals keine Umsätze erzielen. Dabei wurde von Anfang an die Frage diskutiert, ob insofern ein Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage i.S.v. § 313 BGB vorliegt und damit der Miet-/Untermietvertrag dahingehend angepasst werden muss, dass die Mietzinszahlungsverpflichtung des Franchise-Nehmers für die Dauer der behördlich angeordneten Schließung des Franchise-Outlets entfällt bzw. anzupassen ist.
Nachdem umstritten war, ob Auswirkungen der Corona-Pandemie als "Wegfall der Geschäftsgrundlage" anzusehen sind, wurde die Einfügung in § 7 in Art. 240 EGBGB durch das zum 20.12.2020 in Kraft getretene Gesetz (s. Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche i.d.F. der Bekanntmachung vom 21.9.1994, BGBl. I S. 2494; 1997 I S. 1061, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 21.12.2021, BGBl. IS. 5252) gesetzlich geregelt, dass es sich bei der Corona-Pandemie um einen Fall des "Wegfall der Geschäftsgrundlage" i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB handelt. Daraus folgt aber nur, dass möglicherweise ein Anpassungsanspruch gegeben ist, nicht aber ein unmittelbarer Anspruch auf Mietminderung oder Minderung der Franchisegebühren.
2. Gesetzliche Regelung in Art. 240 § 7 EGBGB
Diese gesetzliche Klarstellung war geboten, weil in der Rechtsprechung Uneinigkeit darüber bestand, ob die Corona-Pandemie überhaupt als "Wegfall der Geschäftsgrundlage" anzusehen ist. Dies wurde nämlich von der Rechtsprechung zunächst überwiegend abgelehnt, wie die Urteile des LG Frankfurt/M. vom 8.5.2020 (2-15 O 23/20), des LG Heidelberg vom 30.7.2020 (5 O 66/20), des LG Zweibrücken vom 11.9.2020 (HK O 17/20) und des LG Stuttgart vom 19.11.2020 (11 O 215/20) zeigen.
Lediglich das LG München I hatte sich in seinem ...