In der Rechtsprechung ist es höchst umstritten, ob dem Verfahrensbevollmächtigten auch für die Mitwirkung an einer Zwischenvereinbarung über das Umgangsrecht eine Einigungsgebühr anfällt oder nicht. Mit dieser Frage hat sich vor kurzem das OLG Hamburg (RVGreport 2020, 382 [Hansens] = AGS 2020, 505) befasst und den Anfall der Einigungsgebühr bejaht.
1. Fall des OLG Hamburg
Dem OLG Hamburg lag folgender Sachverhalt zur Entscheidung vor. Der Kindesvater hatte am 11.3.2019 beim AG Hamburg-Wandsbek (FamG) Umgang mit den beiden gemeinsamen Kindern beantragt. Im Anhörungstermin vom 6.6.2019 hatten die Kindeseltern eine Zwischenvereinbarung geschlossen, wonach der Kindesvater (zunächst) Umgang mit den gemeinsamen Kindern in begleiteter Form wahrnehmen konnte und die Kindeseltern sich mit der Einholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens einverstanden erklärt haben. Einen Beschluss über die Billigung dieser Regelung gem. § 156 Abs. 2 FamFG hat das Familiengericht nicht erlassen. Es hatte jedoch den Wert dieser Zwischenvereinbarung vorläufig auf 1.500 EUR festgesetzt. Der im Wege der Verfahrenskostenhilfe (VKH) einem der beiden Verfahrensbeteiligten beigeordnete Rechtsanwalt hat u.a. auch die Festsetzung einer Einigungsgebühr aus der Landeskasse beantragt. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (UdG) hat die Festsetzung dieser Einigungsgebühr abgelehnt. Auf die Erinnerung des Rechtsanwalts hat das Familiengericht die Einigungsgebühr festgesetzt. Die von der Bezirksrevisorin hiergegen eingelegte Beschwerde hat das OLG Hamburg zurückgewiesen.
2. Anfall der Einigungsgebühr
a) Gesetzliche Regelung
Nach Abs. 1 der Anm. zu Nr. 1000 VV RVG entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Nach Abs. 5 S. 1 der Anm. zu Nr. 1000 VV RVG entsteht die Einigungsgebühr in Ehe- und in Lebenspartnerschaftssachen (§ 269 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FamFG) nicht. Ist über den Gegenstand ein gerichtliches Verfahren anhängig, fällt die Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV RVG mit einem Gebührensatz von 1,0 an. Nach Abs. 2 der Anm. zu Nr. 1003 VV RVG entsteht die Einigungsgebühr in Kindschaftssachen auch für die Mitwirkung am Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs (§ 156 Abs. 2 FamFG) und an einer Vereinbarung, über deren Gegenstand nicht vertraglich verfügt werden kann, wenn hierdurch eine gerichtliche Entscheidung entbehrlich wird oder wenn die Entscheidung der getroffenen Vereinbarung folgt.
Die Bezirksrevisorin hatte im Fall des OLG Hamburg ihre Beschwerde darauf gestützt, die gerichtliche Billigung der Vereinbarung gem. § 156 Abs. 2 FamFG sei Voraussetzung für die Entstehung der Einigungsgebühr.
b) Streitstand in der Rechtsprechung
In der Rechtsprechung ist es höchst umstritten, ob der Rechtsanwalt für die Mitwirkung am Abschluss einer Zwischenvereinbarung in Hauptsacheverfahren, die Kindschaftssachen betreffen, eine Einigungsgebühr erhält.
- Nach einer Auffassung fällt eine Einigungsgebühr nicht an, da durch die Zwischenvereinbarung das Verfahren nicht vollständig erledigt werde. Die Schaffung eines prozessualen Schwebezustands löse jedoch keine Einigungsgebühr aus (OLG Köln AGS 2012, 62; OLG Hamm RVGreport 2013, 146 [Hansens] = AGS 2013, 226; OLG Dresden, Beschl. v. 7.8.2007 – 20 WF 679/07).
- Die zweite Meinung bejaht den Anfall einer Einigungsgebühr im Umgangsregelungsverfahren, wenn sich die im Zwischenvergleich getroffene Regelung nicht lediglich auf eine Verständigung über die weitere Verfahrensweise beschränkt. Eine Einigungsgebühr fällt dann an, wenn mit der Einigung der Eltern für den Zeitraum bis zu einer endgültigen Regelung eine Vereinbarung getroffen wurde, die’vom späteren Ausgang des Verfahrens nicht mehr berührt werden kann (KG FamRZ 2014, 1940; OLG’Dresden RVGreport 2016, 60 [Hansens] = AGS 2016, 164).
- Eine dritte Auffassung geht vom Anfall der Einigungsgebühr – wenn auch nach einem geringeren Verfahrenswert – dann aus, wenn durch die Zwischenvereinbarung ein Verfahren über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entbehrlich geworden ist. Dabei bestehen allerdings unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der verlangten Wahrscheinlichkeit des entbehrlich gewordenen Verfahrens. Einmal soll eine Einigungsgebühr bereits dann entstehen, wenn die vereinbarte Regelung Gegenstand eines gesonderten Verfahrens hätte sein können (OLG Oldenburg RVGreport 2013, 191 [Hansens] = AGS 2015, 69; OLG Zweibrücken RVGreport 2014, 272 [ders.] = AGS 2014, 269), während die Gegenmeinung verlangt, dass eine konkrete gerichtliche Entscheidung entbehrlich geworden ist (OLG Celle RVGreport 2015, 258 [Hansens] = AGS 2015, 325).
Das OLG Hamburg hat sich hier der dritten Auffassung in der ersten Variante angeschlossen. Das OLG argumentiert, dass der Gegenstand der Zwischeneinigung "ohne Weiteres zum Gegenstand eines gesonderten Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte gemacht werden können", ohne Anhaltspunkte hierfür zu fordern, dass ein solches Verfahren überhaupt eingeleitet worden wäre.
3. Argumente des OLG Hamburg
a) Gerichtliche Entscheidung entbehrlich
Das OLG Hamburg hat entge...