Will der Rechtsanwalt seinen Vergütungsanspruch gegen seinen Auftraggeber erfolgreich geltend machen, muss er darauf achten, dass hierfür drei Voraussetzungen erfüllt sein müssen: Es muss dabei zwischen dem Anfall, der Fälligkeit und der Einforderbarkeit der Vergütung gegenüber dem Auftraggeber unterschieden werden.
1. Anfall der Vergütung
Dem Rechtsanwalt fallen die gesetzlichen Gebühren dann an, sobald er die erste den jeweiligen Gebührentatbestand auslösende Tätigkeit ausgeübt hat. Dies ergibt sich überwiegend aus den Regelungen im VV RVG.
Beispiel:
Dem Prozess- und Verfahrensbevollmächtigten fällt die Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information an (s. Vorbem. 3 Abs. 2, 4 Abs. 2, 5 Abs. 2 VV RVG). Häufig ist die erste die Verfahrensgebühr auslösende Tätigkeit die Entgegennahme der Informationen des Mandanten. Bereits diese Tätigkeit löst dann die Verfahrensgebühr aus, deren Höhe sich dann nach den einschlägigen Regelungen im VV RVG bestimmt.
Demgegenüber fallen dem Rechtsanwalt die Auslagen mit ihrer Aufwendung an.
Beispiele:
Mit der Herstellung von Kopien aus Behörden- und Gerichtsakten entsteht dem Rechtsanwalt die Dokumentenpauschale nach Nr. 7000 Nr. 1a VV RVG. Für die Benutzung des eigenen Kraftfahrzeugs im Rahmen einer Geschäftsreise erhält der Rechtsanwalt die Fahrtkosten nach Nr. 7003 VV RVG erstattet.
Für nicht ausdrücklich in Teil 7 VV RVG geregelte Auslagen steht dem Rechtsanwalt nach Vorbem. 7 Abs. 1 S. 1 VV RVG ein Aufwendungsersatzanspruch nach Maßgabe der §§ 675, 670 BGB zu. Dieser Ersatzanspruch wird gem. § 271 BGB sofort fällig (AnwKomm-RVG/N. Schneider, 9. Aufl. 2021, § 8 Rn 6).
Beispiel:
Der Prozessbevollmächtigte legt aus eigenen Mitteln die mit Eingang der Klageschrift entstandene und gleichzeitig fällig gewordene (s. § 6 Abs. 1 GKG) gerichtliche Verfahrensgebühr Nr. 1210 GKG KV für den Mandanten aus. Mit Zahlung an die Justizkasse hat der Rechtsanwalt einen Aufwendungsersatzanspruch gegen den Mandanten.
2. Fälligkeit der Vergütung
Vom Anfall der Gebühren und Auslagen zu unterscheiden ist deren Fälligkeit. Wann die Vergütung fällig wird, bestimmt sich nach § 8 Abs. 1 RVG, der verschiedene Fälligkeitstatbestände regelt. Rechtsanwalt und Auftraggeber können aber auch von § 8 Abs. 1 RVG abweichende Fälligkeitsvereinbarungen treffen (BGH zfs 2014, 47 m. Anm. Hansens = AGS 2013, 573 = RVGreport 2014, 65 [ders.]; BGH AGS 2022, 350 [Hansens] = zfs 2022,581 m. Anm. ders.)).
3. Einforderbarkeit der Vergütung
Von dem Anfall und der Fälligkeit der Vergütung zu unterscheiden ist deren Einforderbarkeit, mit der sich dieser Beitrag schwerpunktmäßig befassen wird. Der die Einforderbarkeit regelnde § 10 RVG bestimmt, unter welchen Voraussetzungen der Rechtsanwalt seine angefallene und fällige Vergütung von dem Mandanten verlangen kann.
Gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 RVG kann der Rechtsanwalt die Vergütung grds. nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Diese somit ausschließlich das Innenverhältnis zwischen dem Mandanten und dem für ihn tätig gewesenen Rechtsanwalt regelt die Frage, wann eine entstandene und nach § 8 Abs. 1 RVG mit Erledigung des Auftrags oder Beendigung der Angelegenheit fällige Vergütung von dem Mandanten gefordert werden kann (s. BGH AGS 2011, 423 = RVGreport 2011, 303 [Hansens]; BSG zfs 2015, 346 m. Anm. Hansens = AGS 2015, 356 = RVGreport 2015, 222 [ders.]).
4. Inhalt der Vergütungsberechnung
Die dem Mandanten mitzuteilende Vergütungsberechnung muss grds. die in § 10 Abs. 2 RVG aufgeführten Voraussetzungen erfüllen. So muss die Berechnung die Beträge der einzelnen Gebühren und Auslagen, etwa erhaltene Vorschüsse, eine kurze Bezeichnung des jeweiligen Gebührentatbestands, die Bezeichnung der Auslagen sowie die angewandten Nummern des VV RVG enthalten. Bestimmen sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert, ist dieser in der Berechnung ebenfalls anzugeben. Nur für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7001 VV RVG genügt die Angabe des Gesamtbetrags.
Erstaunlicherweise muss der Rechtsanwalt den jeweiligen Gebührensatz, den er seiner Gebührenberechnung zugrunde gelegt hat, nicht angeben. Bei den meisten Gebühren ergibt sich der Gebührensatz zwar aus dem Gesetz, sodass der Mandant aus der zitierten Nummer des VV RVG auch gleich den Gebührensatz entnehmen kann. So kann der Auftraggeber aus dem Zitat der Nr. 3100 VV RVG unter Zuhilfenahme des Gesetzestextes leicht erkennen, dass es sich um eine 1,3 Gebühr handelt. Nicht ganz so einfach kann der Auftraggeber die Vergütungsberechnung nachvollziehen, wenn es sich um Satzrahmengebühren handelt. Gibt der Rechtsanwalt in seiner Vergütungsvereinbarung lediglich die kurze Bezeichnung des Gebührentatbestandes „Geschäftsgebühr” und die Nr. 2300 VV RVG sowie den Gegenstandswert und den Gebührenbetrag an, so bedarf es schon einiger Ermittlungen und Berechnungen des Mandanten, hieraus den von dem Rechtsanwalt nach billigem Ermessen i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG angesetzten Gebührensatz nachzuvollziehen. In der Praxis enthalten die anwaltlichen Vergütungsberechnungen im ...