a) Rückgabe der Mieträume in auffälligen Farben
Fälle, in denen die Grenzen des Gestaltungsrechts bei den Dekorationen durch den Mieter überschritten wurden und die Wohnung in einem "poppig bunten Zustand" zurückgegeben werden soll, lösen ebenfalls eine Schadensersatzpflicht des Mieters aus. Causa hierfür ist ebenfalls eine positive Vertragsverletzung (näher Horst MietRB 2008, 370; BGH, Urt. v. 6.11.2013 – VIII ZR 416/12, NZM 2014, 72 = NJW 2014, 143 = DWW 2014, 59; KG Berlin, Urt. v. 9.6.2005 – 8 U 211/04, NZM 2005, 663 = MDR 2006, 440 = NJW 2005, 3150).
Der Mieter verletzt seine Pflicht zur Rücksichtnahme nach §§ 241 Abs. 2, 242 BGB, wenn er die in neutraler Dekoration übernommene Wohnung bei Mietende in einem Zustand zurückgibt, der von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert wird. Vermieter und Mieter müssen bei der Gebrauchsüberlassung bzw. Nutzung der Wohnung auf die Interessen des jeweils anderen Vertragspartners Rücksicht nehmen (§§ 241 Abs. 2, 242 BGB). So hat der Mieter das berechtigte Interesse, die Wohnung während der Mietzeit nach seinem persönlichen Geschmack zu dekorieren, während das berechtigte Interesse des Vermieters dahin geht, die Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses in einem Dekorationszustand zurückzuerhalten, der dem Geschmack eines größeren Interessentenkreises entspricht und somit einer baldigen Weitervermietung nicht entgegensteht (ebenso: BGH, Urt. v. 22.2.2012 – VIII ZR 205/11, NJW 2012, 1280 Rn 12; Beschl. v. 14.12.2010 – VIII ZR 198/10, WuM 2011, 96 Rn 3 u. VIII ZR 218/10, WuM 2011, 212 Rn 3).
Der Schadensersatzanspruch des Vermieters beruht in diesem Fall auf §§ 535, 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 242 BGB. Der Schaden des Vermieters besteht darin, dass er die für breite Mieterkreise nicht akzeptable Art der Dekoration beseitigen muss. Als Faustformel kann festgehalten werden, dass Farben auffällig sind, also nicht allgemeinem Dekorationsgeschmack entsprechen, wenn sie
- ungewöhnlich sind,
- von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert werden,
- nicht dem allgemeinen Geschmack und
- nicht dem durchschnittlichen Geschmack eines zur Anmietung bereiten nachfolgenden Mieters entsprechen.
Hinweis:
Will ein Nachmieter das "poppig bunte Outfit der Villa Kunterbunt" übernehmen, so schuldet er bei Ende seines Vertrags Rückgabe der Mieträume in hell neutralen Zustand (BGH, Urt. v. 22.2.2012 – VIII ZR 205/11, MDR 2012, 454 = WuM 2012, 194 = NJW 2012, 1280 = NZM 2012, 338 m.w.N.). Er tritt also in den Pflichtenkreis des weichenden (Vor-)Mieters ein.
b) Kein vertragsgemäßer Zustand der Mieträume bei Rückgabe aus anderen Gründen
Sieht der Mietvertrag oder das Übergabeprotokoll keine Durchführung einzelner Arbeiten durch Vermieter oder Mieter zur Erreichung eines erst dann vertragsgemäßen Zustands der Mieträume vor, so sind sie in dem Zustand vertragsgemäß, die sie bei Abschluss des Mietvertrags aufwiesen. Da der Mieter bei Vertragsende die Rückgabe der Mietsache – abgesehen von vertragsgemäßen Abnutzungen (§ 538 BGB) – genau in diesem vertragsgemäßen Zustand schuldet (§ 546 Abs. 1 BGB), können sich aus der Verletzung dieser Pflicht Schadensersatzansprüche ableiten (§ 280 BGB).
Beispiel:
Haben die Mieter die Wohnung z.B. unrenoviert mit Tapezierung übernommen, müssen sie sie in einem vergleichbaren Zustand hinterlassen, also mit Tapeten, die der Vermieter dann ohne Weiteres anstreichen könnte. Befinden sich aber nur noch Tapetenreste an den Wänden, die zunächst vom Vermieter entfernt werden müssen, bevor neu tapeziert und gestrichen werden kann, muss der Vermieter erst die Tapezierarbeiten ausführen, um den Zustand herzustellen, den der Mieter als vertragsgemäß bereits bei der Rückgabe geschuldet hat. Wegen schlecht erfüllter Rückgabe der Wohnung in nicht vertragsgemäßem Zustand hat der Vermieter dann einen Schadensersatzanspruch gegen den Mieter aus § 280 BGB.
Hier kommt es nicht auf das Postulat einer logisch vorrangigen Renovierungspflicht an, die sich auf eine wirksame vertragliche Vereinbarung dazu stützen kann (so auch nur grundsätzlich: BGH, Urt. v. 18.2.2009 – VIII ZR 166/08, NZM 2009, 313). Denn der BGH selbst erkennt als Ausnahme dieses Postulats einen Schaden an, der durch Schönheitsreparaturen nicht weg zu bringen ist; ein solcher Schaden kann daher als Mehraufwand gegenüber dem Mieter liquidiert werden. Dieser Mehraufwand ist in dem o.g. Beispiel leicht zu dokumentieren. Es geht auch nicht um eine wirksame Renovierungsverpflichtung, die durch unsachgemäße Renovierung hätte verletzt werden können, sondern schlicht um die Verletzung der Rückgabepflicht aus § 546 BGB selbst. Die genannte BGH-Entscheidung vom 18.2.2009 (VIII ZR 166/08, NZM 2009, 313) steht also der Annahme einer Schadensersatzpflicht des Mieters in dem genannten Beispiel nicht entgegen.