Mit dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch sollen Vermögensverschiebungen, die im öffentlichen Recht und ohne Rechtsgrund erfolgt sind, rückabgewickelt werden. Grundsätzlich kann der Erstattungsanspruch, wie die öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag, in mehreren Konstellationen in Erscheinung treten.
Beispiel:
Der Bürger hat zu Unrecht infolge eines Abschleppvorgangs Gebühren und Auslagen an die Behörde gezahlt. Diese Kosten verlangt er nunmehr zurück. Ursprünglich hat das Land mittels Subventionsbescheid eine finanzielle Förderung an einen Unternehmer bewilligt. Nachdem dieser allerdings die Subventionsbedingungen nicht eingehalten hat, fordert das Land vom Bürger die Subventionen zurück.
Aufbauschema:
Anspruchsgrundlage: gewohnheitsrechtlich anerkannt, soweit keine spezialgesetzliche Grundlage
Tatbestandliche Voraussetzungen:
- Etwas erlangt: Vermögensverschiebung durch Leistung oder in sonstiger Weise
- Im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung
- Ohne Rechtsgrund
Rechtsfolgen:
- Herausgabe des erlangten Vermögenswerts/Wertersatz
- Ggf. Wegfall der Bereicherung
1. Voraussetzungen
Der gewohnheitsrechtlich anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, für den nach h.M. nicht auf §§ 812 ff. BGB zurückzugreifen ist, beruht auf dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG). Ein Rückgriff auf das Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs ist jedoch nur in den Fällen erforderlich, in denen der Gesetzgeber keine spezialgesetzlichen Erstattungsansprüche geschaffen hat.
Beispiel:
Am bekanntesten dürfte der Erstattungsanspruch aus § 49a Abs. 1 S. 1 VwVfG sein. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen (§ 48 VwVfG), widerrufen (§ 49 VwVfG) oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass § 49a Abs. 1 S. 1 VwVfG ausdrücklich nur für Aufhebungen von Verwaltungsakten mit Wirkung für die Vergangenheit (ex tunc) gilt, sodass bei Aufhebungsentscheidungen mit Wirkung für die Gegenwart (ex nunc) nach h.M. der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch maßgebliche Anspruchsgrundlage ist. Dies hat v.a. bezüglich eines Verzinsungsanspruchs herausgehobene Bedeutung, da nur im Rahmen einer Erstattung nach § 49a Abs. 1 S. 1 VwVfG eine Verzinsung i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz gesetzlich vorgesehen ist (§ 49 Abs. 3 VwVfG).
Obwohl ein Rückgriff auf §§ 812 ff. BGB i.R.d. Anspruchsgrundlage nicht angezeigt ist, orientiert sich die Prüfung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs im Ausgangspunkt am zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch. Demnach muss der Anspruchsgegner im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung etwas ohne Rechtsgrund erlangt haben.
Hinweis:
Adressat eines Rücknahme- und Rückforderungsbescheides muss nicht notwendig der ursprüngliche Zuwendungsempfänger selbst sein. Dies kann stattdessen auch der Rechtsnachfolger sein, wenn dieser als Erbe oder sonstiger (Gesamt-)Rechtsnachfolger in vollem Umfang in die Rechte und Pflichten des Erblassers oder des sonstigen Rechtsvorgängers und damit auch in ein durch einen (rechtswidrigen) Verwaltungsakt begründetes Rechtsverhältnis eintritt (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 17.8.2018 – 1 A 2675/15, NVwZ-RR 2018, 875-879).
Die rückabzuwickelnde Vermögensverschiebung muss auf eine Leistung zurückgehen oder in sonstiger Weise erfolgt sein. Eine derartige Vermögensverschiebung setzt voraus, dass der Anspruchsteller eine Verschlechterung der Vermögenslage erlitten hat, wohingegen der Anspruchsgegner eine entsprechende Verbesserung erlangt hat.
In Abgrenzung zum privatrechtlichen Anspruch ist es erforderlich, dass die Vermögensverschiebung im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung erfolgte. Insoweit ist zu klären, ob die erbrachte Leistung ihrem Rechtsgrund nach öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ist. Auch diese Abgrenzungsentscheidung zwischen Privatrecht und Öffentlichem Recht erfolgt anhand der klassischen Kriterien, die bereits zur Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO herangezogen werden.
Hinweis:
Unproblematisch liegt eine öffentlich-rechtliche Leistungsbeziehung in formeller Hinsicht vor, wenn die zu erstattende Leistung ursprünglich auf Grundlage eines Leistungsbescheids erbracht worden ist. Begehrt der Staat nach Aufhebung des Bescheids die Erstattung, so ist er zugleich befugt, die Rückzahlung durch Erlass eines Verwaltungsaktes zu verlangen. Beseitigt der Bürger den Leistungsbescheid im Rahmen einer Anfechtungsklage, so knüpft das Erstattungsbegehren hieran an (vgl. § 113 Abs. 4 VwGO).
Diese Wertung (Kehrseitentheorie – actus contrarius) schlägt sich auch auf den Ans...