Mitte Februar hat Bundesjustizminister Buschmann den Referentenentwurf seines Ministeriums zur Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie vorgelegt. Mit dem Vorhaben wird im Interesse des Verbraucherschutzes eine neue Kollektivklageform eingeführt, die über die bisherige Musterfeststellungsklage hinausgeht. Damit sollen die Geschädigten künftig einfacher an ihren Schadensersatz kommen als mit der komplizierten mehrstufigen Musterfeststellungsklage, denn die Verbraucherschutzverbände können die Ansprüche jetzt direkt einklagen. Buschmann kommt damit den Vorgaben der EU-Verbandsklagenrichtlinie nach, die bis zum 25. Juni dieses Jahres in deutsches Recht umgesetzt werden muss.
Kernstück des Gesetzentwurfs wird das neue Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz (VDuG) sein. Es bündelt die bisher in der ZPO enthaltenen Regelungen über die Musterfeststellungsklage mit den Regelungen zur Einführung einer neuartigen Klageform, der sog. Abhilfeklage. Dadurch können Verbraucherinnen und Verbraucher, wie bereits bei der Musterfeststellungsklage, mithilfe bestimmter qualifizierter inländischer Verbraucherverbände ihre Ansprüche einklagen. Diese Möglichkeit steht auch qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der EU offen. Dabei müssen die Verbände Ansprüche von mind. 50 betroffenen Verbraucherinnen und Verbrauchern vertreten, die sich zuvor in einem Verbandsklageregister angemeldet haben. Durch diese Regelung müssen die Verbraucher nicht selbst klagen und sollen unmittelbar vom Verfahren profitieren: Etwaige ihnen zustehende Beträge werden im Erfolgsfall von einem Sachwalter direkt an sie ausgezahlt.
Kleine Unternehmen werden im Gesetzentwurf Verbraucherinnen und Verbrauchern gleichgestellt, d.h. auch sie sollen von der Abhilfeklage profitieren, wenn sie sich rechtzeitig zur Eintragung in das Verbandsklageregister angemeldet haben.
Der Entwurf sieht im Einzelnen folgende Regelungen vor:
- Die Bestimmungen der Verbandsklagenrichtlinie über Verbandsklagen, die auf Unterlassungsentscheidungen gerichtet sind, werden im Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) und im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) umgesetzt.
- Der Entwurf enthält zudem Änderungen im BGB. Künftig werden einstweilige Verfügungen und Klagen von qualifizierten Verbraucherverbänden und qualifizierten Einrichtungen, mit denen Unterlassungsansprüche nach dem UKlaG oder nach dem UWG durchgesetzt werden, verjährungshemmende Wirkung für Ansprüche von Verbraucherinnen und Verbrauchern haben.
- Flankierend zur Umsetzung der Verbandsklagenrichtlinie sieht der Entwurf Regelungen vor, durch welche die Durchsetzung des Gewinnabschöpfungsanspruchs nach § 10 UWG erleichtert werden soll.
- Außerdem sieht der Entwurf eine Regelung zur Entlastung von mit Massenverfahren befassten Gerichten vor. Die in § 148 ZPO vorgesehenen Aussetzungsmöglichkeiten werden erweitert, um zeitraubende parallele Sachverständigenbegutachtungen zu identischen Fragestellungen zu vermeiden und die Verfahren dadurch effizienter führen zu können.
Der Justizminister kommentierte seine Vorlage wie folgt: „(...) Verbraucherverbände können die Erfüllung gleichgelagerter Ansprüche für die Verbraucherinnen und Verbraucher künftig direkt einklagen. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, entwickeln wir dabei das bewährte Modell der Musterfeststellungsklage fort und schaffen einen ausgewogenen und fairen Rechtsrahmen – für alle Beteiligten. (...) Und zugleich wird die Justiz entlastet, weil wir ein neues Verfahren schaffen, in dem Verbraucherinnen und Verbraucher ihr Geld erhalten, ohne nach erfolgreicher Verbandsklage noch einmal vor Gericht ziehen zu müssen.”
Der Entwurf ist derzeit an die Länder und Verbände verschickt worden; diese haben Gelegenheit, bis Anfang März hierzu Stellung zu nehmen.
[Quelle: BMJ]