Bundesjustizminister Marco Buschmann hat Anfang Februar Eckpunkte für die Einführung einer sog. Verantwortungsgemeinschaft vorgelegt. Das neue Rechtsinstitut soll sich an Erwachsene richten, die jenseits von Ehe, Familie und Partnerschaft Verantwortung füreinander übernehmen und diese Beziehung rechtlich absichern wollen.
Die neue Verantwortungsgemeinschaft soll in einem gesonderten Gesetz – dem Gesetz über die Verantwortungsgemeinschaft – geregelt werden. Das Eingehen einer Verantwortungsgemeinschaft soll keine Auswirkungen auf das Verhältnis von Eltern zu Kindern haben. Sie soll auch keine steuer-, erb- oder aufenthaltsrechtlichen Folgen haben. Für die Rechtsfolgen ist ein Stufenmodell geplant, das den Vertragspartnern die Wahl zwischen mehreren Möglichkeiten eröffnet. In der Grundstufe soll die Verantwortungsgemeinschaft nur einige wenige Rechtsfolgen haben. Wenn die Parteien mehr Verantwortung füreinander übernehmen wollen, dann können sie – in der Aufbaustufe – zwischen verschiedenen Modulen auswählen und diese frei miteinander kombinieren.
Das jetzt vom BMJ vorgelegte Eckpunktepapier enthält bereits konkrete Vorschläge für die Voraussetzungen, die Rechtsfolgen und die Beendigung einer Verantwortungsgemeinschaft:
Voraussetzungen
- Zustandekommen soll die Gemeinschaft durch notariell beurkundeten Vertrag.
- Sie soll maximal sechs Vertragspartner haben können.
- Nur volljährige Personen sollen eine Verantwortungsgemeinschaft begründen können.
- Es muss zwischen den Beteiligten ein persönliches Näheverhältnis bestehen.
Rechtsfolgen
- Grundstufe: Zwischen den Vertragspartnern sollen alle Rechtsvorschriften zur Anwendung gelangen, die konkret an das Bestehen einer persönlichen Nähebeziehung anknüpfen. Vertragspartner einer Verantwortungsgemeinschaft sollen deshalb z.B. bei der Auswahl eines rechtlichen Betreuers Berücksichtigung finden können (§ 1816 BGB). Das Bestehen einer Verantwortungsgemeinschaft soll außerdem Berücksichtigung finden, wenn die Möglichkeit einer Organspende geprüft wird (§ 8 Transplantationsgesetz).
- Modul „Auskunft und Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten”: In einer gesundheitlichen Notsituation soll jeder Partner der Verantwortungsgemeinschaft Auskunft von behandelnden Ärzten verlangen und den anderen Partner in Gesundheitsangelegenheiten vertreten können, wenn dieser nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen; insoweit sollen ähnliche Regeln gelten wie beim Ehegattennotvertretungsrecht aus § 1358 BGB.
- Modul „Zusammenleben”: Die Partner sollen sich im Falle des räumlichen Zusammenlebens eine gegenseitige Verpflichtungsermächtigung im Hinblick auf die Haushaltsführung einräumen können. Kraft dieser soll jeder Partner berechtigt sein, bei Bedarf Grundnahrungsmittel und notwendige Haushaltsartikel mit Wirkung für und gegen alle zu kaufen. Außerdem soll eine Regelung zur vorübergehenden Wohnungsüberlassung bei Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft getroffen werden.
- Modul „Pflege und Fürsorge”: Noch geprüft werden soll, inwieweit die Regeln des Pflegezeitgesetzes und des Familienpflegezeitgesetzes über die Pflege von nahen Angehörigen auch auf die Pflege von Partnern einer Verantwortungsgemeinschaft erstreckt werden könnten.
- Modul „Zugewinngemeinschaft”: Mit der Bestimmung des Moduls „Zugewinngemeinschaft” können die Partner Vorsorge für den Fall der Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft treffen. Bei der Wahl des entsprechenden Moduls soll die Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft zur Folge haben, dass das während des Bestehens der Verantwortungsgemeinschaft erworbene Vermögen zwischen den Vertragspartnern ausgeglichen wird. Insoweit sollen die Regeln über den Zugewinnausgleich zwischen Eheleuten zur Anwendung gelangen. Das Modul soll nur gewählt werden können, wenn die Verantwortungsgemeinschaft lediglich aus zwei Personen besteht und beide nicht miteinander oder mit anderen Personen verheiratet sind.
Beendigung
Die Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft soll jederzeit durch konsensualen Vertrag, der Austritt durch einseitige Erklärung möglich sein.
Bundesjustizminister Buschmann erläuterte das Vorhaben wie folgt: „Wenn Menschen Verantwortung füreinander übernehmen, ist das etwas Großartiges. Heute geschieht das immer mehr auch außerhalb von Ehe, Familie und Partnerschaften: zum Beispiel in Senioren-WGs, in Mehrgenerationenhäusern oder unter engen Freunden. Unser Recht hat davon noch keine Notiz genommen. (...) Das neue Institut soll es Menschen ermöglichen, ihre Verantwortungsbeziehungen so abzusichern, wie sie es möchten – mit passgenauen Lösungen zum Beispiel für Auskunftsrechte im Krankenhaus oder die gemeinsame Führung des Haushalts. Am besonderen Schutz von Ehe und Familie wird die Verantwortungsgemeinschaft nichts ändern. Sie wird Menschen das Leben etwas leichter machen – aber niemandem etwas wegnehmen.”
[Quelle: BMJ]