Sowohl die Insolvenz des Arbeitgebers als auch die des Arbeitnehmers hat weitreichende Folgen für eine vereinbarte bzw. tenorierte Abfindungszahlung und eröffnet ein vielgestaltiges Stör- und daraus folgendes Haftungspotential. In Bezug auf die Werthaltigkeit einer an den Arbeitnehmer zu zahlenden Abfindung ist deren korrekte Einordnung in das Rangsystem nach der InsO entscheidend. Es gilt dabei, zwischen Abfindungsansprüchen zu differenzieren, die vor und nach der Insolvenzeröffnung entstanden sind. Abfindungsansprüche, die bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, sind in vielen Fällen leider verloren bzw. erweisen sich häufig als wertlos. Als Insolvenzforderung, § 38 InsO, sind sie zur Insolvenztabelle anzumelden. Eine Erfüllung erfolgt damit nur zur Quote, oftmals "Quote 0". Wird hingegen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Kündigungsschutzprozess gegen den Insolvenzverwalter fortgesetzt und schließen die Parteien einen Abfindungsvergleich, handelt es sich bei dem Abfindungsanspruch i.d.R. um eine Masseverbindlichkeit, § 55 InsO (vgl. BAG, Urt. v. 16.6.2002 – 10 AZR 180/01, NZA 2002, 974). Dieser Anspruch ist i.d.R. werthaltig, nur bei einer Masseunzulänglichkeit gilt wiederum "außer Spesen nichts gewesen". Festzuhalten bleibt, dass bei einer Insolvenz des Arbeitgebers die Abfindung und damit oft auch die Lebensgrundlage des Arbeitnehmers auf der Kippe stehen, was im Rahmen der Mandatsbearbeitung und bei der Aufklärung des rechtssuchenden Mandanten bedacht sein will.
Auch scheidet ein Rücktritt von einem geschlossenen Aufhebungsvertrag wegen einer nicht gezahlten Abfindung während einer Insolvenzeröffnung aus. Zwar kann der Arbeitnehmer nach § 323 Abs. 1 BGB grundsätzlich von einem Aufhebungsvertrag zurücktreten, wenn der Arbeitgeber die vereinbarte Abfindung nicht zahlt, das Rücktrittsrecht nicht ausdrücklich oder konkludent abbedungen ist und er dem Arbeitgeber ohne Erfolg eine angemessene Frist zur Zahlung der Abfindung gesetzt hat. Das Rücktrittsrecht aus § 323 Abs. 1 BGB setzt allerdings die Durchsetzbarkeit der Forderung voraus. Daran fehlt es nach Auffassung des Sechsten Senats, wenn der Schuldner nicht leisten muss oder nicht leisten darf, z.B. weil ein Insolvenzeröffnungsverfahren über sein Vermögen läuft (vgl. BAG, Urt. v. 10.11.2011 – 6 AZR 357/10).
Praxishinweis:
Die vorstehende Entscheidung verdeutlicht das erhebliche Risiko von lang laufenden Aufhebungsverträgen. Da in Phasen wirtschaftlicher Abschwünge auch vermutet gesunde Unternehmen schnell in Schieflagen geraten können, sollte in diesen Fällen ausgelotet werden, ob nicht eine Insolvenzsicherung der Abfindungszahlung durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer Großbank abgeschlossen auf den Fall der Insolvenzeröffnung gewährleistet werden kann. Dabei ist allerdings nicht zu übersehen, dass eine entsprechende Absicherung auf Seiten des Arbeitgebers teuer ist und seine ausreichende Bonität voraussetzt.
Fällt ein Arbeitgeber in Insolvenz, bevor er die im Rahmen eines Abfindungsvergleichs zugesagte Abfindungssumme gezahlt hat, führt dies nicht zwingend zur Unwirksamkeit des Vergleichs. Die Erwartung, eine Vergleichssumme werde vollständig gezahlt, ist regelmäßig nicht Geschäftsgrundlage eines Abfindungsvergleichs. Soll der Vergleich nur rechtskräftig werden, wenn die Abfindungsforderung erfüllt ist, kann dies durch eine (aufschiebende) Bedingung abgesichert werden. So können die Parteien vereinbaren, dass der Vergleich erst dann zustande kommt, wenn die Abfindungssumme bei dem Kläger oder bei dessen Prozessbevollmächtigten eingeht (vgl. LAG Köln, Urt. v. 19.3.2007 – 2 Sa 1258/06).
Auch die richtige Behandlung einer Abfindungszahlung in der Verbraucherinsolvenz muss mit Blick auf die vom Arbeitgeber angestrebte Erfüllungswirkung wohl durchdacht sein. Denn der in einem gerichtlichen Vergleich zum Abschluss eines Kündigungsschutzprozesses während des laufenden Insolvenzverfahrens vom Insolvenzschuldner (Arbeitnehmer) erworbene Anspruch auf Zahlung einer Abfindung unterfällt als Neuerwerb dem Insolvenzbeschlag (§ 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO). Der Insolvenzverwalter ist in entsprechender Anwendung von § 727 ZPO Rechtsnachfolger des Insolvenzschuldners und kann eine Umschreibung des Titels und die Erteilung der Vollstreckungsklausel zu seinen Gunsten verlangen (BAG, Beschl. v. 12.8.2014 – 10 AZB 8/14, NZA 2014, 1155).