Der beigeordnete oder bestellte Rechtsanwalt hat ein eigenes Interesse daran, die Gewissheit zu haben, die von ihm i.R.d. Mandats aufgewandten Auslagen letztlich nicht aus eigener Tasche zahlen zu müssen. Hierzu stehen ihm zwei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung.
aa) Antrag auf Feststellung der Erforderlichkeit
Zum einen kann er – wie im Fall des BGH, a.a.O., der Nebenklägervertreter – beim Gericht des Rechtszugs einen Antrag auf Feststellung der Erforderlichkeit der Reise stellen.
Gebührentipp:
Dies gilt im Übrigen, was in der Praxis nicht selten übersehen wird, nach § 46 Abs. 2 S. 3 RVG auch für sonstige Auslagen des Rechtsanwalts, zu denen auch nicht im Teil 7 VV RVG ausdrücklich aufgeführte Auslagentatbestände gehören, sofern sie erforderliche Aufwendungen i.S.d. § 670 BGB darstellen. Hierzu können etwa Auslagen des Rechtsanwalts für die Einschaltung eines Detektivs oder für die Einholung eines Privatgutachtens im Kindschaftsverfahren gehören (s. OLG Dresden, Beschl. v. 8.1.2016 – 22 UF 966714, RVGreport 2016, 177 [Hansens], AGS 2016, 141). Zu den sonstigen Auslagen nach § 46 Abs. 2 S. 3 RVGâEUR™können auch Dolmetscherkosten für die Kommunikation des Rechtsanwalts mit seinem Mandanten (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 24.10.1994 – 11 L 6302/91, AGS 1995, 114, JurBüro 1995, 526; a.A. LAG Hamm, Beschl. v. 11.2.1985 – 8 Ta 4444/83, AnwBl. 1985, 275) oder für die durch den Ausdruck der Gerichtsakten anfallende Dokumentenpauschale (OLG Rostock, Beschl. v. 4.8.2014 – 20 Ws 193/14, RVGreport 2014, 471 [Burhoff], AGS 2014, 533: Das OLG Rostock hat die Erforderlichkeit für den Pflichtverteidiger verneint) gehören.
Bei alledem sollte der beigeordnete oder bestellte Rechtsanwalt allerdings berücksichtigen, dass die Gerichte, also die Richter, derartige Anträge auf Feststellung der Erforderlichkeit von Auslagen im Allgemeinen sehr restriktiv behandeln. Dafür hat der beigeordnete oder bestellte Anwalt dann die Gewissheit, dass seine Auslagen im Festsetzungsverfahren nach § 55 RVG wenigstens dem Grunde nach als erforderlich anerkannt werden, wenn er einmal einen entsprechenden Feststellungsbeschluss des Gerichts erwirkt.
bb) Antrag auf Festsetzung eines Vorschusses
Gem. § 47 Abs. 1 S. 1 RVG steht dem beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt ein Anspruch auf Vorschuss gegen die Staatskasse für die entstandenen und voraussichtlich entstehenden Auslagen zu. Dieser Vorschuss wird gem. § 55 Abs. 1 S. 1 RVG auf Antrag des Anwalts vom UdG des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt. Auf diese Weise ist der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt vorgegangen, der beim OLG Hamm (Beschl. v. 14.5.2013 – I-25 W 94/13, RVGreport 2013, 307 [Hansens], AGS 2013,348) einen Vorschuss für die Einholung eines Privatgutachtens i.H.v. immerhin 10.000 EUR festgesetzt bekommen hat. Auch der Pflichtverteidiger im Fall des OLG Celle (Beschl. v. 21.12.2020 – 4 StE 1/17, AGS 2021, 109 [Burhoff], zfs 2021, 102 mit Anm. Hansens, JurBüro 2021, 138) war so verfahren.
Allerdings hat der beigeordnete oder bestellte Anwalt auch bei Festsetzung eines Vorschusses für seine Auslagen keine Gewissheit, dass der UdG oder das Erinnerungs-/Beschwerdegericht die Rechtslage im Festsetzungsverfahren nach § 55 Abs. 1 RVG nicht anders beurteilt. Die Festsetzung und Auszahlung des beantragten Vorschusses an den beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalt sichert diesen somit nicht dahin ab, dass er diesen Vorschuss auch endgültig oder jedenfalls in der bewilligten und ausgezahlten Höhe behalten darf (vgl. Thür. OLG, 23.5.2014 – 1 W 141/14, RVGreport 2014, 423 [Hansens] zur Abänderung der Vorschussbewilligung im Beschwerdeverfahren).
Zurecht hat das OLG Celle (a.a.O.) ausgeführt, dass die Gewährung eines Vorschusses nicht davon abhängt, dass der Rechtsanwalt zuvor eine gerichtliche Feststellung über die Erforderlichkeit der Auslagen erwirkt hat.