Nach § 1626a Abs. 2 BGB überträgt das Familiengericht bei nicht miteinander verheirateten Eltern auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Das Gesetz beruht auf der Annahme, dass die gemeinsame elterliche Sorge grundsätzlich den Bedürfnissen des Kindes nach Beziehungen zu beiden Elternteilen entspricht. Nur wenn die gemeinsame Sorge mit dem Kindeswohlprinzip unvereinbar wäre, kann die gemeinsame Sorge abgelehnt werden.

Auch die Neufassung des § 1626a BGB erfordert für die Herstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Kindeseltern, ein Mindestmaß an Übereinstimmung sowie eine hinreichende Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft der Kindeseltern (vgl. OLG Hamm FamRZ 2016, 829).

Der BGH (FamRZ 2016, 1439 m. Anm. Lack = NJW 2016, 2497 = MDR 2016, 1385 = FuR 2016, 576 = FamRB 2016, 343) betont, dass – ebenso wie bei § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB – auch bei dieser negativen Kindeswohlprüfung das Kindeswohl vorrangiger Maßstab ist und eine umfassende Abwägung aller für und gegen die gemeinsame Sorge sprechenden Umstände notwendig ist. Erst wenn sich nach erschöpfender Sachaufklärung nicht feststellen lässt, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl widerspricht, ergibt sich die objektive Feststellungslast dahin, dass im Zweifelsfall die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Eltern gemeinsam auszusprechen ist. Entgegenstehende Gründe sind bereits dann gegeben, wenn sich aus den dem Gericht dargelegten oder sonst ersichtlichen konkreten tatsächlichen Anhaltspunkten die Möglichkeit ergibt, dass die gemeinsame elterliche Sorge nicht mit dem Kindeswohl vereinbar ist. Die Belastung des Kindes muss nicht bereits tatsächlich bestehen. Es genügt die begründete Besorgnis.

 

Hinweis:

Eine die gemeinsame Sorge ausschließende Folge kann sich aus einem nachhaltigen und tiefgreifenden Elternkonflikt ergeben. Die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung setzt ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge und insgesamt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus. Die Verweigerungshaltung eines Elternteils ist jedoch allein kein entscheidender Gesichtspunkt.

Nicht erforderlich ist die zusätzliche Feststellung einer günstigen Prognose der Alleinsorge eines Elternteils dahingehend, dass die Eltern aufgrund der gerichtlichen Entscheidung für die Alleinsorge ihren Streit nicht fortsetzen werden.

Der BGH lehnt die teilweise vertretene Auffassung ab, nach der die Neuregelung ein Regel-Ausnahme-Verhältnis, einen Vorrang oder eine Vermutung zugunsten der gemeinsamen elterlichen Sorge begründe, wie auch die Auffassung, für die Umstände, die der Übertragung der gemeinsamen Sorge entgegenstehen, sei ein höheres Beweismaß zu fordern. Dies finde im Gesetz keine Stütze.

Auch das OLG Saarbrücken (FamRZ 2016, 1858) betont, dass die Herstellung der gemeinsamen elterlichen Sorge nur abgelehnt werden kann, wenn auf der Kommunikationsebene eine schwerwiegende und nachhaltige Störung vorliegt, die befürchten lässt, dass den Eltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und das Kind folglich erheblich belastet würde, wenn man die Eltern zwingen würde, die Sorge gemeinsam zu tragen. Besonderes Augenmerk sei bei der Sorgerechtsprüfung auf das Bestehen von gewachsenen Bindungen zu richten und den Willen des Kindes zu berücksichtigen, soweit dies mit seinem Wohl vereinbar ist. So könne der Wunsch eines nicht mehr ganz jungen Kindes, dass der Vater für es in wichtigen Dingen mitentscheiden soll, ein Indiz für die Vertretbarkeit der gemeinsamen Sorge sein.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge