Mit der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung in § 155a FamFG (vgl. auch Keuter FamRZ 2012, 825) will der Gesetzgeber den Weg ins gemeinsame Sorgerecht durch ein vereinfachtes Verfahren mit eingeschränkter richterlicher Ermittlungspflicht erleichtern.

Die Norm regelt ergänzend zu § 1626a Abs. 2 BGB die Besonderheiten des gerichtlichen Verfahrens:

§ 155a Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1 FamFG ist zu entnehmen, dass die gemeinsame Sorge nicht verheirateter Eltern in einem schnellen, schriftlichen Verfahren durchgesetzt werden soll. Nur wenn Gründe bekannt werden, die gegen die gemeinsame Sorge sprechen, sind sie in mündlicher Verhandlung zu erörtern und zu prüfen. Eine der gesetzlichen Vermutung des § 1626a Abs. 2 BGB entsprechende Entscheidung soll ohne mündliche Verhandlung ergehen können (OLG Brandenburg NJW 2015, 964)

 

Praxishinweise:

  • Die Regelung gilt auch, wenn ein Elternteil vor dem 19.5.2013 beim FamG einen Antrag auf Ersetzung der Sorgerechtserklärung des anderen Elternteils nach Art. 224 § 2 Abs. 3 EGBGB gestellt hat (BT-Drucks. 17/11048, S. 24), für laufende Verfahren auf Übertragung der elterlichen Sorge oder eines Teils davon nach der Übergangslösung des BVerfG (FamRZ 2010, 1463; Heilmann NJW 2013, 1473) sowie für Kinder, die vor dem 19.5.2013 geboren worden sind.
  • Die Regelung findet nur auf Verfahren Anwendung, in denen es um die erstmalige Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Abs. 1 BGB geht, d.h. die Vaterschaft geklärt und die Mutter Inhaberin der alleinigen elterlichen Sorge ist. Eine Mutter, der nach § 1666 BGB die elterliche Sorge teilweise oder ganz entzogen worden ist, kann kein Verfahren nach § 155a FamFG einleiten.

Das Verfahren wird ausschließlich auf Antrag (§ 23 FamFG) eingeleitet. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 152 FamFG. Der gem. § 1626a Abs. 2 S. 1 BGB erforderliche Antrag kann gem. § 155a Abs. 2 S. 2 FamFG von jedem Elternteil gestellt werden. Der Regelfall dürfte es jedoch sein, dass der Kindesvater den Antrag stellt. Zulässig ist auch ein Antrag der Kindesmutter, damit diese den vordergründig sorgeunwilligen Kindesvater in eine gemeinsame Sorge einbinden kann (BT-Drucks. 17/11048, S. 16; Prütting/Helms/Hammer, FamFG, 2. Aufl. 2011, Rn. 7; kritisch Kreuter FamRZ 2012, 825; Holldorf ZKJ 2012, 475, 477: die Wahrnehmung der Verantwortung kann nicht erzwungen werden).

Der Antrag kann sogleich beim Familiengericht gestellt werden, ohne dass der Antragsteller zunächst eine Sorgeerklärung beim Jugendamt abgegeben hat (BT-Drucks. 17/11048, S. 22).

 

Praxishinweis:

Da die Abgabe einer Sorgeerklärung beim Jugendamt gem. § 64 SGB X kostenfrei ist, sollte in Verfahren, für die Verfahrenskostenhilfe beantragt wird, zunächst die Gegenseite aufgefordert werden, gemeinsam eine Sorgeerklärung beim Jugendamt abzugeben, um einer Versagung der Verfahrenskostenhilfe wegen Mutwilligkeit vorzubeugen.

Der Vater kann allerdings nur dann einen Antrag stellen, sofern er wirksam die Vaterschaft nach § 1592 Nr. 2 BGB (ggf. auch nach § 1594 Abs. 4 BGB auch schon vor der Geburt des Kindes) anerkannt hat oder diese gerichtlich nach § 1592 Nr. 3 i.V.m. § 1600d BGB nach § 182 Abs. 2 FamFG festgestellt worden ist. Die bloße Behauptung der Vaterschaft genügt nicht, das Familiengericht muss einen Nachweis fordern (§ 27 FamFG).

Nicht antragsberechtigt ist ein nur leiblicher, aber nicht rechtlicher Vater. Dies kann bei Weigerung der Mutter, der Anerkennung der Vaterschaft zuzustimmen, zu einer erheblichen Verzögerung schon vor Einleitung des Verfahrens führen, weil der Vater zunächst die Feststellung der Vaterschaft betreiben muss (Heilmann NJW 2013, 1475).

Bei der Durchführung des vereinfachten Verfahrens gem. § 155a Abs. 3 FamFG sind die Rechte des Kindes auf eine dem Kindeswohl entsprechende Entscheidung und auch die Rechte der Eltern auf rechtliches Gehör zu berücksichtigen. Zwar stellt der Gesetzgeber mit § 1626a Abs. 2 S. 2 BGB die Vermutung auf, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl am besten entspricht, dies entbindet das Gericht jedoch nicht davon, im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob von der Kindesmutter lediglich abstrakt und allgemein gehaltene Befindlichkeiten vorgebracht oder aber Gründe vorgetragen werden, die als zutreffend unterstellt – konkret das Kindeswohl betreffen. Nur im ersten Fall ist eine Entscheidung im vereinfachten Verfahren zulässig, anderenfalls muss in das Verfahren nach § 155 Abs. 3, Abs. 4 FamFG gewechselt werden. Gerade weil im vereinfachten Verfahren weder eine Anhörung des Jugendamtes erfolgt noch rechtliches Gehör für das Kind überhaupt vorgesehen ist (sei es durch persönliche Anhörung oder auch Einschaltung eines Verfahrensbeistands), ist besondere Aufmerksamkeit geboten. Zudem unterstellt der Gesetzgeber, dass die Kindesmutter ...

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