Auch wenn der Vermieter seine Abrechnungsfrist aus § 556 Abs. 3 S. 3 Hs. 1 BGB nicht rechtzeitig erfüllt hat, kann er Betriebskostennachforderungen von seinem Mieter verlangen, sofern der Vermieter die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten hat (§ 556 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 BGB). Das Vertretenmüssen des Vermieters richtet sich nach § 276 BGB und meint Vorsatz und Fahrlässigkeit, wobei es für den anzuwendenden Sorgfaltsmaßstab bei der Fahrlässigkeit auf die verkehrsüblichen Anforderungen ankommt, § 276 Abs. 2 BGB (AG Tempelhof-Kreuzberg, Urt. v. 4.12.2003 – 16 C 266/03, WuM 2004, 476; Staudinger/Artz, § 556 BGB Rn 109). Auch wenn man § 556 Abs. 3 S. 3 BGB als eine Obliegenheit des Vermieters einstuft, kann § 278 BGB angewendet werden, was zu einer Zurechnung fremden Verschuldens zulasten des Vermieters führt (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 556 BGB Rn 537). Die Beweislast für die Verlängerung der Zwölf-Monatsfrist trifft, was sich unzweideutig aus der negativen Formulierung von § 556 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 BGB ergibt, den Vermieter (BGH, Urt. v. 21.9.2009 – VIII ZR 107/108, NJW 2009, 2197 Rn 13; Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 556 BGB Rn 536).
Bei der Frage, ob der Vermieter eine Verspätung der Nebenkostenabrechnung zu vertreten hat, ist zwischen zwei zeitlichen Bereichen zu unterscheiden. Zum einen ist der Zeitraum bis zur Absendung der Abrechnung zu betrachten und zum anderen der nachfolgende Zeitraum (ebenfalls so und zu Recht noch Schmidt-Futterer/Langenberg, § 556 BGB Rn 462).
a) Zeitraum bis zur Absendung der Abrechnung
Schuldhaft handelt ein Vermieter, der nicht so rechtzeitig mit der Erstellung der Abrechnung begonnen hat, dass er bei normalem Lauf der Dinge (so kann z.B. eine plötzliche Erkrankung des Vermieters das Verschulden ausschließen, Flatow, WuM 2010, 606, 611) damit rechnen konnte, dass seine Betriebskostenabrechnung so rechtzeitig fertiggestellt werden kann, dass diese den Mieter innerhalb der gesetzlichen Jahresfrist erreichen konnte (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 556 BGB Rn 538). Inhaltliche Abrechnungsfehler hat der Vermieter grds. zu vertreten, sodass es regelmäßig keinen Entschuldigungsgrund darstellt, wenn er eine zunächst formal unwirksame Abrechnung neu erstellen muss (BGH, Urt. v. 9.4.2008 – VIII ZR 84/07, NJW 2008, 2258; Müko-BGB/Zehelein, § 556 BGB Rn 53 m.w.N). Der Vermieter trägt auch das Prozessrisiko eines Rechtsstreits mit dem Mieter über die formale Wirksamkeit einer Nebenkostenabrechnung, sodass er sich nicht erfolgversprechend darauf berufen kann, er sei bei Erstellung vertretbar von einer formal wirksamen Abrechnung ausgegangen (Müko-BGB/Zehelein, § 556 BGB Rn 54; Schmid, MietRB 2008, 342, 343).
Gleiches gilt regelmäßig für einen behaupteten Rechtsirrtum des Vermieters: Sofern der Vermieter als juristischer Laie selbst die Abrechnung vorgenommen hat, scheidet ein entschuldigender Rechtsirrtum aus, weil er im Zweifel zuvor rechtsanwaltlichen Rat hätte einholen können und müssen (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 556 BGB Rn 538). Bei unrichtiger Beratung durch den Rechtsberater kann zwar ein eigenes Verschulden des Vermieters ausscheiden, jedoch muss sich der Vermieter die unrichtige Beratung seines Rechtsbeistands nach § 278 BGB zurechnen lassen (Müko-BGB/Zehelein, § 556 BGB Rn 54; Schmid, MietRB 2008, 342, 343).
Grundsätzlich muss sich der Vermieter nach § 278 BGB ein Verschulden Dritter zurechnen lassen, wenn er diese zum Zwecke der Abrechnungserstellung herangezogen hat, wozu insb. eine Hausverwaltung oder eine Abrechnungsfirma zählen (BGH, Urt. v. 17.11.2004 – VIII ZR 115/04, NJW 2005, 219; AG Potsdam, Urt. v. 17.7.2003 – 24 C 550/02, GE 2003, 1084; Müko-BGB/Zehelein, § 556 BGB Rn 54). Nach Ansicht des BGH ist auch die Post als Erfüllungsgehilfin des Vermieters einzustufen, sodass der Verlust einer postalisch versendeten Abrechnung oder eine verspätete Zustellung ebendieser ein Verschulden nicht ausschließen (BGH, Urt. v. 21.1.2009 – VIII ZR 107/08, NJW 2009, 2197). Bei externen Fremdfirmen (z.B. für Gebäudereinigung, Gartenpflege oder Hausmeistertätigkeiten) kommt es für die Zurechnung nach § 278 BGB darauf an, inwieweit gerade der Vermieter diese für die Abrechnungserstellung herangezogen hat, weil sie nur dann Erfüllungsgehilfen im Verhältnis zum Mieter sind. Werden diese Fremdfirmen wie regelmäßig durch die WEG bzw. eine Hausverwaltung beauftragt, scheidet eine Zurechnung aus und ein Verschulden des Vermieters kann dann nur vorliegen, wenn er sich nicht ausreichend um die Erlangung der benötigten Unterlagen bemüht hat (ebenso wohl Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, § 556 BGB Rn 546; Müko-BGB/Zehelein, § 556 BGB Rn 54).
Kommt der WEG-Verwalter seiner Pflicht zur zügigen Abrechnung nicht nach, stammt die Ursache für die Verzögerung der Abrechnung aus der Sphäre des Vermieters, auch wenn der WEG-Verwalter, anders als der Verwalter von Sondereigentum (BGH, Urt. v. 9.3.2005 – VIII ZR 57/04, NZM 2005, 373), kein Erfüllungsgehilfe nach § 278 BGB ist (BGH, Urt. v. 25.1.2017 – VIII ZR 249/15, NZM 2017, 216). Um ...