Der Vermieter kann auch bei Fehlen einer formell ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung die monatlichen Vorauszahlungen des Mieters auf die Betriebskosten einfordern, da rechtliche Grundlage hierfür nicht die Betriebskostenabrechnung als solche, sondern die mietvertragliche Regelung über die Tragung der Betriebskosten ist. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das Mietverhältnis beendet ist und auch nach Ablauf der Abrechnungsfrist aus § 556 Abs. 3 S. 2 BGB keine formell wirksame Betriebskostenabrechnung vorliegt bzw. dem Mieter zugegangen ist. In diesem Fall steht dem Mieter nach gefestigter Rechtsprechung des BGH ein vorläufiger Anspruch auf Rückzahlung der zu viel geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen zu, der sich im Wege ergänzender Auslegung aus dem Mietvertrag ergibt (BGH, Urt. v. 9.3.2005 – VIII ZR 57/04, NZM 2005, S. 373, 374; BGH, Urt. v. 29.3.2006 – VIII ZR 191/05, NZM 2006, 533., vgl. auch LG Detmold, Urt. v. 26.12.2011 – 10 S 204/10, BeckRS 2012, 21714). Der Mieter kann also bei einem beendeten Mietverhältnis die Vorauszahlungen, über die der Vermieter nicht fristgemäß abgerechnet hat, ohne den zeitraubenden Umweg über eine (Stufen-)Klage gem. § 254 ZPO auf Erteilung der Abrechnung sogleich, wenn auch nur vorläufig, zurückverlangen. Diese ergänzende Vertragsauslegung beruht auf der Überlegung, dass der Vermieter sonst in der Lage wäre, die Fälligkeit eines Erstattungsanspruchs des Mieters nach Belieben hinauszuzögern, sodass die Abrechnungsfrist ohne praktische Bedeutung bliebe (vgl. BGH, a.a.O.).
Dem Mieter kann ein solcher vorläufiger Anspruch auf Rückzahlung von Betriebskostenvorauszahlungen nur insoweit zugebilligt werden, als er während der Dauer des Mietverhältnisses nicht die Möglichkeit hatte, den Abrechnungsanspruch durch Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts gem. § 273 Abs. 1 BGB an den laufenden Vorauszahlungen durchzusetzen (BGH, Urt. v. 26.9.2012 – VIII ZR 315/11, NJW 2012, 3508).
Praxishinweis:
Für die Rechtsberatung ist in diesem Zusammenhang wichtig zu beachten, dass es sich bei einem solchen Anspruch des Mieters nur um einen vorläufigen Anspruch handelt, der bei Zugang einer formell wirksamen Betriebskostenabrechnung beim Mieter erlischt, wobei diese auch erst nach Ablauf der Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 S. 1 BGB erstellt werden kann. Mit nachträglichem Zugang einer formell ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung beim Mieter entfällt der Rückzahlungsanspruch i.H.d. vertraglich vereinbarten Vorauszahlungen, da sodann der Mietvertrag eine ausreichende vertragliche Grundlage für das Behaltendürfen der Vorauszahlungen durch den Vermieter darstellt. Auf Mieterseite ist also bei Klageerhebung zu beachten, dass für den Fall der nachträglichen Erstellung nach Übersendung einer formell wirksamen Nebenkostenabrechnung der vorläufige Klageanspruch erlischt, was prozessrechtlich mit einer (zunächst einseitigen) Erledigungserklärung zu würdigen ist, welcher die Vermieterpartei zustimmen kann (dann übereinstimmende Erledigungserklärung).