Das Berufungsgericht sah entgegen der Vorinstanz die Voraussetzungen für den Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 UWG als erfüllt an. Gemäß der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 6.6.2019 – I ZR 216/17 – Identitätsdiebstahl, ZAP EN-Nr. 631/2019) stelle das Versenden einer Zahlungsaufforderung eine geschäftliche Handlung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. Diese erfolge sowohl im Zusammenhang mit dem (vermeintlichen) Geschäftsabschluss der Auftraggeberin der Beklagten, also mit der Kundin (Verbraucherin), als auch i.R.d. mit der geschäftlichen Betätigung der Beklagten als Inkassodienstleisterin aufgrund des Dienstleistungsvertrags mit ihrer Auftraggeberin. Auch wenn sich dazu im Urteil keine Ausführungen befinden, ist die Inanspruchnahme der Beklagten als Inkassodienstleisterin aus § 8 Abs. 2 UWG (Haftung als Beauftragte der Auftraggeberin) abgeleitet worden (so auch im Falle des BGH – Identitätsdiebstahl, a.a.O., Rn 9). Im Verfahren 15 U 88/19 (Urt. v. 11.6.2020) hatte das OLG Hamburg sich ebenfalls auf § 8 Abs. 2 UWG gestützt, nachdem das dort verklagte Inkassounternehmen auf seine Stellung als beauftragter Dienstleister verwiesen hatte, der lediglich auftragsgemäß die Informationen seines Auftraggebers vorzutragen hat:
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„Dass die Beklagte möglicherweise i.S.v. § 8 Abs. 2 UWG als Beauftragte der D gehandelt hat, hindert ihre eigene Haftung neben einer etwaigen Haftung der D nicht, wie sich aus dem Wortlaut von § 8 Abs. 2 UWG ergibt („auch”). Es bestehen zwei selbstständige Unterlassungsansprüche nebeneinander (...)”
1. Irreführung (§ 5 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. UWG)
Die geschäftliche Handlung (Versenden des Inkassomahnschreibens) sah das OLG Hamburg als irreführend an, da eine unwahre Angabe i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. UWG vorliege, wenn der behauptete Vertragsschluss tatsächlich nicht stattgefunden hat und berief sich auf die Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 6.6.2019 – I ZR 216/17 – Identitätsdiebstahl, a.a.O.). Das OLG Hamburg hatte die Kundin als Zeugin vernommen und die Überzeugung gewonnen, dass diese keinen Vertrag mit der T. Germany GmbH & Co. KG abgeschlossen hatte. Nach der vorgenannten – dem angegriffenen Urteil des LG Hamburg vom 29.11.2018 zeitlich nachfolgenden – neueren Rechtsprechung des BGH vom 6.6.2019 schließe die Übersendung einer unberechtigten Zahlungsaufforderung an einen Verbraucher aus dessen Sicht nicht nur die unwahre Behauptung einer Bestellung der in Rechnung gestellten Dienstleistung ein, sondern sei darüber hinaus zur Täuschung des Verbrauchers geeignet, was genüge. Auf einen Täuschungserfolg komme es also nicht an. Ein erheblicher Teil der Durchschnittsverbraucher kann im Übrigen nach dem Zugang einer entsprechenden, unberechtigten Zahlungsaufforderung annehmen, er habe – z.B. versehentlich oder nicht mehr erinnerlich – den behaupteten Vertrag geschlossen. Die wettbewerbsrechtliche Relevanz stehe aufgrund der BGH-Entscheidung „Identitätsdiebstahl” fest.
Das OLG Hamburg hat hierbei erkannt, dass sich die Beklagte gegenüber der Telefongesellschaft nicht in einer „unterlegenen Position” befunden hatte, zumal sie auch gar nicht von einem Vertragsabschluss ausging. Das Gericht prüfte daher, ob eine Irreführung i.S.v. Art. 6 Abs. 1 UGP-Richtlinie in Fällen wie dem vorliegenden auszuschließen ist (in diese Richtung ging eine frühere – vom LG Hamburg erwähnte – Entscheidung des BGH, Urt. v. 17.8.2011 – I ZR 134/10 – Auftragsbestätigung –, die zwar nicht i.R.v. § 5 Abs. 1 UWG ergangen ist, sondern zu Nr. 29 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG und zu § 7 Abs. 1 UWG). Wegen der – insofern späteren – Rechtsprechung des EuGH und des BGH sei hier aber bei fehlender Täuschungsrelevanz kein Ausnahmefall anzunehmen:
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„Dem ist indes nach der jüngeren höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht so. Die Annahme einer irreführenden Handlung i.S.v. Art. 6 UGP-Richtlinie setzt grds. nicht voraus, dass der Gewerbetreibende vorsätzlich eine objektiv falsche Angabe macht (EuGH, GRUR 2015, 600 Rn 47-49 – Ungarische Verbraucherschutzbehörde; BGH, GRUR 2019, 1202 Rn 26 – Identitätsdiebstahl). Gemäß Art. 11 URP-Richtlinie ist der Nachweis vorsätzlichen oder fahrlässigen Handelns nicht notwendig. Es erscheint zwar im logischen Sinne nicht als zwingend, dass damit auch im – hier vorliegenden – Falle einer unstreitig oder erwiesenermaßen unverschuldeten bzw. unvermeidbaren Falschangabe eine Rechtsverletzung anzunehmen ist. Dass vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln nicht nachgewiesen werden muss, heißt nicht zwingend, dass ein unstreitig oder erwiesenermaßen unverschuldetes Handeln ebenfalls als tatbestandsmäßige Rechtsverletzung anzusehen ist.”
Sodann prüfte das OLG Hamburg noch die Frage, ob der Irreführungstatbestand letztendlich doch noch zu verneinen ist, falls der besondere Unlauterbarkeitstatbestand der Nr. 29 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG die allgemeinen UWG-Vorschriften der Unlauterbarkeit wegen irreführender und aggressiver Geschäftspraktiken verdrängen sollte. Grundsätzlich stehen die vorgenannten Tatbestände nebe...