Das Bundesjustizministerium hat im April Pläne für ein Gesetz gegen digitale Gewalt bekannt gegeben. Darin ist u.a. geplant, Betroffenen bei wiederholten schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzungen durch etwa beleidigende oder diffamierende Kommentare in sozialen Medien einen Anspruch auf gerichtlich angeordneter Accountsperren zu geben, falls andere Möglichkeiten wie die Löschung eines Posts nicht ausreichen und Wiederholungsgefahr besteht.
Immer wieder würden Menschen im Netz massiv beleidigt und verleumdet oder im schlimmsten Fall werde dort ihr Leben bedroht, heißt es zur Begründung. Für viele Betroffene sei es deshalb wichtig, dass solche Inhalte schnell gelöscht und die weitere Verbreitung verhindert würden. Derzeit hätten Betroffene aber oft nur unzureichende Möglichkeiten, ihre Rechte selbst durchzusetzen. Häufig scheitere die Durchsetzung ihrer Rechte bereits daran, dass es nicht gelinge, zügig und mit vertretbarem Aufwand Auskunft über die Identität des Verfassers oder der Verfasserin rechtswidriger Inhalte zu erlangen. Auch fehle es an einem effektiven Instrument, um gegen den ständigen Missbrauch eines Nutzerkontos für Angriffe gegen eine andere Person vorzugehen. Um künftig die private Rechtsdurchsetzung zu stärken, bedürfe es deshalb weiterer Rechte der Betroffenen.
In einem Eckpunktepapier listet das Ministerium insb. drei Maßnahmen auf, mit denen die Rechte der Betroffenen verbessert werden sollen:
Stärkung privater Auskunftsverlangen
Künftig sollen – über die bisher schon herauszugebenden Bestandsdaten hinaus – auch Nutzungsdaten wie z.B. die IP-Adresse herausgegeben werden müssen, soweit dies verhältnismäßig und für die Rechtsverfolgung erforderlich ist. Dabei soll das Auskunftsverfahren in allen Fällen einer rechtswidrigen Verletzung absoluter Rechte eröffnet sein, etwa auch bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (z.B. bei einer wahrheitswidrigen Restaurantkritik). Aktuell ist das Auskunftsverfahren nur in Fällen bestimmter strafbarer Inhalte möglich, wie etwa der Beleidigung.
Gerichtlich angeordnete Accountsperren
Betroffenen von schwerwiegenden Persönlichkeitsverletzungen soll unter gewissen Voraussetzungen ein Anspruch auf eine Accountsperre eingeräumt werden: Sie sollen verlangen können, dass das Gericht gegenüber dem Diensteanbieter die Sperrung des Accounts anordnet, über den die Persönlichkeitsverletzungen verbreitet wurden. Mit diesem neuen Instrument soll der Rechtsschutz gegen notorische Rechtsverletzer im digitalen Raum verbessert werden. Betroffenen soll eine Möglichkeit eingeräumt werden, sich effektiv gegen wiederholte Verletzungen ihrer Rechte zur Wehr zu setzen, die über den gleichen Account verbreitet werden. Da der Anspruch sich gegen den Diensteanbieter richtet – und nicht gegen den Accountinhaber –, soll dieses Instrument einen besonderen Mehrwert in Fällen bieten, in denen die Identität des Accountinhabers nicht bekannt ist.
Erleichterungen bei der Zustellung
Soziale Netzwerke sollen auch zukünftig verpflichtet sein, einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen. Eine entsprechende Pflicht findet sich bereits im geltenden Recht. Sie soll allerdings fortgeschrieben und ausgeweitet werden; so soll u.a. auch die Zustellung von außergerichtlichen Schreiben umfasst werden.
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat die Pläne des BMJ für ein Gesetz gegen digitale Gewalt bereits befürwortet. Die Pläne seien „zeitgemäß” und zur Abwehr von Cybermobbing, -hetze und -gewalt geeignet. Der DAV begrüßt insb., dass sowohl der Auskunftsanspruch als auch die Accountsperren als grundrechtsrelevante Maßnahmen dem Vorbehalt einer richterlichen Anordnung unterliegen sollen. Allerdings mahnt der Verein auch an, „bei allem notwendigen Fokus auf den Opferschutz” die Rechtsschutzmöglichkeiten für – möglicherweise zu Unrecht – Beschuldigte nicht zu vernachlässigen. „Ein künftiger Gesetzentwurf muss auch ein Verfahren beinhalten, das es beschuldigten Accountinhabern ermöglicht, sich gegen unberechtigte Vorwürfe zur Wehr zu setzen”, so der DAV in einer Presseverlautbarung.
[Quellen: BMJ/DAV]