Anfang des Monats ist das Cannabis-Gesetz in Kraft getreten. Danach sind der Anbau und der Eigenkonsum des Rauschmittels nun unter bestimmten Voraussetzungen straffrei (s. ZAP 2024, 347). Ob und wie sich diese Liberalisierung auch auf die Teilnahme am Straßenverkehr auswirken sollte, sprich: ob auch hier eine (teilweise) Entkriminalisierung stattfinden soll, war bislang offen geblieben. Das Bundesjustizministerium ging im Vorfeld davon aus, dass der bisherige Grenzwert von 1,0 ng THC (Nanogramm Tetrahydrocannabinol) auch unter der neuen Rechtslage beibehalten werden sollte, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. Eine parlamentarische Mehrheit war dafür, dass der Grenzwert wissenschaftlich überprüft werden sollte; Eingang hat diese Vorgabe in § 44 KCanG gefunden.
Diese Evaluierung ist inzwischen geschehen. Ende März hat eine vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr eingesetzte interdisziplinäre Arbeitsgruppe mit Experten aus den Bereichen Medizin, Recht und Verkehr sowie der Polizei vorgeschlagen, den künftigen Grenzwert bei 3,5 ng THC pro Milliliter Blutserum anzusetzen, bei dessen Erreichen die Wissenschaftler das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr regelmäßig nicht mehr gewährleistet sehen. Bei diesem Grenzwert handelt es sich nach Ansicht der Experten um einen „konservativen Ansatz”, der vom Risiko vergleichbar sei mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille. Im Blutserum sei THC bei regelmäßigem Konsum noch mehrere Tage nach dem letzten Konsum nachweisbar; daher solle mit dem Vorschlag eines Grenzwertes von 3,5 ng erreicht werden, dass – anders als bei dem analytischen Grenzwert von 1 ng – nur diejenigen sanktioniert werden, bei denen der Cannabiskonsum in einem gewissen zeitlichen Bezug zum Führen eines Kraftfahrzeugs erfolgt und eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeugs möglich sei.
Ergänzend schlugen die Fachleute vor, für Cannabiskonsumenten ein absolutes Alkoholverbot am Steuer entsprechend der Regelung des § 24c StVG vorzusehen, um der besonderen Gefährdung durch Mischkonsum von Cannabis und Alkohol gerecht zu werden. Aus den Reihen der Regierungsparteien kam bereits die Aufforderung, das StVG nun schnellstmöglich anzupassen. Auch der Deutsche Anwaltverein begrüßte die Vorschläge der Expertenkommission; sie seien „zielführend”, erklärte er in einem Statement. Angesichts einiger kürzlich laut gewordener kritischer Stimmen aus den Bundesländern warnt er davor, jetzt eine „von Vorurteilen geprägte” Diskussion über den neuen Grenzwert zu beginnen. Stattdessen solle man „der Beurteilung derer vertrauen, die sich damit auskennen” (s. zum Thema Cannabis-Legalisierung auch die Kolumne von Kreizberg, ZAP 2024, 401 in diesem Heft).
[Quelle: BMDV]