Das Ertragswertverfahren ist zwingend für Mietwohngrundstücke sowie für Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt, anzuwenden. Mietwohngrundstücke sind Grundstücke, die mehr als zwei Wohnungen enthalten. Mietwohngrundstücke müssen zudem, berechnet nach Wohn- oder Nutzfläche, zu mehr als 80 % Wohnzwecken dienen. Auch Ein- und Zweifamilienhäuser können durch Ein-/Umbau von zwei bzw. einer zusätzlichen "Mini"-Wohnung(en) zum Mietwohngrundstück umgestaltet werden. Für die Zuordnung zu einer Grundstücksart "Mietwohngrundstück" stellt das neue Recht auf die Wohn-/Nutzflächen-Relation und nicht wie etwa bei der Einheitsbewertung (§ 75 BewG auf das Verhältnis der Jahresrohmieten ab. Es kann also nicht immer die Grundstücksart lt. Einheitswertbescheid übernommen werden. Geschäftsgrundstücke werden definiert als Grundstücke, die, berechnet nach der Wohn- oder Nutzfläche, zu mehr als 80 % eigenen oder fremden betrieblichen oder öffentlichen Zwecken dienen. Gemischt genutzte Grundstücke sind Grundstücke, die neben Wohnzwecken auch eigenen oder fremden betrieblichen (gewerblichen, freiberuflichen, land- und forstwirtschaftlichen) oder öffentlichen Zwecken dienen und nicht Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Wohnungseigentum, Teileigentum oder Geschäftsgrundstücke sind. Zu den gemischt genutzten Grundstücken zählt beispielsweise ein Grundstück, das eine Wohnung enthält und zu mindestens 50 % der Wohn- oder Nutzfläche für gewerbliche oder öffentliche Zwecke mitbenutzt wird, oder ein Mehrfamilienhaus, das Läden- und Gewerberäume enthält und zu 20 % der Wohn- oder Nutzfläche gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dient.

aa) Ertragswertmethode (§ 184 BewG)

Methodisch wird beim Ertragswertverfahren der gemeine Wert getrennt nach

Grund und Boden und
Gebäude

ermittelt. Im Ertragswertverfahren wird genau genommen nur der Wert der baulichen Anlagen auf der Grundlage des für diese Grundstücke nachhaltig erzielbaren Ertrags ermittelt. Dazu addiert wird der Wert des Grundstücks, den es hat, wenn es unbebaut wäre (Bodenwert). Ist der Gebäudeertragswert negativ, ist mindestens der Bodenwert anzusetzen (§ 184 BewG). Sonstige bauliche Anlagen, insbesondere Außenanlagen, sind regelmäßig mit dem Ertragswert des Gebäudes erfasst und werden nicht gesondert berücksichtigt. Eine Anpassung an den Verkehrswert durch eine sog. Wertzahl ist beim Ertragswertverfahren nicht vorgesehen.

Bodenwert

Der Bodenwert errechnet sich gem. § 179 BewG aus dem aktuellen Bodenrichtwert x Fläche, Näheres siehe oben. Der so ermittelte Bodenwert ist unselbstständiger Teil der Feststellung des Ertragswerts für das gesamte Gebäude.

Gebäudeertragswert

Der Gebäudeertragswert ergibt sich durch Kapitalisierung des Nettoreinertrags des Gebäudes (§ 185 Abs. 1 und 3 BewG). Ausgangspunkt dafür ist die tatsächliche vereinbarte Jahresmiete bzw. die übliche Jahresmiete (ohne Berücksichtigung der Betriebskosten) (§ 186 BewG). Die Miete ist zunächst um die Grundstücksbewirtschaftungskosten zu mindern; der Gesetzgeber unterstellt, dass diese gewöhnlich in die Miete eingerechnet sind. Sind Bewirtschaftungskosten nicht individuell bestimmbar, können sie gem. § 187 Abs 2 Satz 2 BewG aus Anlage 23 zum BewG entnommen werden. Dann ist der Grundstücksertrag auf den Gebäudeertrag einzuschränken, indem aus der um die Bewirtschaftungskosten geminderten Jahresmiete der darin enthaltene Ertragsanteil für den Grund und Boden herauszurechnen ist. Der so gefundene Reinertrag des Gebäudes ist mit einem bestimmten Vervielfältiger zu multiplizieren und ergibt dann den Gebäudeertragswert. Die Bestimmung des Vervielfältigers richtet sich nach dem sog. Liegenschaftszins und der Restnutzungsdauer des Gebäudes; er ist aus Anlage 21 zum BewG in Abhängigkeit zum Liegenschaftszins zu entnehmen. Die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer ist aus Tabelle 22 zum BewG zu entnehmen.

Rohertrag = tatsächliche vereinbarte Jahresmiete/übliche Bruttomiete ohne Betriebskosten

abzgl. Bewirtschaftungskosten

ergibt Reinertrag des Grundstücks

abzgl. Bodenwertverzinsung (= Bodenwert x Liegenschaftszinssatz)

ergibt Reinertrag des Gebäudes

Reinertrag x Vervielfältiger lt. Anlage 21 zum BewG

ergibt Gebäudeertragswert

Die Begriffe "Rohertrag", "Bewirtschaftungskosten", und "Liegenschaftzinsen" sind in den §§ 185 bis 188 BewG näher geregelt. Bei den Liegenschaftszinssätzen handelt es sich um aus den Kaufpreissammlungen abgeleitete Grundstücks-(Boden-)erträge. Die Ableitung ist grundsätzlich Aufgabe der Gutachterausschüsse (§ 193 Abs. 3 BauGB). Soweit im Einzelfalle nicht hinreichend genaue Liegenschaftszinssätze greifbar sind, gelten ersatzweise die in § 188 BewG aufgezählten Zinssätze. Die Restnutzungsdauer ergibt sich aus der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer lt. Anlage 22 zum BewG abzgl. des Gebäudealters am Besteuerungszeitpunkt. Die Restnutzungsdauer kann durch Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen verlängert sein, insbesondere durch konstruktive Maßn...

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