Für die Auslegung des § 2339 Abs. 1 Ziff. 2 BGB, die den Vorsatz einengend als Absicht versteht, kann aus dem Wortlaut dieser Vorschrift nichts gewonnen werden. Nach einhelligem Verständnis umfasst Vorsatz neben Absicht auch den direkten Vorsatz (Wissen um den sicheren Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs) sowie den dolus eventualis, bei dem der Täter die Verwirklichung des tatbestandlichen Erfolgs ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
Möglicherweise erklärt sich die für den Vorsatz in § 2339 Abs. 1 Ziff. 2 BGB Absicht fordernde Ansicht aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. In der Begründung zum Entwurf der Ersten Kommission zum seinerzeitigen E I § 2045 Ziff. 2, der mit § 2339 Abs. 1 Ziff. 2 BGB wortlautgleich ist, findet sich zwar noch keine Differenzierung hinsichtlich der Vorsatzarten, allerdings liefern die Verhandlungen der Zweiten Kommission dazu einen Anhaltspunkt. Dort ging es um die Frage, ob der Fall, dass der Erblasser nicht in der Absicht, ihn testierunfähig zu machen, sondern nur objektiv durch irgendeine vorsätzliche Handlung des Erben, z. B. eine schwere körperliche Misshandlung, an der Errichtung einer letztwilligen Verfügung gehindert werde, unter E I § 2045 Ziff. 2 falle. Die Zweite Kommission verneinte dies, ohne allerdings explizit auszuführen, welches Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt sei. In Betracht kommt, dass in diesem Fall nach Ansicht der Zweiten Kommission entweder – objektiv – die Verhinderung oder – subjektiv – der dort geforderte "Vorsatz" nicht vorlag. Da allerdings nichts dagegen spricht, die Verhinderung der letztwilligen Verfügung durch eine schwere körperliche Misshandlung unter E I § 2045 Ziff. 2 zu subsumieren, könnte man der Haltung der Zweiten Kommission durchaus entnehmen, dass sie einen einfach-vorsätzlichen Verhinderungswillen nicht ausreichen ließ, sondern eine Verhinderungsabsicht verlangte. Allerdings wird man diese Argumentation nicht überbewerten dürfen. Denn die Zweite Kommission versuchte damit in erster Linie die Existenzberechtigung des E I § 2045 Ziff. 1, letzte Alternative ("Versetzen in den Zustand der Testierunfähigkeit"), gegen einen entsprechenden Streichungsvorschlag zu verteidigen. Dazu hätte es indessen nicht bedurft, in E I § 2045 Ziff. 2 das Absichtserfordernis hineinzulesen. Ein von der "Verhinderung" gemäß E I § 2045 Ziff. 2/§ 2339 Abs. 1 Ziff. 2 BGB nicht erfasster Anwendungsbereich der dritten Alternative des E I § 2045 Ziff. 1/§ 2339 Abs. 1 Ziff. 1 BGB besteht nämlich, wenn der Täter die Testierunfähigkeit eines Erblassers herbeiführt, der (noch) gar keinen Testierwillen hat, z. B. des Erblassers vor Vollendung des 16. Lebensjahrs, § 2229 Abs. 1 BGB. Denn § 2339 Abs. 1 Ziff. 2 BGB verlangt, dass der Erblasser einen konkreten Errichtungs- oder Aufhebungsakt beabsichtigt. Es ist daher aus systematischen Gründen nicht veranlasst, die Abgrenzung zwischen § 2339 Abs. 1 Ziff. 1 Alt. 3 BGB einerseits und § 2339 Abs. 1 Ziff. 2 BGB andererseits anhand unterschiedlicher Vorsatzformen vorzunehmen.
Im Übrigen war die Unterscheidung zwischen Absicht, einfachem Vorsatz und dolus eventualis bereits zur Zeit der Entstehung des BGB bekannt und auch der historische Zivilgesetzgeber war für strafrechtliche Vorsatzprobleme sensibilisiert, wie aus der Entwurfsbegründung zum E I § 103, der Vorgängervorschrift des heutigen § 123 BGB, hervorgeht, der als Tatbestandsmerkmal statt der "arglistigen Täuschung" noch den "Betrug" enthielt. Eine Ausklammerung der beiden letztgenannten Vorsatzformen aus dem Anwendungsbereich des § 2339 Abs. 1 Ziff. 2 BGB könnte also auch nicht mit dem seinerzeitigen Entwicklungsstand der Straf- oder Zivilrechtswissenschaft begründet werden.
Auch Sinn und Zweck des § 2339 Abs. 1 Ziff. 2 BGB decken die Ansicht, dass jede Art von Vorsatz ausreicht. Denn dieser liegt darin, dass der Erbunwürdige den Erblasser daran hindert, von seiner Testierfähigkeit Gebrauch zu machen. Diese Verhinderung liegt aber nicht nur bei absichtlichem Handeln, sondern auch bei direktem Vorsatz oder dolus eventualis vor. Daher sollte in unserem Fall die vorsätzliche und widerrechtliche Verhinderung der Errichtung oder Aufhebung einer Verfügung von Todes wegen durch den Betreuer bejaht werden.