I.

Streitig ist, ob die Voraussetzungen des § 3 Nr. 3 GrEStG vorliegen.

Der am 25.5.1998 verstorbene Vater der Klägerin war Alleineigentümer eines bebauten Grundstücks. Er wurde von seiner am 26.11.2016 nachverstorbenen Ehefrau (E) zu ½ Anteil sowie von seinen beiden Kindern, der Klägerin und ihrer Schwester, zu je ¼ Anteil beerbt. E wurde zu je ½ von ihren beiden Töchtern, der Klägerin und ihrer Schwester beerbt. Die Klägerin und ihre Schwester waren somit über die Erbengemeinschaft nach ihrem Vater und der (Unter-)Erbengemeinschaft nach ihrer Mutter im wirtschaftlichen Ergebnis zu je ½ an dem Grundstück beteiligt.

In einer notariell-beurkundeten Vereinbarung vom 8.6.2017 schlossen die Klägerin und ihre Schwester einen Teilerbauseinandersetzungs- und Übertragungsvertrag. Unter § 2 (Aufhebung der Erbengemeinschaft, Bruchteilsgemeinschaft) bewilligten und beantragten sie "zum Zwecke der Teilerbauseinandersetzung die Aufhebung der Erbengemeinschaft nach den verstorbenen Eltern und die Umwandlung des bestehenden Gesamthandseigentums in Bruchteilseigentum zu den der Erbquote entsprechenden Berechtigungsbruchteilen und die Eintragung im Grundbuch". Die Bruchteilseigentumsverhältnisse stellten sich wie folgt dar: Schwester der Klägerin: ½ – Anteil aus Erbfolge, Klägerin: ½-Anteil aus Erbfolge. Weiter vereinbarten sie unter § 3 (Erbauseinandersetzung und Übertragung) die Übertragung des ½-Anteils aus der Erbfolge an dem Grundstück von der Schwester der Klägerin auf die Klägerin gegen Zahlung einer Gegenleistung i.H.v. 31.500 EUR. Im Ergebnis sollte damit die Klägerin gegen Ausgleichzahlung an ihre Schwester alleinige Eigentümerin des Grundstücks werden. Unter § 6 (Auflassung) erklärten die Vertragsparteien die Auflassung in der Art, dass der ½-Anteil der Schwester der Klägerin aus der Erbfolge an dem Grundstück auf die Klägerin als Eigentümerin übergeht. Zugleich bewilligten und beantragten sie die Eintragung der Eigentumsänderung im Grundbuch.

Am 2.8.2017 erfolgte die Eintragung der Klägerin als Alleineigentümerin des Grundstücks im Grundbuch. Bis dahin war noch ihr Vater als Eigentümer des Grundstücks eingetragen. Eine Zwischeneintragung der Erbengemeinschaften oder des hälftigen Miteigentums erfolgte nicht.

Mit Bescheid vom 19.6.2017 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer i.H.v. 2.047 EUR (6,5 % von 31.500 EUR) im Hinblick auf den Erwerb des hälftigen Anteils an dem Grundstück fest.

Der Klägerin legte Einspruch ein und machte geltend, der Erwerb des Anteils an dem Grundstück sei nach § 3 Nr. 3 GrEStG steuerfrei. Sie, die Klägerin, und ihre Schwester seien Miterben geworden und die Übertragung des zum Nachlass gehörenden Grundstücks sei zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft erfolgt.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 15.2.2018 als unbegründet zurück. Gemäß § 3 Nr. 3 S. 1 GrEStG sei nur der Erwerb eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses von der Besteuerung ausgenommen. Der notariell beurkundete Vertrag vom 8.6.2017 regele aber zwei gesondert zu betrachtende Rechtsvorgänge. Mit § 2 des Vertrages sei zunächst eine Teilerbauseinandersetzung durch die Begründung von Bruchteilseigentum an dem Grundstück erfolgt. Auf diesen Vorgang finde § 3 Nr. 3 S. 1 GrEStG Anwendung. Der sodann unter § 3 der notariellen Urkunde vereinbarte Erwerb des Bruchteilseigentums durch die Klägerin unterliege seinerseits gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Die Befreiungsvorschrift nach § 3 Nr. 3 S. 1 GrEStG finde hierauf keine Anwendung mehr, da das Bruchteilseigentum an dem Grundstück nicht mehr zum Nachlass gehöre und die Übertragung des Bruchteilseigentums nicht mehr der Teilung des Nachlasses gedient habe. Dies gelte auch dann, wenn die Aufteilung in Bruchteilseigentum von vornherein nur eine Zwischenlösung habe sein sollen und bei beiden Rechtsvorgängen Personenidentität bestehe. Dass beide Rechtsvorgänge – Erbauseinandersetzung durch Begründung von Bruchteilseigentum und Erwerb von Bruchteilseigentum – in einem Vertrag vereinbart worden seien, sei nicht von Bedeutung. Es handele sich um zwei gesondert zu betrachtende Rechtsvorgänge. Auf das Urteil des BFH vom 21.11.1974 (II R 19/68) und das des FG Rheinland-Pfalz vom 16.4.2015 (4 K 1380/13) werde ergänzend hingewiesen.

Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, die Erbauseinandersetzung und die Übertragung des Miteigentumsanteils seien in einem einheitlichen Vertragswerk erfolgt. Aus dem notariellen Vertrag ergebe sich eindeutig die Absicht der Vertragsparteien, das Grundstück zur Teilung des Nachlasses auf sie, die Klägerin, zu übertragen. Das Grundstück habe auch zum Zeitpunkt der Übertragung des Miteigentumsanteils gemäß § 3 des Vertrages noch zum Nachlass gehört. Soweit der Beklagte auf das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 16.4.2015 (4 K 1380/13) verweise, betreffe dieser Fall einen anderen Sachverhalt. In dem dort entschiedenen Fall habe zwischen der Erbauseinandersetzung...

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