1. Bei einer Erbengemeinschaft und deren Auseinandersetzung können sich aus steuerrechtlicher Sicht vielschichtige Fragestellungen ergeben, die neben einer erbschaft- und ertragsteuerlichen insbesondere auch eine grunderwerbsteuerliche Dimension haben können. Die Erbauseinandersetzung in Bezug auf ein Grundstück erfüllt im Regelfall einen Grunderwerbsteuertatbestand und ist entsprechend grunderwerbsteuerbar. Häufig greift insoweit allerdings die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 3 GrEStG, deren Reichweite im Fokus der vorliegenden Entscheidung des 8. Senats des FG Münster stand.
2. Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, wird der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen der Erben (§§ 1922, 2032 BGB). Die Erben bilden kraft Gesetzes eine Erben- bzw. Gesamthandsgemeinschaft, deren Auflösung sie grundsätzlich jederzeit verlangen können (§ 2042 BGB). Der Regelfall ist die Auseinandersetzung durch Vertrag, sei es durch Aufhebung der Erbengemeinschaft insgesamt oder schrittweise durch Teilauseinandersetzungen. Wird ein solcher Vertrag in Bezug auf ein Grundstück geschlossen, in dem die Miterben vereinbaren, dass die gesamthänderische Bindung gelöst wird (z.B. durch Umwandlung in Allein- oder Bruchteilseigentum), handelt es sich um einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG grunderwerbsteuerbaren Rechtsvorgang. Gemäß § 3 Nr. 3 GrEStG ist der Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses allerdings von der Besteuerung ausgenommen. Diese Befreiungsvorschrift bezweckt, die Aufhebung einer Erbengemeinschaft – als eine ohnehin nicht auf Dauer angelegte Zufallsgemeinschaft – zu erleichtern (BFH, Urt. v. 15.12.1972 – II R 123/66, BStBl II 1973, 363; vgl. dazu auch Boruttau/Meßbacher-Hönsch, GrEStG, 19. Auflage 2018, § 3 Rn 276; Pahlke/Pahlke, GrEStG, 6. Aufl. 2018, § 3 Rn 170).
3. Im Besprechungsfall hatten die Klägerin und ihre Schwester als Miterben einen notariellen Vertrag in Bezug auf ein Nachlassgrundstück geschlossen: In einem ersten Vertragsteil vereinbarten die Schwestern die Aufhebung der Erbengemeinschaft und die Umwandlung des Gesamthandseigentums in Bruchteilseigentum. Sodann sollte die Klägerin nach Maßgabe eines zweiten Vertragsteils den hälftigen Grundstücksanteil ihrer Schwester für 31.500 EUR erwerben. Entgegen den vertraglichen Bestimmungen wurde die Klägerin unmittelbar, d.h. ohne den eigentlich im ersten Vertragsteil vorgesehenen Zwischenschritt der Umwandlung des Gesamthandseigentums in Bruchteilseigentum, als Alleineigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen. Das FA erkannte in dem Vertrag zwei grunderwerbsteuerbare Erwerbsvorgänge und lehnte die Anwendung des § 3 Nr. 3 GrEStG auf den zweiten Vertragsteil im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Steuerbefreiung durch den ersten Vertragsteil und die dort vorgesehene Übertragung des Grundstücks in Bruchteilseigentum bereits verbraucht sei.
4. Das FG Münster stellt zu Beginn seiner Entscheidungsgründe zunächst zutreffend darauf ab, dass vorliegend das Grundstück zivilrechtlich bis zur Eintragung der Eigentumsänderung im Grundbuch zum Nachlass gehörte, weil es bis dahin der gesamthänderischen Bindung der Miterben unterlag. Das "Zum-Nachlass-gehören" ist die Grundvoraussetzung für die Anwendung des § 3 Nr. 3 GrEStG. Insoweit besteht zum Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 16.4.2015 (4 K 1380/13), auf das sich das FA berufen hat, ein deutlicher und entscheidender Unterschied. Denn dort wurde zivilrechtlich Bruchteilseigentum begründet und dieses erst Jahre später übertragen.
5. Doch reicht auch nach Auffassung des FG allein das "Zum-Nachlass-gehören" des Grundstücks wohl nicht aus, wenn die Miterben in einem ersten Schritt aus der gesamthänderischen Mitberechtigung des Miterben eine Miteigentümergemeinschaft machen, also Miteigentum begründen wollen. Offensichtlich sieht das FG bereits die schuldrechtliche Verpflichtung zur Begründung von Miteigentum als maßgeblich dafür an, dass es zu einem "Verbrauch" der Befreiungsregelung in § 3 Nr. 3 GrEStG kommt. Auf die tatsächliche Begründung von Miteigentum käme es danach nicht mehr an, obwohl ohne die zivilrechtliche Begründung von Miteigentum das Grundstück aus der gesamthänderischen Bindung der Erben nicht entlassen ist und damit noch zum Nachlass gehört. Diese Sichtweise des FG ist nicht zwingend. Denn wenn in einem solchen Fall die Miterben, ohne dass oder bevor zivilrechtlich Miteigentum entstanden ist, die Miterbengemeinschaft auflösen und das Nachlassgrundstück auf einen Miterben übertragen, liegen zumindest dem Wortlaut nach die Voraussetzungen des § 3 Nr. 3 GrEStG für diesen Vorgang vor. Dieser Rechtsvorgang erfüllt alle Voraussetzungen für die Befreiung. Eine ganz andere Frage ist, ob der vorangegangene Rechtsvorgang, nämlich die Verpflichtung zur Bildung von Miteigentumsanteilen, der Steuer unterliegt oder steuerbefreit ist. Insoweit ist auch entscheidend, welchen Rechtsvorgang das FA mit seinem Bescheid erfassen will.
6. Die eigentliche Besonderheit des ...