Leitsatz
Wird in einem Erbvertrag die Person des Testamentsvollstreckers festgelegt und ernennt der Erblasser in einem späteren Testament eine andere Person zum Testamentsvollstrecker, kann darin im Einzelfall eine Beeinträchtigung des vertragsmäßig Bedachten liegen (§ 2289 Abs. 1 BGB). Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn nach dem Erbvertrag der vertragsmäßig Bedachte selbst Testamentsvollstrecker sein sollte.
Kammergericht, Urteil vom 23. November 2009 – 8 U 144/09
Sachverhalt
Die Beklagte ist die dritte Ehefrau eines Urenkels des letzten deutschen Kaisers. Sie bewohnt mit ihrem Ehemann ein Hausgrundstück, dessen Herausgabe der Kläger zu 1. verlangt hat und die Kläger zu 2. und 3. noch verlangen.
Das Landgericht hat die Beklagte mit dem am 3. Juni 2009 verkündeten Urteil, auf das insbesondere wegen der tatsächlichen Feststellungen verwiesen wird, zur Herausgabe des Grundstücks an die Kläger zu 2. und 3. verurteilt und im Übrigen die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ausgesprochen. Das Urteil ist der Beklagten am 9. Juni 2009 zugestellt worden. Hiergegen hat sie am 7. Juli 2009 Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung am 29. Juli 2009 begründet. Die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts werden wie folgt ergänzt:
Im Erbvertrag von 1938 heißt es u. a.:
Zitat
§ 5.
Zu Testamentsvollstreckern werden ernannt:
1. der jeweilige Erbe, sofern er das 28. Lebensjahr vollendet hat,
2. Prinz E F v P,
3. Generalmajor a. D. W v D,
4. Major a. D. O v M.
Falls die zu 2 bis 4 Genannten vor oder nach dem Erbfall wegfallen, treten an die Stelle:
a) des zu 2 Genannten: der Älteste der in § 2 als Nacherben berufenen Familienmitglieder aus dem Mannesstamm des Kronprinzen,
b) des zu 3 Genannten: sein jeweiliger Amtsnachfolger in der Generalverwaltung des vormals regierenden Preußischen Königshauses, und zwar während seiner Amtszeit,
c) des zu 4 Genannten: Rechtsanwalt H C v H.
Wenn für den zu 4 Genannten ein Ersatztestamentsvollstrecker nicht vorhanden ist, haben die jeweils vorhandenen Testamentsvollstrecker durch eine gemeinschaftliche öffentlich-beglaubigte Erklärung, die dem Nachlaßgericht einzureichen ist, den fehlenden Ersatztestamentsvollstrecker zu ernennen. Die Erklärung kann in der gleichen Weise widerrufen oder ersetzt werden. Falls eine Lücke entsteht, die nach den vorstehenden Bestimmungen nicht ausgefüllt werden kann, insbesondere wenn die Testamentsvollstrecker sich nicht einigen oder die gemeinschaftliche Erklärung nicht binnen Monatsfrist nach Aufforderung durch einen Testamentsvollstrecker eingereicht wird, wird das Nachlassgericht ersucht, nach Anhörung der Testamentsvollstrecker und des jeweiligen Erben einen Ersatz-Testamentsvollstrecker zu ernennen.
§ 6.
Die Testamentsvollstrecker üben ihr Amt gemeinschaftlich aus. Sie fassen ihre Beschlüsse, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach Stimmenmehrheit. Ist der Erbe Testamentsvollstrecker, so ist er Chef der Verwaltung, hat den Vorsitz und entscheidet bei Stimmengleichheit. (...)“
Im Testament des ehemaligen Kronprinzen Wilhelm von Preußen (des Erblassers) von 1950 heißt es u. a.
"6. In Abänderung des Paragraphen 5 des Erbvertrages von 1938 werden als Testamentsvollstrecker für die Ausführung des Erbvertrages von 1938 und dieser letztwilligen Verfügung ernannt: "
1). C H G v H, N H,
2). Dr. H J, Direktor der F B in Frankfurt a/Main,
3). Rechtsanwalt Fv S, W.
Zu Ersatztestamentsvollstreckern ernenne ich:
für den Testamentsvollstrecker zu 1):
K v S, J,
für den Testamentsvollstrecker zu 2.):
Herrn O M, W-H P, H,
für den Testamentsvollstrecker zu 3.):
Rechtsanwalt R G v d G D.
Sind ein oder mehrere Testamentsvollstrecker oder Ersatztestamentsvollstrecker fortgefallen oder erfolgt dies während der Dauer der Testamentsvollstreckerschaft, so soll der Präsident des Deutschen Bundesgerichts auf Vorschlag der noch vorhandenen Testamentsvollstrecker Ersatztestamentsvollstrecker ernennen.
S C bei Potsdam diente bis zur Enteignung durch die sowjetische Besatzungsmacht 1945 dem Erblasser, seiner Ehefrau und ihren Kindern und Enkelkindern als Wohnsitz. Der Vorerbe Dr. L F P v P, Vater des Ehemanns der Beklagten, erwarb das streitgegenständliche Grundstück 1961 aus Mitteln des Nachlasses mit Genehmigung der damals nach dem Testament amtierenden Testamentsvollstrecker und ließ es mit dem "H M" bebauen. Mit notariell beglaubigtem Schreiben vom 28. Mai 1975 bestimmte der Präsident des Bundesgerichtshofs gegenüber dem Amtsgericht Hechingen den Kläger zu 2. zum Ersatztestamentsvollstrecker. Das Landgericht Berlin verurteilte den Ehemann der Beklagten am 13. August 2004 (29 O 543/03) zur Herausgabe an die klagenden Testamentsvollstrecker. Mit notariell beglaubigtem Schreiben vom 30. November 2004 bestimmte der Präsident des Bundesgerichtshofs gegenüber dem Amtsgericht Hechingen den Kläger zu 1. zum Ersatztestamentsvollstrecker. (...)
Aus den Gründen
Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung ist auch begründet (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). (...) Die von ...