I.

Am XX.XX.2020 verstarb die zuletzt in Ort1 sich aufhaltende Erblasserin. Sie hinterließ keine letztwillige Verfügung. Zunächst in Betracht kommende gesetzliche Erben schlugen mit notarieller Urkunde vom 7.4.2020 die Erbschaft aus. Daraufhin ordnete das Nachlassgericht auf Antrag der Vermieterin der Erblasserin Nachlasspflegschaft an und bestellte den Beteiligten zu 1) mit Beschluss vom 15.4.2020 zum Nachlasspfleger.

In der Folge erstattete der Beteiligte zu 1) verschiedene Sachstandsberichte, hinsichtlich deren Inhalts auf Bl. 27 ff. d. A. verwiesen wird. Mit Schreiben vom 6.1.2021 wandte sich die Bank1 Stadt1 an das Nachlassgericht und teilte mit, dass der Beteiligte zu 1) die Auflösung zweier Konten der Erblasserin begehrt habe, hierzu aber keinen rechtskräftigen Beschluss des Nachlassgerichts vorgelegt habe (Bl. 71 d. A.). Das Nachlassgericht forderte den Beteiligten zu 1) mehrfach vergeblich zur Stellungnahme auf und drohte schließlich mit Schreiben vom 22.3.2021 die Entlassung des Beteiligten zu 1) aus dem Amt des Nachlasspflegers an, da durch sein Verhalten das Verfahren unnötig in die Länge gezogen werde.

Nachdem erneut keine Reaktion des Beteiligten zu 1) erfolgte, hat das Gericht mit dem angefochtenen Beschluss den Beteiligten zu 1) aus dem Amt des Nachlasspflegers entlassen und gleichzeitig den Beteiligten zu 2) zum neuen Nachlasspfleger bestellt, der in der Folge das Amt angenommen hat.

Gegen den ihm am 13.5.2021 zugestellten Beschluss hat der Beteiligte zu 1) mit am 7.6.2021 beim Nachlassgericht eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und zur Begründung vornehmlich vorgetragen, er habe bereits am 9.4.2021 einen Schlussbericht mit Schlussabrechnung zur Akte gereicht. Zudem sei die Entlassung stets das letzte Mittel.

Das Nachlassgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen, sondern das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt und dabei maßgeblich darauf hingewiesen, dass kein Schlussbericht zur Akte gelangt sei und im Übrigen ein solcher auch nicht vor Schließung sämtlicher Konten möglich sei. Mildere Mittel als die Entlassung hätten keinen Erfolg gezeitigt, da bereits die Androhung der Entlassung zu keiner Verhaltensänderung des Beteiligten zu 1) geführt habe.

Der Senat hat dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme eingeräumt, woraufhin der Beschwerdeführer ergänzend vorgetragen und insbesondere seinen Schlussbericht vom 9.4.2021 zur Akte gereicht hat.

II.

Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Das Nachlassgericht hat zu Unrecht den Beschwerdeführer aus dem Amt des Nachlasspflegers entlassen, was zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses in seiner Gesamtheit führt.

1. Die gemäß § 58 FamFG statthafte Beschwerde ist zulässig und insbesondere fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses beim Nachlassgericht eingegangen, § 63 FamFG. Zudem ist der Beteiligten zu 1) als Nachlasspfleger gegen seine Entlassung beschwerdebefugt (vgl. OLG Oldenburg FGPrax 1998, 108; Palandt/Weidlich, BGB, 2021, § 1960 Rn 19). Die bereits erfolgte Bestellung des Beteiligten zu 2) steht der Zulässigkeit der Beschwerde schon deshalb nicht entgegen, weil die zeitgleiche Tätigkeit mehrerer Nachlasspfleger möglich ist (vgl. bspw. OLG Oldenburg, Beschl. v. 25.2.1998 – 5 W 263/97).

2. In der Sache hat das Rechtsmittel ebenfalls Erfolg.

a) Unter den Voraussetzungen des § 1886 i.V.m. §§ 1962, 1915 BGB kann ein Nachlasspfleger entlassen werden. Eine Entlassung aufgrund dieser Vorschrift ist jedoch – abgesehen von den Untauglichkeitsfällen gemäß § 1781 BGB – nur dann zulässig, wenn die Fortführung des Amtes das Interesse der vom Nachlasspfleger vertretenen Erben gefährden würde, wobei eine objektive Gefährdung ausreicht; dem steht nicht entgegen, dass § 1886 BGB auch von pflichtwidrigem, im Zweifel also schuldhaftem Verhalten spricht, denn damit ist nur einer der möglichen Entlassungsgründe hervorgehoben (zu allem vgl. BayObLG vom 10.3.1983 – 1 Z 40/82, juris Rn 22; BeckOK-BGB/Hau/Poseck, Stand 1.5.2021, § 1960 Rn 8). Die Entlassung kommt aber nur dann in Betracht, wenn weniger einschneidende Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder objektiv im konkreten Fall nicht ausreichend erscheinen (vgl. BayObLG vom 10.3.1983 – 1 Z 40/82, juris; OLG Oldenburg FG Prax 1998, 108; Palandt/Weidlich, BGB, 2021, § 1960 Rn 19).

b) Gemessen an vorstehenden Grundsätzen erfolgte die Entlassung des Beteiligten zu 1) zu Unrecht. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Umstand, dass der Abschlussbericht des Beschwerdeführers vom 9.4.2021 erst im Beschwerdeverfahren zu den Akten gelangt ist, auf ein Versehen des Beteiligten zu 1) oder auf ein Versehen des Nachlassgerichts zurückzuführen ist, wobei im zweiten Fall es bereits an einem möglichen, vom Nachlasspfleger gesetzten Entlassungsgrund fehlen würde. Denn jedenfalls war die Entlassung nicht geboten, um eine Gefährdung der Interessen der vom Nachlasspfleger vertretenen Erben abzuwenden.

Dies folgt schon daraus, dass in ...

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