Leitsatz
1. Gem. § 2227 BGB kann das Nachlassgericht den Testamentsvollstrecker auf Antrag eines der Beteiligten entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere eine grobe Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Ob ein wichtiger Grund in diesem Sinne vorliegt, beurteilt sich nach den jeweiligen Umständen des konkreten Einzelfalles.
2. Zwar ist der Testamentsvollstrecker gem. § 2215 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Erben unverzüglich nach Annahme des Amts ein Verzeichnis der seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände und der ihm bekannten Nachlassverbindlichkeiten mitzuteilen. Das bedeutet indes nicht, dass das Nachlassverzeichnis innerhalb weniger Wochen nach Amtsübernahme vorliegen muss. Die dem Testamentsvollstrecker zuzubilligende Zeitspanne hängt von den konkreten Umständen des Falls, insbesondere vom Umfang und von der Komplexität des Sachverhalts sowie den vorhandenen Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Nachlassmasse, ab und im Einzelfall kann selbst ein Zeitraum von zwei Jahren unbedenklich sein.
3. Sachliche Fehler im Nachlassverzeichnis führen nicht als solche und ohne Weiteres zur Entlassung des Testamentsvollstreckers. Nur dann, wenn die Fehler Ausdruck einer grob nachlässigen oder gar böswillig fehlerhaften Amtsführung sind, stellen sie einen wichtigen Grund zur Amtsenthebung dar. In allen anderen Fällen begründen sie nur die Verpflichtung des Testamentsvollstreckers, die vorhandenen Fehler alsbald zu berichtigen
AG Duisburg, Beschl. v. 4.4.2022 – 12 VI 246/21
1 Gründe
I.
Die am 3.5.2021 verstorbene Erblasserin hat unter dem 26.11.2020 ein eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament verfasst, in dem es u.a. heißt:
Zitat
"Zu meinen Erben mache ich die Enkel meines verstorbenen Mannes …"
Das Erbe soll ihnen jeweils am 27. Geburtstag übergeben werden.
Meine Firmenanteile an der … GmbH erhält … .
Er soll auch Testamentsvollstrecker sein, die ich hiermit anordne. Die Testamentsvollstreckung endet am 27. Geburtstag des jüngsten Enkels.“
Der Ehemann der Erblasserin ist vorverstorben am 29.3.2017. Er hatte aus erster Ehe eine Tochter, … , die Mutter der von der Erblasserin benannten Erben. Die Erblasserin selbst hatte keine Kinder. Geschwister der Erblasserin sind unbekannt. Zum Nachlass gehören u.a. das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück … sowie Geschäftsanteile (100 %) an der … und Geschäftsanteile (50 %) an der … GmbH, deren Mitgesellschafter … ist.
Mit Schreiben vom 10.6.2021 hat … erklärt, das Amt des Testamentsvollstreckers anzunehmen. Mit anwaltlichem Schreiben der Antragsteller vom 28.7.2021 wurde der Testamentsvollstrecker unter Fristsetzung bis zum 30.7.2021 (16:00 Uhr) zur Erstellung eines amtlichen Nachlassverzeichnisses aufgefordert. Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.8.2021 wandte sich der Testamentsvollstrecker an das Nachlassgericht zwecks der amtlichen Nachlassaufnahme.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.7.2021 begehrten die Antragsteller, … aus dem Amt des Testamentsvollstreckers zu entlassen und einen (Ersatz-)Testamentsvollstrecker zu ernennen.
Der Testamentsvollstrecker beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 24.8.2021 ließ der Testamentsvollstrecker ein Nachlassverzeichnis überreichen. Der Testamentsvollstrecker gab am 26.7.2021 ein Gutachten in Auftrag über den Verkehrswert des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks, … , das der Sachverständige … unter dem 28.9.2021 vorlegte. Er gab zudem am 12.8.2021 ein Wertermittlungsgutachten über den Hausrat in Auftrag, das das Sachverständigenbüro … unter dem 29.9.2021 erstellte. Die Gutachten wurden mit Schriftsatz vom 12.11.2021 vorgelegt. Ergänzender Vortrag zu dem Nachlassverzeichnis erfolgte u.a. mit Schriftsätzen vom 12.11.2021 und 2.12.2021.
Die Antragsteller sind der Ansicht, dass ein wichtiger Grund für eine Entlassung gem. § 2227 BGB vorliege. Der Testamentsvollstrecker komme seinen Pflichten und einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung nicht nach. Der Testamentsvollstrecker habe nicht unverzüglich nach Dienstantritt ein Nachlassverzeichnis vorgelegt. Eine ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses sei nicht gegeben. Eine Kommunikation zwischen dem Testamentsvollstrecker und den Erben erfolge nicht.
II.
Der Antrag der im Testament der Erblasserin vom 26.11.2020 bezeichneten Erben, … aus dem Amt des Testamentsvollstreckers zu entlassen und einen (Ersatz-)Testamentsvollstrecker zu ernennen, ist unbegründet.
Das Nachlassgericht kann gem. § 2227 BGB den Testamentsvollstrecker auf Antrag eines der Beteiligten entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, wobei ein solcher Grund insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung ist.
Ein wichtiger Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers liegt demnach vor, wenn unter Berücksichtigung der dem Testamentsvollstrecker gestellten Aufgabe und der persönlichen Verhältnisse des Testamentsvollstreckers zu besorgen ist, dass das weitere Verbleiben im Am...