Daragan/Halaczinsky/Riedel (Hrsg.)
zerb verlag, 1. Auflage 2010, 1.424 Seiten gebunden, 128 EUR
Ein Werk, mehrfacher Nutzen.
Herausgeber und Autoren dieses Werkes hatten es nicht leicht. Einerseits kündigte der Gesetzgeber nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen die "Reform der Reform" an und hatte der Erlassgeber weder die angekündigten Zeitvorgaben eingehalten noch für die erhofften Klarstellungen gesorgt, andererseits erwartet der Markt eine aktuelle Kommentierung. In diesem schwierigen Umfeld ist es den Kommentatoren gelungen, ein Werk herauszubringen, das dem Leser mehrfachen Nutzen bringt.
Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Aktualität. Die fünf gleichlautenden Erlasse der Länder wurden vollständig eingearbeitet. Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.2009 ist in der Form berücksichtigt, dass die – nicht zahlreichen – hierdurch geänderten Passagen durch graue Hinterlegung hervorgehoben sind, wodurch der Nutzer veranlasst wird, in den vorangestellten Anmerkungen zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz nachzuschauen, welche konkrete Änderung sich ergeben hat. Abgesehen von der Veränderung des Kapitalisierungsfaktors nach § 203 BewG infolge der Mitteilung des für 2010 maßgeblichen Zinssatzes von 3,98 % (BMF-Schreiben vom 5.1.2010, ZEV 2010, Heft 1, S. X), der in diesem Jahr zu einem Faktor von 11, 79 führt, ist der Kommentar damit auf dem aktuellen Stand.
Bei den Kommentatoren handelt es sich durchweg um ausgewiesene Praktiker des Erb-, Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts, die sich erkennbar die Bearbeitung der einzelnen Normen nach ihren persönlichen Schwerpunkten aufgeteilt haben. Hierdurch wird die notwendige Verknüpfung zwischen materiellem Recht und Steuerrecht gewährleistet, die gerade der Praktiker für seine tägliche Arbeit braucht.
Unabdingbar sind die Regelungen des Bewertungsrechts und diejenigen des ErbStG in einer Gesamtschau zu betrachten. Denn abgesehen von den Fällen der vollständigen Steuerbefreiung (§§ 5, 13 ErbStG) fließen die sich nach dem BewG auf der ersten Ebene ermittelten Werte in die Ebene der Ermittlung der Bemessungsgrundlage ein. Weiterhin besteht eine Wechselwirkung zwischen Unternehmensbewertung und der Höhe des schädlichen Verwaltungsvermögens (§ 13 b Abs. 2 ErbStG), die nicht selten dazu führen wird, einen höheren Unternehmenswert zu akzeptieren, um die Begünstigungen nicht durch Überschreiten der Verwaltungsvermögensschwelle zu gefährden. Der Notwendigkeit der Gesamtschau entspricht das Werk durch die Kommentierung nicht nur des ErbStG, sondern damit vernetzt des BewG.
Bei der Kommentierung des BewG springt der von Riedel bearbeitete Anhang zu § 11 Abs. 2 BewG über die "Grundsätze und Methoden der Unternehmensbewertung aus betriebswirtschaftlicher Sicht" äußerst positiv ins Auge, wird dort doch eine Zusammenfassung der theoretischen Grundlagen und praktischen Konzepte der verschiedenen Methoden der Unternehmensbewertung unter Einschluss insbesondere von IDW S1 gegeben.
Vollkommen zu Recht verbindet Riedel diese höchst gelungene Darstellung mit seiner Kritik an dem von der Finanzverwaltung favorisierten (A 19, Abs. 3 S. 2, gleichlautende Erlasse vom 25.6.2009, Anwendung der §§ 11, 95 bis 109 und 199 ff BewG) vereinfachten Ertragswertverfahren nach den §§ 199 ff BewG. Die unterschiedlichen Ergebnisse der Unternehmensbewertung nach IDW S1 und dem vereinfachten Ertragswertverfahren werden zu den künftigen Hauptstreitpunkten zwischen den Beratern des Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung zählen. Mit den von Riedel angeführten Kritikpunkten (vgl. etwa § 201 BewG Rn 1, 2; § 203 BewG Rn 8) wird sich insbesondere die Auffassung auseinanderzusetzen haben, die das vereinfachte Ertragswertverfahren nicht nur als Regelverfahren ansieht, sondern davon ausgeht, eine alternative Bewertung sei nur zulässig, wenn die Wertabweichungen offensichtlich, das heißt so gravierend seien, dass sich das Ergebnis ohne Weiteres als unzutreffend darstellt (so Viskorf, ZEV 2009, 591, 595/596). Auf die Problematik, die sich aus der beruflichen Stellung des Vertreters dieser Auffassung ergibt, soll im Rahmen dieser Besprechung nicht eingegangen werden.
Die Bearbeitungen zahlreicher Paragrafen werden meist durch die Beantwortung von Verfahrensfragen, Tipps zur Prozessführung und Gestaltungshinweisen abgerundet. Sofern der Leser nicht bereits daraus die Lösung des ihn beschäftigenden Problems ziehen kann, erhält er Anregungen dafür, wo sie liegen könnte.
Die bei Juristen häufig zu beobachtende Scheu des – im Steuerrecht nun einmal notwendigen – Umgangs mit Zahlen nimmt der Kommentar durch zahlreiche Berechnungsbeispiele, anhand derer der Inhalt von Gesetz- und Verwaltungsanweisungen nachvollzogen werden kann.
Einzelfragen zur Entstehung der Steuer bei Schenkungen werden – einem bewährten Konzept folgend (vgl. z. B. Schmidt/Heinicke, EStG 28. Auflage, § 3) – in einem "ABC" behandelt (§ 9 ErbStG Rn. 52 ff).
Hervorzuheben ist schließlich das äußerst detaillierte Stichwortverzeichnis (S. 1327 bis 1403!), das ...