Leitsatz
1. Der Erbscheinsantrag kann nicht mit prozessualer Bindungswirkung für das Nachlassgericht auf einen konkreten Berufungsgrund beschränkt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Erbschaft ohne Rücksicht auf den Berufungsgrund von allen Erben angenommen wurde bzw. von keinem mehr ausgeschlagen werden kann.
2. Der Berufungsgrund ist bis auf den Ausnahmefall der mehrfachen Berufung nicht in den Erbschein aufzunehmen.
3. Der gesetzliche Inhalt des Erbscheins ist strikt dahin begrenzt, dass er das Erbrecht des berufenen Erben und etwaige Einschränkungen desselben zu bezeugen hat. Den Beteiligten steht kein Recht zu, eine Ergänzung des Erbscheins zu fordern, die über den gesetzlichen Rahmen des Erbscheins hinausgeht und an dessen Rechtswirkungen nicht Teil hat.
4. Das Erbscheinsverfahren dient nicht dazu, die Auseinandersetzung zwischen den Miterben zu regeln.
OLG Bamberg, Beschl. v. 23.12.2021 – 2 W 5/21
1 Gründe
I.
Die Erblasserin ist die Mutter der Beteiligten zu 1) bis 3). Sie verstarb am … 2020. Ihr Ehemann, der Vater der Beteiligten zu 1) bis 3), ist … 2016 vorverstorben.
1. Am 27.7.2020 hat das Amtsgericht – Nachlassgericht – ein durch den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 3) geöffnet abgeliefertes eigenhändiges, mit dem Namen der Erblasserin unterschriebenes Testament eröffnet. In diesem heißt es:
Zitat
Ich … , geb. am … bestimme:
1) Mein Sohn … (E1) hat das Anwesen in … u. die … str. erhalten.
2. Tochter … (E2) hat die Anteile an der … str. erhalten, sowie das Grundstück … und die … str.
3. Tochter … (E3) soll das Anwesen … str. 39a zur Gänze erhalten; schuldenfrei + schuldenfrei. … (E3) soll auch nicht mit Samdschulden belastet werden.
4. Der Rest soll zu gleichen Teilen an die 3 Kinder aufgeteilt werden!
… , den 6.3.16
Unterschrift Erblasserin
Weitere letztwillige Verfügungen der Erblasser existieren nicht. Die Beteiligten zu 1) bis 3) streiten mit hinsichtlich des Berufungsgrundes widerstreitenden Erbscheinsanträgen um die Frage, ob sie aufgrund Unwirksamkeit des Testaments vom 6.3.2016 jeweils zu 1/3 als gesetzliche Erben nach der Erblasserin berufen sind oder ob sich diese Erbquote aus gewillkürter Erbfolge aufgrund des Testaments vom 6.3.2016 ergibt.
Die Beteiligten zu 1) und 2) haben erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass die Erblasserin im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments testierunfähig gewesen sei. Sie habe sich in einem psychischen Ausnahmezustand kurz nach dem Versterben ihres Ehemanns befunden, der auch durch die anschließende Aufnahme in eine Akut-Fachklinik für Psychosomatik belegt sei. Ferner würden auch Inhalt und äußere Form des Testaments darauf hinweisen, dass die Erblasserin bei der Errichtung dessen Inhalt nicht zutreffend erfasst habe. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben aus diesem Grund die Anfechtung des Testaments erklärt, da die von der Erblasserin stets angestrebte gleichmäßige Begünstigung der Kinder durch das zugunsten der Beteiligten zu 3) in dem Testament errichtete Vorausvermächtnis nicht erreicht werde. Sie haben daher mit Schriftsatz vom 5.10.2020 (Bl. 35 d.A.) beantragt, einen gemeinschaftlichen Erbschein entsprechend der gesetzlichen Erbfolge zu erteilen, in dem die Beteiligten zu 1) bis 3) als Miterben zu einem Drittel ausgewiesen werden.
Die Beteiligte zu 3) hat mit Schriftsatz vom 30.10.2020 (Bl. 52 d.A.) beantragt, einen gemeinschaftlichen Erbschein nach gewillkürter Erbfolge aufgrund des Testaments vom 6.3.2016 zu erteilen, der die Beteiligten zu 1) bis 3) ebenfalls als Miterben zu einem Drittel ausweist. Sie hat sich gegen die Annahme von Testierfähigkeit der Erblasserin bei Errichtung des Testaments gewendet. Ein Anfechtungsgrund bestehe ihrer Auffassung nach bereits deshalb nicht, weil die Beteiligten zu 1) und 2) in der Vergangenheit erhebliche Zuwendungen erhalten hätten, sodass sich bereits keine relevante Mehrbegünstigung der Beteiligten zu 3) durch das angeordnete Vorausvermächtnis ergebe.
2. Das Amtsgericht – Nachlassgericht – Forchheim hat mit Beschl. v. 28.12.2020 die zur Begründung des Erbscheinsantrags der Beteiligten zu 3) erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet und den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) und 2) zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass in der Gesamtschau der vorliegenden ärztlichen Atteste sowie von Inhalt und Form des Testaments keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit der Erblasserin vorlägen. An der eigenhändigen Abfassung und Unterzeichnung des Testaments durch die Erblasserin bestünden keine Zweifel. Es sei ferner weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Erblasserin zur Abgabe ihrer letztwilligen Erklärung durch Drohung oder Irrtum bestimmt worden sei, sodass eine Anfechtung gem. § 2078 BGB ausscheide. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Beschlusses Bezug genommen.
3. Gegen diese ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 4.1.2021 zugestellte Entscheidung wenden sich die Beteiligten zu 1) und 2) mit ihrer am 2...