Leitsatz
1. Handlungen, die ein Bevollmächtigter unter Ausnutzung der Generalvollmacht zur Verwaltung oder Auseinandersetzung des Nachlasses vornimmt, können im Rahmen des § 2227 BGB berücksichtigt werden. Eine grobe Pflichtverletzung bei der Verwaltung oder Auseinandersetzung des Nachlasses ist nicht deshalb weniger schwerwiegend, weil der Testamentsvollstrecker zugleich Generalbevollmächtigter ist.
2. Enthält eine Generalvollmacht Vorgaben zur Nachlassverwaltung oder Nachlassauseinandersetzung, muss die Einhaltung dieser Vorgaben bei der Beurteilung möglicher Entlassungsgründe des Testamentsvollstreckers mit einbezogen werden.
3. Misstrauen in die ordnungsgemäße Amtsführung des Testamentsvollstreckers können durch die Reklamation von haltlosen Forderungen oder pauschal abgerechneten unbegründet hohen Testamentsvollstreckerleistungen erfolgen.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.8.2022 – 3 Wx 71/22
1 Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1. ist aufgrund gemeinschaftlichen Testaments vom 19.7.1991 (…) zur Testamentsvollstreckerin nach dem Tod ihres vorverstorbenen Ehemannes berufen. In der letztwilligen Verfügung der Eheleute heißt es dazu:
Zitat
5. Abwicklungstestamentsvollstreckung
Der Zuerstversterbende von uns ordnet für seinen Nachlass Testamentsvollstreckung an und bestimmt den überlebenden Ehegatten zu seinem Testamentsvollstrecker. Der Testamentsvollstrecker hat den Nachlass abzuwickeln und die Vermächtnisse zu erfüllen. Er ist berechtigt, den Nachlass unter den Erben nach seinem billigen Ermessen zu teilen. Dem Testamentsvollstrecker stehen alle Rechte und Befreiungen zu, die nach dem Gesetz zulässig sind. Insbesondere ist er in der Eingehung von Verbindlichkeiten für den Nachlass nicht beschränkt und vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit.
Die Beteiligte zu 1. hat das Amt der Testamentsvollstreckerin mit notarieller Urkunde vom 17.1.2019, beim Nachlassgericht eingegangen am 23.1.2019, angenommen (…); ihr ist am 12.11.2019 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt worden (…).
Der Beteiligten zu 1. (und den Beteiligten zu 2. und zu 3.) ist darüber hinaus vom Erblasser durch notarielle Urkunde vom 16.2.2018 (…) Generalvollmacht in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten und über den Tod des Vollmachtgebers hinaus eingeräumt worden. In der Notarurkunde ist klargestellt, dass die Vollmacht im Innenverhältnis nur verwendet werden soll, wenn der Erblasser aufgrund einer körperlichen oder psychischen Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen oder wenn er den Bevollmächtigten ausdrücklich beauftragt.
Die Beteiligten zu 2. bis zu 5. sind die ehelichen Abkömmlinge der Eheleute. Sie sind neben der Beteiligten zu 1., auf die eine hälftige Erbquote entfällt, testamentarisch zu jeweils ⅛ als Erben des Erblassers eingesetzt. Ein gemeinschaftlicher Erbschein mit diesem Inhalt ist am 12.11.2019 erteilt worden (…).
Soweit vorliegend von Interesse, enthält das gemeinschaftliche Testament außerdem die folgenden Bestimmungen:
Zitat
2. Vorausvermächtnis zugunsten des überlebenden Ehegatten
Der Zuerstversterbende von uns wendet dem Überlebenden im Wege des Vorausvermächtnisses zu:
a) das von uns beim Erbfall bewohnte Wohnhaus oder die in diesem Zeitpunkt von uns bewohnte Eigentumswohnung, soweit diese Immobilie dem Zuerstversterbenden von uns gehört,
b) …
…
4. Übernahmerecht für den überlebenden Ehegatten
Der überlebende Ehegatte ist nach seinem freien Ermessen berechtigt, jederzeit den Nachlass oder einzelne Nachlassgegenstände in sein Alleineigentum gegen Vergütung des Verkehrswertes der übernommenen Vermögenswerte zu übernehmen. Kommt eine Einigung über den Verkehrswert nicht zustande, so wird dieser ermittelt
a) bei Immobilien
von dem örtlich zuständigen Gutachterausschuss nach dem Baugesetzbuch
b) bei anderen Gegenständen
von einem Sachverständigen, der auf Antrag eines Erben von der Industrie- und Handelskammer Düsseldorf bestimmt wird.
Nutzen, Lasten und Gefahren für die übernommenen Gegenstände gehen mit der Ausübung des Übernahmerechts auf den überlebenden Ehegatten über. Der Übernahmepreis ist innerhalb von drei Monaten nach diesem Zeitpunkt in den Nachlass zu zahlen, und zwar ohne Verzinsung bis dahin, soweit keine Verrechnung im Rahmen einer ganzen oder teilweisen Erbauseinandersetzung erfolgt.
Mit Schreiben vom 24.6.2020 hat die Beteiligte zu 5. die Entlassung der Beteiligten zu 1. als Testamentsvollstreckerin beantragt. Sie meint, diese sei aus gesundheitlichen Gründen zur Ausübung des Amts nicht mehr in der Lage und habe überdies in mehrfacher Hinsicht ihre Pflichten als Testamentsvollstreckerin verletzt. Zu Unrecht habe die Beteiligte zu 1. in ihrer Eigenschaft als Testamentsvollstreckerin das Hausgrundstück "K. in D …" als Vorausvermächtnis in Anspruch genommen und den auf den Erblasser entfallenden Miteigentumsanteil mit notariellem Vertrag vom 17.1.2019 (…) auf sich selbst übertragen. Bei Eintritt des Erbfalls im Dezember 2018 habe es sich nicht mehr um das vom Erblasser und...