Über die Nachlasssachen, insbesondere über die Erteilung eines Erbscheins, wird im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit entschieden. Insoweit sind bislang primär die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) vom 17.5.1898 maßgeblich. Daneben sind noch die Vorschriften des Rechtspflegergesetzes (RPflG), des Beurkundungsgesetzes, der Kostenordnung, der Zivilprozessordnung und die §§ 2353 ff BGB zu beachten.
Das Bundesministerium der Justiz hatte im Juni 2005 einen Referentenentwurf für ein FGG-Reformgesetz vorgelegt. Auf der Grundlage eines entsprechenden Regierungsentwurfes hat der Bundestag das Gesetz zwischenzeitlich beschlossen. Nachdem der Bundesrat am 19.9.2008 zugestimmt hat, wird das neue "Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit" (FamFG) am 1.9.2009 in Kraft treten. Das Nachlassverfahren wird speziell im 4. Buch in den §§ 342 ff FamFG neu geregelt. Im Übrigen sind auch die Vorschriften des Allgemeinen Teils im 1. Buch, §§ 1–110 FamFG, zu beachten.
Die wichtigsten Änderungen:
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In § 342 FamFG werden erstmals die einzelnen Nachlass- und Teilungssachen, für die das FamFG-Verfahren Anwendung findet, aufgezählt. |
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§ 352 FamFG definiert den Begriff der Beteiligten in den Nachlassverfahren. |
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Das Verfahren der amtlichen Verwahrung letztwilliger Verfügungen wurde vom BGB in das FamFG übernommen; dabei wurde auch eine gesetzliche Grundlage für die Mitteilungspflichten der beteiligten Behörden geschaffen, §§ 346 ff FamFG. |
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Die Zuständigkeitsregeln für die Entgegennahme der Ausschlagungserklärung wurden geändert. |
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Über Erbscheinsanträge wird künftig durch einen Feststellungsbeschluss entschieden, § 352 Abs. 1 FamFG. |
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Bei widersprechenden Anträgen oder Einwendungen gegen einen Erbscheinsantrag wird die sofortige Wirksamkeit dieses Beschlusses ausgesetzt; eines Vorbescheides bedarf es insoweit nicht mehr. |
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Die Teilungssachen wurden weitgehend unverändert vom FGG in das FamFG übernommen. |
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Das Rechtsmittelsystem wurde geändert (befristete Beschwerde, §§ 58 ff FamFG, und Rechtsbeschwerde, §§ 70 ff FamFG). |
Die nachfolgende Synopse soll die Einarbeitung in das neue Verfahrensrecht erleichtern.
§ 342 FamFG – Begriffsbestimmung (1) Nachlasssachen sind Verfahren, die 1. die besondere amtliche Verwahrung von Verfügungen von Todes wegen, 2. die Sicherung des Nachlasses einschließlich Nachlasspflegschaften, 3. die Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen, 4. die Ermittlung der Erben, 5. die Entgegennahme von Erklärungen, die nach gesetzlicher Vorschrift dem Nachlassgericht gegenüber abzugeben sind, 6. Erbscheine, Testamentsvollstreckerzeugnisse und sonstige vom Nachlassgericht zu erteilende Zeugnisse, 7. die Testamentsvollstreckung, 8. die Nachlassverwaltung sowie 9. sonstige den Nachlassgerichten durch Gesetz zugewiesene Aufgaben betreffen. (2) Teilungssachen sind 1. die Aufgaben, die Gerichte nach diesem Buch bei der Auseinandersetzung eines Nachlasses und des Gesamtguts zu erledigen haben, nachdem eine eheliche, lebenspartnerschaftliche oder fortgesetzte Gütergemeinschaft beendet wurde, und 2. Verfahren betreffend Zeugnisse über die Auseinandersetzung des Gesamtguts einer ehelichen, lebenspartnerschaftlichen oder fortgesetzten Gütergemeinschaft nach den §§ 36 und 37 der Grundbuchordnung sowie nach den §§ 42 und 74 der Schiffsregisterordnung. |
Bislang keine entsprechende Regelung |
§ 343 FamFG Örtliche Zuständigkeit (1) Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Wohnsitz, den der Erblasser zurzeit des Erbfalls hatte; fehlt ein inländischer Wohnsitz, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser zurzeit des Erbfalls seinen Aufenthalt hatte. (2) Ist der Erblasser Deutscher und hatte er zurzeit des Erbfalls im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt, ist das Amtsgericht in Berlin-Schöneberg zuständig. Es kann die Sache aus wichtigen Gründen an ein anderes Gericht verweisen. (3) Ist der Erblasser ein Ausländer und hatte er zurzeit des Erbfalls im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt, ist jedes Gericht, in dessen Bezirk sich Nachlassgegenstände befinden, für alle Nachlassgegenstände zuständig. |
§ 73 FGG (1) Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Wohnsitz, den der Erblasser zurzeit des Erbfalls hatte; in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser zurzeit des Erbfalls seinen Aufenthalt hatte. (2) Ist der Erblasser Deutscher und hatte er zurzeit des Erbfalls im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin-Schöneberg zuständig. Es kann die Sache aus wichtigen Gründen an ein anderes Gericht abgeben; die Abgabeverfügung ist für dieses Gericht bindend. (3) Ist der Erblasser ein Ausländer und hatte er zurzeit des Erbfalls im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so ist jedes Gericht, in dessen Bezirk sich Nachlassgegenstände befinden, in Ansehung aller im Inland befindlichen Nachlassgegenstände zuständig. Di... |