1. Unabhängig davon, ob und inwieweit das Schenkungsteuerrecht an das Zivilrecht gebunden ist, in einem Punkt sind sich beide einig: Beide sagen, dass ein Austauschgeschäft nur dann ein Element der Schenkung oder der freigebigen Zuwendung enthalten kann, wenn eine objektive Wertdifferenz zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Damit eine Schenkung i.S.v. § 516 BGB vorliegt, müssen sich die Parteien zudem darüber einig sein, dass der eine dem anderen die Wertdifferenz unentgeltlich gibt. Für die Annahme einer freigebigen Zuwendung i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG genügt es, dass der Zuwendende das Bewusstsein über den Mehrwert seiner Leistung hat (BFH v. 5.7.2018 – II B 122/17, BStBl II 2018, 660, Rn 13 m.w.N.). Die Wertdifferenz bekannt sein muss also immer. Sonst kann es weder eine Einigung über die teilweise Unentgeltlichkeit noch einen Willen zur teilweisen Freigebigkeit geben.
2. Welche objektiven oder genauer gesagt objektivierbaren Werte werden nun verglichen? Das Schenkungsrecht sucht die Verkehrswerte oder Marktwerte von Leistung und Gegenleistung. Das Schenkungsteuerrecht sucht ihre gemeinen Werte. Beide suchen dasselbe, nennen es nur anders. Beide sind sich auch darin einig, dass der gesuchte Wert nicht mit mathematischer Genauigkeit berechnet, sondern nur mit hinreichender Genauigkeit geschätzt werden kann. Worin sie sich hingegen unterscheiden, sind die Methoden, mit denen sie suchen.
Der Verkehrswert der Immobilie wird nach der ImmoWertVO von 2010 nebst Änderungen geschätzt. Der Steuerwert der Grundvermögen genannten Immobilie wird nach den §§ 176 ff. BewG geschätzt. Er ist ein In-etwa-Wert. Denn: Einerseits soll am Ende der gemeine Wert (§ 9 Abs. 2 BewG) stehen, der dem Verkehrswert entspricht. Das würde an sich verlangen, die ImmoWertVO auch im Schenkungsteuerrecht anzuwenden. Aber den Menschen, die sich mit der Besteuerung befassen, fehlen im Allgemeinen dafür der Sachverstand und die Zeit. Deshalb muss die steuerliche Bewertung vereinfacht werden, typisiert werden nennt man das. Deshalb genügt es hier, dass der Mensch, der den Steuerwert sucht, zu einem Ergebnis kommen kann, das unter Gleichheitsgesichtspunkten (Art. 3 GG) genau genug bei dem Wert liegt, der sich nach der ImmoWertVO ergeben würde.
3. Im Urteilsfall ging es um ein Mietshaus mit acht Wohnungen und zwei Kellergewerberäumen. Es handelte sich also um ein zu Wohnzwecken und zu Gewerbezwecken vermietetes Gebäude, von der eigengenutzten Wohnung der Übergeberin abgesehen. Ein solches Grundstück wird über § 8 ImmoWertVO vorzugsweise im Ertragswertverfahren der §§ 17 ff ImmoWertVO bewertet. Steuerlich ist es ein gemischt genutztes Grundstück (§ 181 Abs. 7 BewG). Es wird über § 181 Abs. 3 Nr. 2 BewG immer im Ertragswertverfahren der §§ 184 ff BewG bewertet.
4. Jedes Ertragswertverfahren sieht im Kern vor, dass der Bodenwert und der Gebäudewert getrennt ermittelt und dann addiert werden. Der Bodenwert wird in einem Vergleichswertverfahren ermittelt. Maßgebend ist der dem Grundstück angepasste Bodenrichtwert. Der Wert des Gebäudes wird nach dem Gebäudeertrag ermittelt. Das ist der Reinertrag, der Rohertrag abzüglich Bewirtschaftungskosten. Da er über die künftige wirtschaftliche Nutzungsdauer des Gebäudes erzielt wird, muss er abgezinst werden, damit man den Wert am Bewertungsstichtag kennt. Dafür braucht man noch die Laufzeit und den Zinssatz.
Für die ImmoWertVO ergibt sich der Rohertrag aus den marktüblich erzielbaren Erträgen, die sich wiederum insbesondere aus den vertraglichen Vereinbarungen ergeben (§§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 2 S. 2 ImmoWertVO). Für das BewG ergibt er sich aus dem Entgelt, das nach den am Stichtag geltenden vertraglichen Vereinbarungen für den Zeitraum von zwölf Monaten zu zahlen ist (§ 186 Abs. 1 S. 1 BewG). Die Beträge werden sich eher zufällig decken. Auch andere Elemente fallen unterschiedlich aus.
5. Die Gegenleistung zu bewerten ist einfach, soweit sie in Geld besteht. Schwieriger wird es, wenn es, so im Urteilsfall, darum geht, die Verkehrswerte gleich gemeinen Werte einer Leibrente und von Pflegeleistungen zu schätzen. Auch sie müssen durch Abzinsung der zukünftigen Leistungen berechnet werden, nur mit der Besonderheit, dass die Leistungsdauer mit statistischen Methoden geschätzt wird. Denn die tatsächliche Leistungszeit alias Restlebenszeit des Leistungsempfängers lässt sich nicht berechnen. Hier muss daher mit versicherungsmathematischen Methoden gearbeitet werden. Im Steuerrecht gelten die §§ 14 ff BewG. Sie arbeiten mit typisierten Vorgaben, so dass der gemeine Wert durchaus verfehlt werden kann. Er kann zwar nach § 14 Abs. 3 BewG von Finanzamt wie vom Steuerpflichtigen nachgewiesen werden. Aber die dafür bindenden Vorgaben lassen einen Korrekturversuch im Allgemeinen aussichtslos erscheinen.
Vor allem aber werden im Steuerrecht nach § 14 Abs. 2 BewG bestimmte Mindestlaufzeiten vorausgesetzt. Stirbt der Berechtigte innerhalb dieser Zeit, wird der Steuerwert nach der tatsächlichen Dauer korrigiert. Das hat das FG...