Die Entscheidung lehrt und erinnert daran, dass in der Praxis bei den lenkenden Ausschlagungen ein besonderes Augenmerk auf eine "bombensichere" Subsumtion gelegt werden sollte. Ob insbesondere bei einer fehlerhaft subsumierten und daher fehlgeschlagenen lenkenden Ausschlagung eine Reparatur über die Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB gelingt, hängt (derzeit noch) ganz wesentlich davon ab, welches Gericht hierüber zu entscheiden hat.
Zur Erinnerung:
Die Sonderregeln der §§ 1944, 1955 und 1957 BGB für Frist, Form und Wirkung der Anfechtung einer Ausschlagungserklärung ändern und erweitern die auf die Anfechtung der Ausschlagungserklärungen anwendbaren Anfechtungsgründe des ersten Buches gerade nicht; es verbleibt damit bei den allgemeinen Anfechtungsgründen nach §§ 119 f., 123 BGB. In der Praxis wird hier in aller Regel auf § 119 BGB abgestellt.
Zwei Fallgruppen sind nun zu unterscheiden:
Häufig wird geltend gemacht, der Ausschlagende sei zum Zeitpunkt der Ausschlagung zu Unrecht davon ausgegangen, die Erbschaft sei überschuldet. Er ficht daher die Ausschlagung wegen eines Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft nach § 119 Abs. 2 BGB an (Fallgruppe "Es war ja doch was da …").
In anderen Fällen wird die Anfechtung darauf gestützt, dass der Erbe die Erbschaft in eine bestimmte Richtung "steuern" habe wollen, was jedoch nicht von Erfolg beschieden gewesen war mit der Folge, dass die Erbschaft nun Personen zugekommen sei, die diese nicht erhalten sollten (Fallgruppe "DIE soll(en) jetzt aber nicht statt meiner erben").
Mit letzterer Fallgruppe beschäftigt sich der o.g. Beschluss des OLG Frankfurt, der sich einreiht in weitere oberlandesgerichtliche Entscheidungen zu dieser Frage.
Die Fallkonstellationen, die zu einer solchen lenkenden Ausschlagung führen, sind mannigfaltig. Auf diesem Wege kann z.B. verhindert werden, dass bei einem Erben Erbschaftssteuer anfällt – etwa in dem Fall, wenn das berufene Kind, dessen Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) bereits aufgrund von Schenkungen zu Lebzeiten ausgenutzt wurde (§ 14 ErbStG), ausschlägt, damit seine Kinder, also die Enkel des Erblassers, Erben werden und deren Freibeträge (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) zur Anwendung gelangen.
Ebenfalls verhältnismäßig häufig sind die Fälle, in denen die qua gesetzlicher Erbfolge erbenden Kinder die Erbschaft dem überlebenden Ehegatten in Gänze zuordnen wollen und dergestalt die Rechtsfolge eines (unterlassenen) Berliner Testaments mit gegenseitiger Alleinerbschaft erreichen möchten. Hier wird dann die Regelung aus § 1931 Abs. 1, 2 BGB verkannt und es kommt statt zu der erhofften Alleinerbschaft der Mutter bzw. des Vaters zu einer Miterbschaft von Verwandten des verstorbenen Erblassers.
Wenn das gewünschte Gestaltungsziel – die bewusste Lenkung des Nachlasses an bestimmte (Ersatz-) Erben – also misslingt, stellt sich die entscheidende Frage, ob ein solcher Irrtum eine Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB ermöglicht. Das OLG Frankfurt bestimmt nun, dass eine fehlerhafte Subsumtion der Rechtsfolge einer "Zweitausschlagung" keinen Inhaltsirrtum darstelle. Hierbei handelte es sich indes um einen Sonderfall; hinsichtlich der oben erläuterten praxistypischen Konstellation der schlicht fehlerhaften Subsumtion über die Rechtsfolgen der Ausschlagung des Anfechtenden selbst bleibt das Gericht gleichwohl bei der von dem OLG Düsseldorf geteilten Ansicht, dass in diesem Fall sehr wohl ein anfechtungsrelevanter Irrtum vorliege.
Die Rechtsprechung hierzu ist tatsächlich uneinheitlich. Die’Gegenmeinung, der jüngst insb. das Kammergericht beigetreten ist, geht demgegenüber im Fall einer "fehlerhaften Subsumtion" von einem unbeachtlichen Motivirrtums im Sinne eines unbeachtlichen Rechtsfolgeirrtums und gerade keinem Inhaltsirrtum aus. Dies wird insbesondere damit begründet, dass sich aus der Fiktion des § 1953 Abs. 2 BGB keine unmittelbare Rechtsfolge bzgl. der Person des Nächstberufenen ableiten lasse. Die unmittelbaren Rechtsfolgen der Ausschlagung seien zwar der Verlust der Rechtsstellung als Erbe beim Ausschlagenden (§ 1953 Abs. 1 BGB) sowie die Fiktion des Vorversterbens des Ausschlagenden (§ 1953 Abs. 2 BGB). Die Person des danach berufenen Erben ergebe sich jedoch daraus nicht unmittelbar, sondern erst aufgrund der Verfügungen von Todes wegen des Erblassers oder aufgrund der Bestimmungen zur gesetzlichen Erbfolge. Eine bundesgerichtliche Klärung dieser äußerst praxisrelevanten Frage wäre fraglos sehr wünschenswert.
Bis dieser Zustand vorliegt, gilt es indes für die Praxis, in derartigen Konstellationen mit besonderer Um- und Vorsicht zu agieren. Die hier vorgestellte Entscheidung verdeutlicht, welche Gefahren mit der Ausschlagung als Gestaltungsmittel verbunden sind. Der Gesetzgeber hat die Ausschlagung schließlich gerade nicht als Rechtsinstitut zur gezielten "Weiterleitung" einer Erbschaft an einen Dritten konzipiert. Dies zeigt sich u.a. an den erheblichen Hürden, die dem Ausschlagenden auferlegt werd...