Prof. Dr. Werner Zimmermann
Einführung
Wer einen Erbschein beantragt, muss in der Regel bestimmte Angaben (beim Nachlassgericht oder bei einem Notar) eidesstattlich versichern. Für die Abnahme dieser eidesstattlichen Versicherung wird eine Gebühr von 1,0 nach der KostO, berechnet aus dem Nachlasswert, verlangt. Für die folgende Erteilung des Erbscheins wird nochmals eine Gebühr erhoben, die ebenfalls 1,0 beträgt. Insgesamt kostet also der Erbschein 2,0 Gebühren. Das Nachlassgericht kann in bestimmten Fällen den Erbschein ohne vorausgegangene eidesstattliche Versicherung erteilen; dann werden deren Kosten erspart und der Erbschein kostet im Ergebnis nur noch die Hälfte.
1. Finanzielle Bedeutung des Erlasses
Im Erbscheinsverfahren stellt ein Antragsberechtigter beim Nachlassgericht einen konkreten Antrag (§ 2353 BGB); ferner hat er bestimmte Urkunden vorzulegen und die Richtigkeit bestimmter Angaben (§§ 2354, 2355 BGB) eidesstattlich zu versichern. Wird dann der Erbschein erteilt, hat der Antragsteller 2,0 Gebühren zu zahlen: die eine Gebühr für den Erbschein (§ 107 KostO), die zweite Gebühr für die eidesstattliche Versicherung (§ 49 KostO). Das der Erteilung vorausgegangene Verfahren (z. B. Beweisaufnahme) löst keine weitere Gerichtsgebühr aus, wohl aber u. U. Auslagen für Zeugen, Sachverständige nach dem JVEG. Wenn Miterben gemeinsam die eidesstattliche Versicherung abgeben, entsteht die Gebühr des § 49 KostO nur einmal. Wenn ein Miterbe die Versicherung abgeben hat und andere Miterben dann "beitreten", entsteht für jede Beitrittsprotokollierung eine weitere Gebühr nach § 49 KostO, allerdings nun aus einem ermäßigten Wert berechnet (§ 49 II 2 KostO).
Das Nachlassgericht muss die Versicherung nicht verlangen, es kann die eidesstattliche Versicherung erlassen, "wenn es sie nicht für erforderlich erachtet" § 2356 II 2 BGB). Dann spart sich der Antragsteller die Gebühr nach § 49 KostO; der Erbschein kostet, vereinfacht gesagt, nur noch die Hälfte; bei einem Nachlasswert von 125.000 EUR beträgt die Ersparnis beispielsweise 252 EUR. Ferner spart sich der Antragsteller auch den Aufwand an Zeit und Mühe (Gang zum Gericht, zum Notar, zum Konsulat), denn den Erbscheinsantrag selbst kann er schriftlich stellen, muss dazu keinen Notar einschalten, auch nicht persönlich zum Nachlassgericht gehen.
2. Praktische Handhabung
Berichte aus der Praxis zeigen, dass die Handhabung des § 2356 II 2 BGB in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich ist. In einigen Ländern, wie z. B. Bayern, wird die Vorschrift restriktiv gehandhabt (weniger als 1,0 % der Erbscheinserteilungen mit Erlass); in Teilen von Baden-Württemberg soll in rund 90 % der Erbscheinsfälle ein Erlass erfolgen.
3. Zweck und Inhalt der eidesstattlichen Versicherung
Zulässigkeitsvoraussetzungen sind Erbscheinsantrag und Zuständigkeit des Nachlassgerichts. Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist keine Zulässigkeitsvoraussetzung, sondern ist vorgeschalteter Teil der Überzeugungsbildung des Gerichts; das folgt daraus, dass sie erlassen werden kann (Zulässigkeitsvoraussetzungen stehen nie zur Disposition des Gerichts). Das Nachlassgericht hat den beantragten Erbschein zu erteilen, wenn es die erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet (§ 2359 BGB). Dabei hat das Nachlassgericht grundsätzlich selbst zu ermitteln (§ 2358 I BGB; § 12 FGG). Soweit § 2358 I BGB im Gegensatz zu § 12 FGG noch die Einschränkung "unter Benutzung der von dem Antragsteller angegebenen Beweismittel" enthält, stellt dies keine Einschränkung dar, sondern eine historisch bedingte (überflüssige) Selbstverständlichkeit: in keinem FGG-Verfahren dürfte ein Beweismittel nur deshalb abgelehnt werden, weil es vom Antragsteller angeboten wurde.
Eine Mitwirkungspflicht trifft den Antragsteller allerdings insoweit, als er die in den §§ 2354, 2355 BGB genannten Angaben zu machen hat. Bezüglich der Nachweisung ist zu unterscheiden:
a) Fundamentale Angaben
Die Angaben nach § 2354 I Nr. 1 BGB (Zeit des Todes des Erblassers) und § 2354 I Nr. 2 BGB (Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser) sind durch öffentliche Urkunden (z. B. eine Sterbeurkunde) nachzuweisen (§ 2356 I 1 BGB). Eine eidesstattliche Versicherung nach § 2356 II 1 BGB genügt hier nicht, wie der eindeutige Gesetzestext zeigt. Mit § 2356 II 2 BGB und dem Erlass der eidesstattlichen Versicherung hat das nichts zu tun. Kann die öffentliche Urkunde nicht beschafft werden, kommt vielmehr § 2356 I 2 BGB zum Zug: Andere Beweismittel können helfen. Solche Beweismittel können nicht "erlassen" werden. Es handelt sich vielmehr um eine Frage der Beweiswürdigung, ob das Nachlassgericht aus Zeugenaussagen, Briefen, Hochzeitsfotos, Sterbebildern, Fotos von Grabsteinen usw. eine Abstammung von einem Erblasser für erwiesen erachtet.
b) Übrige Angaben
Die "übrigen Angaben" sowie (soweit wesentlich) der Güterstand der Zugewinngemeinschaft sind durch negative eidesstattliche Versicherung glaubhaft zu mach...