Leitsatz
1. Der Anspruch aus einem Vermächtnis wird mangels spezieller Regelung gemäß § 271 Abs. 1 BGB sofort fällig. Etwas anderes gilt nur, wenn testamentarisch eine andere Anordnung getroffen wurde (vergleiche Palandt/Edenhofer, 66. Auflage, § 2174 BGB Rn 3; MüKo-Schlichting, 4. Auflage, § 2176 Rn 4).
2. Allein die Bestellung eines Testamentverwalters rechtfertigt die Annahme einer solchen Anordnung nicht. Dieser hat lediglich die Aufgabe, den Willen des Erblassers umzusetzen. Wie dieser jedoch aussieht, ist dem Testamentsinhalt zu entnehmen.
Amtsgericht Varel, Urteil vom 13. Oktober 2009 – 5 C 330/09, LG Oldenburg, Beschluss vom 15. Dezember 2009 – 17 S 670/09
Sachverhalt
Amtsgericht Varel, Urteil vom 13.10.2009, 5 C 330/09
Die Parteien streiten um Verzugskosten aus einer Nachlassangelegenheit (...).
Erben der Verstorbenen sind die Beklagten. Die Klägerin ist Vermächtnisnehmerin neben vier anderen Vermächtnisnehmern. Mit Testament vom 26.7.1993 hatte die Erblasserin ihre Söhne als Erben eingesetzt und fünf Enkelkinder mit einem Vermächtnis von jeweils 20.000 DM bedacht. Aus einer Testamentsergänzung ergibt sich, dass zwei dieser Vermächtnisse bereits vor dem Versterben der Erblasserin abgegolten sind. Der Beklagte zu 1 wurde zum Testamentsvollstrecker bestimmt.
Nach dem Versterben der Erblasserin entwickelte sich zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1 ein unerfreulicher Schriftwechsel, geprägt von wechselseitiger Abneigung. (...) Die Klägerin hat in dem Schriftwechsel stets die sofortige Auszahlung des Vermächtnisses an sie verlangt, was der Beklagte zu 1 mit der Begründung abgelehnt hat, dass zunächst die Wohnung als wesentliches Erbe verkauft werden müsse, um die Vermächtnisse zu befriedigen. Die Klägerin hatte dem Beklagten eine Frist zum 31.10.2008 gesetzt und danach ihre Prozessbevollmächtigten eingeschaltet, die mit Schriftsatz vom 22.5.2008 den Beklagten zu 1 unter Fristsetzung (...) zur Zahlung aufgefordert haben. Nach dem Verkauf der Wohnung ist das Vermächtnis dem Konto der Bevollmächtigten der Klägerin gutgeschrieben worden. Die Parteien streiten nur noch um die Zinsen. (...)
Aus den Gründen
Die Klage ist aus den §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB begründet, weil die Beklagten als Erben ihre Pflicht zur Auszahlung des Vermächtnisses gemäß § 2174 BGB trotz Fristsetzung verletzt haben. (...)
Nach § 2176 BGB kommt die Forderung des Vermächtnisnehmers an die Erben mit dem Erbfall zur Entstehung. Damit war der Vermächtnisanspruch gemäß § 271 Abs. 1 BGB sofort fällig, da eine andere Leistungszeit weder nach dem Testament bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist. Das Testament sieht hierzu keine Regelung vor. Als einzige Konkretisierung käme die Formulierung in Betracht, dass die Vermächtnisse aus der Erbmasse gezahlt werden sollen. Eine zeitliche Eingrenzung ist damit allerdings nicht verbunden. Offensichtlich ging die Erblasserin bei der Errichtung des Testaments davon aus, dass die Vermächtnise aus dem vorhandenen Barvermögen erfüllt werden können, denn in der Folge sind offensichtlich zwei Vermächtnisse bereits ausgezahlt worden. Das ergibt sich aus dem Zusatz zum Testament. Folglich ist nicht davon auszugehen, dass auch zurzeit der Errichtung des Testaments das wesentliche Vermögen nur aus der Wohnung beziehungsweise der vorher vorhandenen Immobilie bestand. Damit ist aber auch nicht aus den Umständen zu entnehmen, dass die Erblasserin eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Leistungszeit gefoltert. Es ist vielmehr anzunehmen, dass sich die Erblasserin über diesen Punkt schlicht keine Gedanken gemacht hat. Wenn das aber so ist – und davon geht das Gericht aus –, gilt die gesetzliche Regelung. Man mag die Forderung der Klägerin unter moralischen Gesichtspunkten mit guten Argumenten für vorwerfbar halten, sie entspricht aber der Gesetzeslage. (...)
LG Oldenburg, Beschluss vom 15. 12. 2009, 17 S 670/09
Der Anspruch aus einem Vermächtnis wird mangels spezieller Regelung gemäß § 271 Abs. 1 BGB sofort fällig. Etwas anderes gilt nur, wenn testamentarisch eine andere Anordnung getroffen wurde (vergleiche Palandt/Edenhofer, 66. Auflage, § 2174 BGB Rn 3; MüKo-Schlichting, 4. Auflage, § 2176 Rn 4). Hierfür finden sich keine ausreichenden Anhaltspunkte.
Allein die Bestellung eines Testamentverwalters rechtfertigt die Annahme einer solchen Anordnung nicht. Dieser hat lediglich die Aufgabe, den Willen des Erblassers umzusetzen. Wie dieser jedoch aussieht, ist dem Testamentsinhalt zu entnehmen. (...)
Aus den insoweit zutreffenden Erwägungen des Amtsgerichtes kann auch nicht aus den Worten "aus der Erbmasse" die Anordnung einer späteren Fälligkeit geschlossen werden. Letztlich findet sich danach zur Fälligkeit keine Regelungen in dem Testament, sodass insoweit § 271 BGB Anwendung findet.
Eine Treuwidrigkeit vermag die Kammer ebenfalls nicht festzustellen. Das sofortige Verlangen der Vermächtnisforderung kann nur unter besonderen Umständen treuwidrig sein (vergleiche Palandt/Edenhofer, 66. Auflage, § 2174 Rn 3). Solche sind hier nicht gegeben....