Die Unterscheidung zwischen Einkünften aus selbstständiger Arbeit und sonstigen Einkünften hat in diesem Bereich nach der Änderung der BFH-Rechtsprechung zu Einkünften aus Berufsbetreuung zwar nicht mehr derart gravierende Konsequenzen wie zuvor bei der Unterscheidung von gewerblichen und sonstigen Einkünften im Hinblick auf das Entstehen einer Gewerbesteuerpflicht und einer grundsätzlichen Buchführungspflicht, doch besteht das Erfordernis einer sachgerechten Abgrenzung weiterhin unter gleichheitsrechtlichen Aspekten.
Als problematisch erweist sich indes bereits die Festlegung eines Abgrenzungsmerkmals. Die Anzahl der betreuten Personen mag auf den ersten Blick ein leicht zu handhabendes Kriterium zur Abgrenzung der Einkunftsarten darstellen, doch erscheint es fraglich, ob eine solche Verallgemeinerung die realen Umstände korrekt widerspiegeln kann. Leben mehrere Betreute in derselben Einrichtung, bestehen sicherlich Synergieeffekte, die dem Betreuer ein kosten- und zeiteffizientes Arbeiten ermöglichen, sodass in manchen Fällen eine Grenzziehung bei zehn Personen durchaus angemessen sein kann. Andererseits gibt es jedoch auch Betreuungsfälle, die aufgrund der persönlichen Vermögensverhältnisse und/oder der gesundheitlichen Verfassung des Betreuten so umfangreich und arbeitsintensiv sind, dass bereits die Übernahme einer einzelnen Betreuung ein berufsmäßiges Tätigwerden erfordert. Eine Pauschalierung mittels einer starren Personengrenze erscheint mithin problematisch. Eine solche Abgrenzung kann aufgrund der Eigenheiten einer jeden Betreuungsangelegenheit idealerweise nur im Wege der Einzelfallentscheidung erfolgen.
Anderseits besteht aktuell aber gerade durch die Einführung eines Freibetrags für ehrenamtliche rechtliche Betreuer in § 3 Nr. 26 b EStG ein verstärktes Bedürfnis für eine konkrete, nachvollziehbare und unter gleichheitsrechtlichen Aspekten gerechte Handhabung der Abgrenzung in der Praxis. Durch diese Regelung wird ehrenamtlichen Betreuern ab dem Veranlagungszeitraum 2011 ein Freibetrag iHv bis zu 2.100 EUR gewährt, der somit eine steuerfreie Übernahme von bis zu sechs Betreuungen ermöglicht. Wird eine Betreuungstätigkeit in diesem Umfang noch als ehrenamtlich angesehen und werden die empfangenen Aufwandsentschädigungen mithin als sonstige Einkünfte qualifiziert, so kommt zusätzlich noch die Freigrenze des § 22 Nr. 3 EStG iHv 256 EUR zur Anwendung, sodass im Ergebnis auch die Übernahme einer siebten Betreuung steuerlich privilegiert ist. Betrachtet man die Einkünfte eines Betreuers in dieser Größenordnung aber als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, so würde die Begünstigung für die siebte Betreuung entfallen.
Im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber den Freibetrag für ehrenamtliche rechtliche Betreuer iHv 2.100 EUR im Bewusstsein der grundsätzlichen Qualifikation der Betreuereinkünfte als sonstige Einkünfte gewährt hat, sollte dieser Entscheidung folgend auch eine entsprechende Abgrenzung der Einkunftsarten vorgenommen werden. Dies spricht dafür, die Grenze zwischen sonstigen Einkünften und Einkünften aus selbstständiger Arbeit (mindestens) bei sieben Betreuungen zu ziehen. Somit würde die günstigste Regelung für die Betroffenen für den Fall erzielt, dass sie ausschließlich als Betreuer tätig sind. Zudem hielte sich diese Abgrenzung auch noch im Rahmen der zivilrechtlichen Wertung nach dem VBVG und entspräche darüber hinaus dem Willen des Gesetzgebers, die Bürger auch zur Übernahme von Betreuungen außerhalb des engeren Familienkreises zu motivieren.
Allerdings stellt der Zeitfaktor bei der Übernahme von Betreuungsangelegenheiten ein nicht zu vernachlässigendes Argument gegen eine starre Abgrenzung anhand der Anzahl der Betreuungen dar. Aus diesem Grund ist es "de lege ferenda" erforderlich, dass ein maximaler Zeitaufwand in Wochenstunden – ähnlich wie in § 1 Abs. 1 VBVG – als alternatives Kriterium festgelegt wird. Dies stellte sicher, dass sowohl der Grundsatz der persönlichen Betreuung mit seinem Anliegen, eine unpersönliche und anonyme berufs- oder verwaltungsmäßige Betreuung zu vermeiden, gewahrt würde, da dem ehrenamtlichen Betreuer dann genügend Zeit bliebe, sich intensiv mit jeder einzelnen Person zu befassen, als auch der typische Charakter des Ehrenamtes als nebenberufliche Tätigkeit, bei der finanzielle Anreize gerade im Hinblick auf das Verhältnis von Aufwand und Entschädigung keine (große) Rolle spielen sollten. Im Ergebnis würde eine solche Handhabung der Abgrenzung der Einkunftsarten ergo Rechtssicherheit für die Betroffenen schaffen und zugleich Praktikabilität für die Finanzverwaltung gewährleisten, da eine Einzelfallentscheidung bei jedem einzelnen Steuerpflichtigen die Kapazitäten der Finanzverwaltung sprengte.