Leitsatz
Hat der Vollstreckungsgläubiger wirksam den Anteil eines Miterben am Nachlass durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gepfändet, ergibt sich hieraus nicht die Berechtigung zur freihändigen Veräußerung des Erbteils, wozu der Vollstreckungsgläubiger einen separaten Beschluss des Vollstreckungsgerichts benötigt.
BGH, Beschluss vom 7. Februar 2019 – V ZB 89/18
Sachverhalt
I. Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind im Grundbuch in Erbengemeinschaft als Eigentümer zu 1/2-Anteil des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundbesitzes eingetragen. Die Beteiligten zu 5 und 6 pfändeten den Miterbenanteil des Beteiligten zu 1 und erwirkten die Überweisung des Anteils zur Einziehung. Mit notariellem Vertrag vom 29. Dezember 2017 verkauften und übertrugen sie ihn an die Beteiligte zu 4. Unter Vorlage des Erbanteilskaufvertrages haben die Beteiligten zu 4 bis 6 die Berichtigung des Grundbuchs hinsichtlich des Erbanteils des Beteiligten zu 1 beantragt. Mit Zwischenverfügung vom 11. April 2018 hat das Amtsgericht – Grundbuchamt – die Eintragung u. a. von der Vorlage einer Anordnung des Vollstreckungsgerichts nach § 844, § 857 Abs. 5 ZPO oder einer Genehmigung des Beteiligten zu 1 in der Form des § 29 Abs. 1 GBO abhängig gemacht. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 4 bis 6 ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte die Beteiligte zu 4 weiterhin die Aufhebung der Zwischenverfügung und die Eintragung der Erbteilsübertragung in das Grundbuch erreichen.
II. Das Beschwerdegericht meint, das von dem Grundbuchamt aufgezeigte Eintragungshindernis bestehe, da die Überweisung zur Einziehung nach § 857 Abs. 1, §§ 835 ff ZPO den Gläubiger nur dazu ermächtige, das Recht des Schuldners aus dem gepfändeten Erbanteil geltend zu machen und alle in dem Recht des Schuldners begründeten, der Befriedigung des Gläubigers dienenden Maßnahmen durchzuführen. Eine Veräußerung des Miterbenanteils, sei es durch Versteigerung des Anteils oder – wie hier – durch einen freihändigen Verkauf, sei dagegen nicht schon nach einer Pfändung und Überweisung des Anteils möglich, sondern nur nach einer entsprechenden Anordnung des Vollstreckungsgerichts. Hieran fehle es. Ein Einverständnis des Beteiligten zu 1 mit dem Verkauf liege ebenfalls nicht vor.
Aus den Gründen
III. Die nach § 78 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen gemäß § 78 Abs. 3 GBO iVm § 71 FamFG zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Annahme des Grundbuchamtes und des Beschwerdegerichts, die beantragte Eintragung der Erbteilsübertragung auf die Beteiligte zu 4 setze eine entsprechende Anordnung des Vollstreckungsgerichts oder eine (formgerechte) Genehmigung des Beteiligten zu 1 voraus, hält einer rechtlichen Prüfung stand.
1. Die beantragte Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 22 Abs. 1 GBO scheidet aus, weil es durch den Vertrag vom 29. Dezember 2017 nicht unrichtig geworden ist.
a) Überträgt ein Miterbe gemäß § 2033 Abs. 1 Satz 1 BGB seinen Anteil an dem Nachlass auf einen Dritten und gehört zu dem Nachlass ein Grundstück, wird eine Grundbuchberichtigung erforderlich. Der Erwerber erhält durch die Veräußerung zwar nicht die Miterbenstellung als solche (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 1959 – V BLw 34/59, BGHZ 31, 253, 255). Er tritt aber an Stelle des veräußernden Miterben in dessen vermögensrechtliche Stellung am Nachlass ein. Dies führt hinsichtlich des Eigentums an dem Grundstück zu einer Rechtsänderung, die grundbuchmäßig im Wege der Berichtigung kenntlich gemacht werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 1967 – III ZR 73/66, NJW 1969, 92).
b) Da hier nicht der Beteiligte zu 1, sondern die Beteiligten zu 5 und 6 den Miterbenanteil des Beteiligten zu 1 an die Beteiligte zu 4 übertragen haben, hätte dies nur dann die Unrichtigkeit des Grundbuchs zur Folge, wenn sie zu einer solchen Veräußerung aufgrund der Pfändung und Überweisung des Erbanteils berechtigt gewesen wären. Dies verneint das Beschwerdegericht zu Recht. Die Pfändung und Überweisung des Anteils eines Miterben am Nachlass berechtigt den Vollstreckungsgläubiger nicht dazu, den Erbanteil freihändig zu veräußern. Hierzu bedarf es vielmehr eines gesonderten Beschlusses des Vollstreckungsgerichts, an dem es vorliegend fehlt.
aa) Der Anteil eines Miterben an dem Nachlass kann gemäß § 859 Abs. 2 iVm Abs. 1 ZPO gepfändet werden. Insoweit handelt es sich um eine Zwangsvollstreckung in ein anderes Vermögensrecht, für die gemäß § 857 Abs. 1 ZPO die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in Forderungen gemäß § 828 ff ZPO entsprechend gelten. Dies bedeutet, dass der Gläubiger mit der Pfändung ein Pfändungspfandrecht (§ 804 Abs. 1 ZPO) an dem Erbanteil erwirbt, nicht jedoch an den einzelnen Nachlassgegenständen (BGH, Urteil vom 12. Mai 1965 – VIII ZR 86/67, BGHZ 52, 99, 102). Für die Verwertung des gepfändeten Anteils findet § 835 Abs. 1 ZPO Anwendung, d. h., der Anteil wird dem Gläubiger – wie hier den Beteiligten zu 5 und 6 – zur Einziehung überwiesen. Die in der Vorschrift ebenfalls vorgesehene Überweisung an Zahl...