Leitsatz
Nicht die Veranlassung einer Testierunfähigen zur Errichtung eines Testamentes, in welchem der Veranlasser sich zum Testamentsvollstrecker ernennen lässt ist Anknüpfungspunkt für dessen Strafbarkeit, sondern die Abbuchung der aufgrund der bekannten Unwirksamkeit des Testamentes begründeten Testamentsvollstreckergebühr.
BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2018 – 3 StR 263/18
Sachverhalt
Das Landgericht hat den Angeklagten Br. wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten und den Angeklagten B. wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr jeweils unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Gegen den Angeklagten Br. hat es zudem die Einziehung des Wertes des Taterlangten in Höhe von 30.000 EUR angeordnet, gegen den Angeklagten B. in Höhe von 25.784 EUR. Gegen ihre Verurteilungen wenden sich die Angeklagten jeweils mit der näher ausgeführten Sachrüge. Sie machen zudem das Verfahrenshindernis der Verjährung geltend. Der Angeklagte B. beanstandet zudem die Verletzung formellen Rechts. Die Revisionen haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
I. Nach den Feststellungen war der Angeklagte Br., der seinen Lebensunterhalt mit Berufsbetreuungen bestritt, seit dem 14. Mai 2001 zum Betreuer der Erblasserin W. mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge gerichtlich bestellt worden. W., die weder Abkömmlinge noch sonst Verwandte hatte, litt seit 2002 unter Depressionen mit psychotischer Symptomatik und beginnender Demenz. Spätestens seit ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus am 13. März 2006 war sie testierunfähig; sie hatte nur noch wenige Tage zu leben. Um an einen Teil ihres Vermögens zu gelangen, beauftragte der Angeklagte Br. einen Notar aus H. mit der auswärtigen Beurkundung eines Testaments. Der Angeklagte B., den der Angeklagte Br. mit W. bekannt gemacht hatte und der diese gelegentlich besuchte, teilte dem Notar telefonisch den wesentlichen Testamentsinhalt mit. Am 15. März 2006 suchte der Angeklagte B. zusammen mit dem Notar die Frau W. in ihrem Zimmer in der betreuten Wohnungseinrichtung auf. Dass W. testierunfähig war, war beiden Angeklagten bewusst bzw. hielten sie für möglich und wollten dieses ausnutzen. Im Testament wurde der Deutsche Krebshilfe e.V. als Erbe eingesetzt und mit einem Vermächtnis zugunsten des Angeklagten B. in Höhe von 30.000 EUR beschwert. Der Angeklagte Br. wurde als Testamentsvollstrecker eingesetzt; ihm sollte eine Testamentsvollstreckervergütung in Höhe von 30.000 EUR zustehen.
Nach Versterben der Erblasserin am 18. März 2006 überwies der Angeklagte Br. als Testamentsvollstrecker vom Nachlasskonto am 28. November 2007 an Notargebühren 590,79 EUR an den Notar, an den Angeklagten B. am 11. Dezember 2007 auf das Vermächtnis 20.000 EUR und am 15. Januar 2008 das "Restvermächtnis" in Höhe von weiteren 5.784 EUR. Auf ein eigenes Konto überwies der Angeklagte Br. am 30. Januar 2008 und am 5. Juni 2008 jeweils 15.000 EUR als Testamentsvollstreckervergütung.
Aus den Gründen
II. 1. Der Schuldspruch betreffend den Angeklagten Br. hält der sachlichrechtlichen Nachprüfung nicht stand, soweit das Landgericht eine Tat angenommen und dabei darauf abgestellt hat, der Angeklagte habe die Erblasserin dazu veranlasst, ihn selbst gegen eine Vergütung als Testamentsvollstrecker einzusetzen sowie zugunsten des Angeklagten B. ein erhebliches Vermächtnis anzuordnen.
a) Der Angeklagte Br. beging vielmehr durch die fünf Überweisungen vom Nachlasskonto zulasten des Erben fünf Untreuetaten (§ 266 Abs. 1, § 53 StGB). Im Einzelnen:
aa) Die gesetzliche Betreuung (§§ 1896 ff BGB) wirkt über den Tod der betreuten Person hinaus. Die Abwicklung des Betreuungsverhältnisses mit deren Erben gehört noch zu dem von der Vermögensfürsorgepflicht umfassten Tätigkeitsbereich; sie ist als Teil der Tätigkeit anzusehen, zu welcher der Betreuer zuvor bestellt worden war. In diesem Umfang besteht nach dem Tod der betreuten Person die Vermögensfürsorgepflicht des Betreuers gegenüber dem Erben als ihrem Rechtsnachfolger fort. Insbesondere hat der Betreuer nach dem Tod der betreuten Person nach § 1908 i iVm § 1890 BGB Rechnung über das betreute Vermögen zu legen und dieses herauszugeben (BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2018 – 3 StR 132/18, NStZ-RR 2018, 347, 348; vom 14. August 2013 – 4 StR 255/13, NStZ-RR 2013, 344, 345; OLG Stuttgart, Urteil vom 18. September 1998 – 2 Ss 400/98, NJW 1999, 1564, 1566; Thomas, NStZ 1999, 622, 624).
Anders als das Landgericht und der Generalbundesanwalt angenommen haben, ist kein "Gefährdungsschaden" zulasten der Erblasserin anzunehmen: Solange die betreute Person lebt, ist durch die letztwillige Verfügung der Wert ihres Vermögens nicht geschmälert. Dass sie durch das unwirksame Testament den Anschein setzte, nicht mehr anderweitig über ihr Vermögen letztwillig verfügen zu können bzw. die gesetzliche Erbfolge auszuschließen, berührt allein ihre Dispositionsfreiheit. Für den rechtmäßigen Erben besteht nur eine ungesichert...