Die Beteiligte zu 1. begehrt einen auf sie als Alleinerbin lautenden Erbschein aufgrund testamentarischer Erbfolge.
1. Die am 22. Januar 2015 verstorbene Erblasserin hatte keine Kinder. Ihr Ehemann und ihre Eltern sind vorverstorben. Einzelheiten zu ihren Geschwistern sind im Erbscheinsverfahren nicht bekannt geworden. Ein vorverstorbener Cousin der Erblasserin hat zwei Kinder hinterlassen, die Beteiligten zu 2. und 3.
Unter dem 28. März 2001 errichteten die Erblasserin und ihr Ehemann ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Eine Schlusserbenbestimmung enthält das Testament nicht. Die Eheleute gaben das Testament in besondere amtliche Verwahrung des Amtsgerichts. Wegen der Einzelheiten wird auf die Testamentsurkunde vom 28. März 2001 (Bl. 10 der Beiakte 4 IV 300/15) Bezug genommen.
Am 24. September 2013 verstarb der Ehemann der Erblasserin. Unter dem 2. Juni 2014 erteilte die Erblasserin der Beteiligten zu 1. eine notarielle Vorsorgevollmacht. Wegen der Einzelheiten wird auf die beglaubigte Ablichtung der Vollmachtsurkunde (Bl. 10–13 dA) Bezug genommen. Unter dem 11. September 2014 und dem 6. Oktober 2014 erstellte der jetzige Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1. jeweils einen Entwurf eines notariellen Testaments, in dem die Beteiligte zu 1. zur Alleinerbin der Erblasserin eingesetzt werden sollte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ablichtungen der Urkundenentwürfe (Bl. 28–31 der Beiakte 4 IV 300/15) Bezug genommen.
Mit notarieller Urkunde vom 15. Mai 2015 beantragte die Beteiligte zu 1. einen auf sie als Alleinerbin lautenden Erbschein und reichte – neben den oben genannten Testamentsentwürfen – einen nicht datierten wenige Zentimeter großen quadratischen Notizzettel mit dem folgenden handschriftlich geschriebenen Text bei dem Nachlassgericht ein:
Zitat
Wenn sich für mich A...
[Vor- und Nachname]
geb. ... [Geburtsdatum]
einer findet, der für mich aufpasst und nicht ins Heim steckt der bekommt mein Haus und alles was ich habe A...
[Unterschrift mit Vor- und Nachnamen]
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Original des Zettels (Klarsichthülle Bl. 27 der Beiakte 4 IV 300/15) Bezug genommen.
Die Beteiligte zu 1. trägt vor, der Text auf dem Zettel sei von der Erblasserin geschrieben worden; es sei der Wille der Erblasserin gewesen, sie zur Alleinerbin einzusetzen; lediglich aufgrund des frühzeitigen Todes der Erblasserin sei es nicht mehr zur Beurkundung des bereits entworfenen notariellen Testaments gekommen. Sie ist der Ansicht, der Zettel stelle ein formgültiges Testament dar, mit dem die Erblasserin sie zur Alleinerbin eingesetzt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die beglaubigte Ablichtung der notariellen Urkunde vom 15. Mai 2015 (Bl. 4 f dA) Bezug genommen.
2. Das Nachlassgericht hat den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1. mit Beschluss vom 19. April 2016 zurückgewiesen. Es könne offenbleiben, ob der handschriftliche Zettel von der Erblasserin selbst geschrieben sei, denn er stelle jedenfalls keine letztwillige Verfügung dar. In dem Text sei kein Erbe namentlich bestimmt; es sei lediglich festgelegt, welche nicht genannte Person, die noch zu bestimmen wäre, einmal Erbe werden solle. Gemäß § 2065 Abs. 2 BGB könne ein Erblasser eine letztwillige Verfügung aber nicht in der Weise treffen, dass ein anderer zu bestimmen habe, welche Person etwas erhalten solle. Da auch die Testamentsentwürfe kein Testament darstellten, habe die Erblasserin letztlich nicht testiert; es gelte die gesetzliche Erbfolge, nach der die Beteiligte zu 1. nicht Erbin sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 19. April 2016 (Bl. 58–60 dA) Bezug genommen.
3. Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1. mit anwaltlichem Schriftsatz vom 27. Mai 2016 Beschwerde eingelegt. Eine wirksame Bestimmung eines Erben durch den Erblasser liege auch dann vor, wenn der Bedachte von jeder mit genügend Sachkunde ausgestatteten Person bezeichnet werden könne, ohne dass deren Ermessen auch nur mitbestimmend sei. Die Bezeichnung könne anhand objektiver Kriterien zum Zeitpunkt des Erbfalls erfolgen; ein Dritter müsse lediglich den Willen des Erblassers feststellen, nicht aber eine eigene Entscheidung anstelle des Erblassers treffen. Aus dem handschriftlichen Text ergebe sich eindeutig, dass erben solle, wer sich zu Lebzeiten um die Erblasserin kümmere und sie "nicht ins Heim steckt". Aus der Vorsorgevollmacht ergebe sich, dass es die Beteiligte zu 1. gewesen sei, die sich zu Lebzeiten um die Erblasserin gekümmert habe. Danach bestehe bei der Bezeichnung des Erben kein Auswahlermessen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift vom 27. Mai 2016 (Bl. 71–75 dA) Bezug genommen.
4. Das Amtsgericht hat die Akten mit Verfügung vom 2. Juni 2016 dem Oberlandesgericht zur weiteren Veranlassung übersandt. Dieses hat die Vorlageverfügung mit Beschluss vom 23. Juni 2016 – 1 W 77/16 – aufgehoben und die Sache zur Durchführung des Abhilfeverfahrens an...