Für die Antizipierung der Erörterung spricht sogar die Leitungspflicht des AR-Vorsitzenden: Denn er hat die Sitzungstermine zu bestimmen, die Tagesordnung aufzustellen, die erforderlichen Informationen und Unterlagen zu beschaffen und Sachverständige zu laden.
Damit kommt ihm gleichsam eine Stoffordnungs- und Stoffverteilungsfunktion zu, die sogar gebietet, Erörterungspunkte vorzuziehen, um eine ausreichende Information zugunsten der ungestörten Willensbildung bei den AR-Mitgliedern anzustreben. Wenn dann zum Haupttermin die wesentlichen Punkte referiert werden, stärkt dieses Vorgehen sogar die Rechte der AR-Mitglieder, sodass ein Eingriff in deren Rechte gerade nicht vorliegen kann (arg. e contrario).
Als Fazit zur Frage des Vorziehens von Erörterungspunkten (hier anhand des AR) sei festgehalten:
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Ein Vorziehen der Zeit nehmenden Erörterungspunkte in Bezug auf die Haupt-AR-Sitzung ist nicht allein möglich, sondern sogar geboten, um die Konzentration auf eine Fülle von Beschlüssen zu ermöglichen. Dies kann mit der Sitzungsleitungs- und Stoffverteilungsrolle des AR-Vorsitzenden gerechtfertigt werden. |
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AR-Mitglieder werden selbstverständlich auch zum vorgezogenen Termin ordnungsgemäß geladen; der Vorzieh-Termin findet idealiter einen Tag vorher statt (Vorabend), sodass das Verhältnismäßigkeitsgebot gewährleistet ist und in die Zeit der Vorbereitung der AR-Mitglieder fällt, die zu ihren Pflichten gehört. Darauf sollte im Vorfeld und am Tag der AR-Sitzung explizit hingewiesen werden, am besten in den Unterlagen und den Niederschriften. |
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Via Antizipation wird die Berechtigung des einzelnen AR-Mitglieds, am Informations-, Willensbildungs- und Entscheidungsprozess des AR angemessen teilzunehmen, nicht eingeschränkt. Geht man mit der h.M. davon aus, dass sogar eine Pflicht dazu besteht, an den AR-Sitzungen (dies gilt auch für die vorgezogenen!) teilzunehmen, können die Beschlüsse in der AR-Sitzung gefasst werden. |
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Um das Verhältnismäßigkeitsgebot zu beachten, sollten die wesentlichen Punkte der vorgezogenen Sitzung, in der alle Punkte erörtert wurden, vom Sitzungsleiter/AR-Vorsitzenden kurz und knapp resümiert und referiert werden. Dadurch (also Haupterörterung am Vorabend sowie Kurzreferat in der Haupt-AR-Sitzung) werden die Einzelrechte der AR-Mitglieder, Anträge zu stellen und gut vorbereitet an den Abstimmungen teilzunehmen, nicht nur gewährleistet, sondern zusätzlich gestärkt. |
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Daher bestehen im Ergebnis keine Bedenken gegen das Vorgehen aus der Fragestellung. Einer Satzungsänderung bedarf es nicht. Es empfiehlt sich ein expliziter Hinweis in den Sitzungsunterlagen, so z.B.: |
Zitat
Angesichts des Umfangs der Sitzungsunterlagen und der Stofffülle der X. Aufsichtsratssitzung (ARS) am 02.5.2024 wird der TOP XX bereits in einer virtuellen Sitzung am XX. April 2024 in der Zeit zwischen XX – XX präsentiert und besprochen.
Begründung: Das Vorziehen der sehr umfangreichen Darlegung von TOP XX ist gänzlich Information und Dokumentation. Da weder Beschlüsse gefasst noch für die ARS vorbereitet werden, gehört die Veranstaltung nicht zur ARS weder im Sinne von Punkt ## der aktuell gültigen Satzung der Forschungs-GmbH noch von § ## der GO-AR. Das Vorziehen ist mit den Punkten ## der Satzung sowie § ## der GO-AR nicht nur vereinbar, sondern sogar dringend geboten, um die sonstigen Beschlüsse und dazu notwendigen Erörterungen von Seiten der AR-Mitglieder zu gewährleisten und die Stofffülle angemessen zu ordnen und zu verteilen.
Damit möglichst alle Mitglieder ihre Teilhaberechte ausüben können, erfolgt die Informationsveranstaltung virtuell und wegen des nationalen wie internationalen Feiertags des 1. Mai in der Woche vor der eigentlichen ARS.
Die Aufsichtsratsmitglieder werden zum virtuellen Informationstermin form- und fristgerecht 5 (fünf) Werktage vorher vom Vorsitzenden eingeladen (§ ## GO-AR).
So viel zum Thema des Vorziehens einer AR-Sitzung bzw., sofern dies nicht unmittelbar vor der Sitzung erfolgen kann (Vorabend), als Ausgestaltung eines Termins von Information und Dokumentation. In den Unterlagen zur AR sowie zur GV kann zusätzlich auf die kartellrechtlichen Grenzen bei Gesellschafterversammlungen ein Hinweis stehen:
Die Geschäftsführung der Forschungs-GmbH sowie der Vorsitzende/Versammlungsleiter der Gesellschafterversammlung weisen auf Folgendes hin:
Zitat
Die Gesellschafterversammlung muss von Verstößen gegen das Recht des unlauteren Wettbewerbs freigehalten werden.
Der Vorsitzende wacht darüber, dass alle Gesellschafter ihre Teilhaberechte wahrnehmen können. Gleichwohl dürfen diese dabei keine wettbewerbsrechtlichen Verstöße begehen, wofür die Forschungs-GmbH seinerseits nicht haftet.
Das Kartellverbot des § 1 GWB bzw. Art. 101 Abs. 1 AEUV verbietet Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Unternehmen, die eine Beschränkung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken. Hiernach verboten sind sowohl gewisse unmittelbare Absprachen zwischen Wettbewerbern als auch der Austausch wettbewerbsrelevanter Informat...