Eine Ausnahme vom oben genannten Gleichlaufgrundsatz ist der § 2369 BGB. Gemäß § 2369 BGB erteilt das Nachlassgericht bei Anwendung ausländischen Erbrechts einen Erbschein beschränkt auf den im Inland belegenen Nachlass, einen sogenannten Fremdenrechtserbschein. § 2369 BGB setzt daher immer voraus, dass der Erblasser Ausländer war, weil gemäß Art. 25 Absatz 1 EGBGB nur in diesem Fall ausländisches Recht Erbstatut sein kann. Von einem gewöhnlichen Erbschein unterscheidet sich der Fremdenrechtserbschein nur durch seine territoriale Beschränkung. Ansonsten hat er dieselben Rechtswirkungen wie ein gewöhnlicher Erbschein. Er trifft jedoch keine Aussage über im Ausland belegene Nachlassgegenstände. Dass es sich um einen Erbschein gemäß § 2369 BGB handelt, muss nach dem zuvor Gesagten in den Erbscheinsantrag aufgenommen werden. Formulierungsbeispiele finden sich bei Palandt und Süß. Ein Formulierungsvorschlag wäre:
Namens und in Vollmacht des ... geboren am ..., wohnhaft in ... beantrage(n) ich/wir in Anwendung ... (des jeweiligen ausländischen Rechts), einen Erbschein des Inhaltes zu erteilen, dass ... (es folgen die gewöhnlichen Angaben gemäß den §§ 2353 ff BGB). Der Erbschein ist beschränkt auf den im Inland belegenen Nachlass ... (ggf. weitere Konkretisierung, wie beweglichen Nachlass/bzw. unbeweglichen Nachlass).
Weiterhin müssen über die im Allgemeinen aufzunehmenden Angaben in einen Erbscheinsantrag im Rahmen des § 2369 BGB insbesondere folgende Angaben gemacht werden:
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Das ausländische Erbrecht, das angewandt wurde, so genanntes Erbstatut. |
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Rechtsgrund der Erbfolge, ob also testamentarische oder gesetzliche Erbfolge vorliegt. |
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Die Beschränkung auf den im Inland befindlichen Nachlass und – bei einer Nachlassspaltung – die weitere gegenständliche Beschränkung. |
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Soweit eine Korrektur gemäß Art. 6 Absatz 2 EGBGB (ordre public) erfolgte, ist dies aufzunehmen. |
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Etwaige Verfügungsbeschränkungen, die auch in einem gewöhnlichen Erbschein aufzunehmen wären. |
Fehlen diese Angaben, ist der Erbscheinsantrag unvollständig und damit unrichtig, sodass er nicht erteilt wird. Ein bereits erteilter Erbschein wäre gemäß § 2361 BGB einzuziehen.
Hinsichtlich der ebenfalls aufzunehmenden territorialen und gegebenenfalls gegenständlichen Beschränkungen sollte man sich zudem klarmachen, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des § 2369 BGB dann nicht erfüllt sind, wenn wegen einer Nachlassspaltung auf den Nachlass teilweise deutsches Erbrecht anzuwenden ist und nur diesbezüglich ein Erbschein begehrt wird. Ein Fremdenrechtserbschein gemäß § 2369 BGB wird nur bei Anwendung ausländischen Rechts – regelmäßig für in Deutschland belegenen beweglichen Nachlass – erteilt, wenn also bspw. aufgrund einer gespaltenen Rückverweisung oder einer Rechtswahl gemäß Art. 25 Absatz 2 EGBGB für den unbeweglichen Nachlass deutsches Erbrecht Anwendung findet. Andernfalls ist ein gegenständlich beschränkter Eigenrechtserbschein zu erteilen. Allerdings soll es unbedenklich sein, beide Erbscheine in einer Urkunde zusammenzufassen.
Eine besondere Schwierigkeit beim Fremdenrechtserbschein besteht dann, wenn Rechtsinstitute des ausländischen Rechts zu würdigen sind, die dem deutschen Recht unbekannt sind. Das ist zum Beispiel der Fall bei dinglichen Teilungsanordnungen im französischen, belgischen oder italienischen Recht, die einer vom deutschen Recht nicht zugelassenen dinglichen Singularsukzession entsprechen, oder bei den sog. "personal representatives" des angloamerikanischen Rechts, denen bei gesetzlicher Erbfolge zunächst der Nachlass zufällt und die diesen dann als Treuhänder abwickeln. Letztgenanntes gilt ebenfalls bei testamentarischer Erbfolge, die in Form von Vermächtnissen – sog. "trusts" – getroffen wird und bei der eine Universalsukzession zugunsten des "executors" eintritt. Soweit diese Rechtsinstitute eine Entsprechung im deutschen Recht haben, die in einem gewöhnlichen Erbschein aufzunehmen wäre, sind diese auch in einen Fremdenrechtserbschein aufzunehmen. Den Bearbeiter stellt dies vor die Problematik, dass er ihm unbekannte ausländische Rechtsinstitute dem deutschen Recht anpassen muss, was anhand einer Gleichwertigkeitsprüfung erfolgt und somit ersichtlich mit einem hohen Bearbeitungsaufwand belastet ist. Hier sind also besondere Vorsicht und Gründlichkeit geboten. Bei unübersichtlicher Rechtslage empfiehlt sich daher die Einholung eines Sachverständigengutachtens.