Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin kann von der Beklagten keine Auskunft nebst Wertermittlung verlangen, weil ihr hierfür das berechtigte Interesse fehlt. Es ist ausgeschlossen, dass die Klägerin aufgrund etwaiger Auskünfte Ansprüche hinsichtlich des Nachlasses geltend machen kann, da sie von der Erbfolge ausgeschlossen und ihr nach § 2333 Nr. 5 BGB wirksam das Pflichtteilsrecht entzogen wurde.
Die Klägerin hat einen ehrlosen und unsittlichen Lebenswandel wider den Willen des Erblassers geführt. Sie hat ausweislich des Strafurteils vom 5.2.2002, das Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, über Jahre hinweg regelmäßig Straftaten begangen und letztlich sich sogar eines vorsätzlichen Tötungsdelikt schuldig gemacht. Im Hinblick auf die Vielzahl der Verfehlungen und das Nachtatverhalten der Klägerin kann hier auch nicht von einer bloßen einmaligen Verfehlung ausgegangen werden. Dieses Verhalten wurde von dem Erblasser weder unterstützt noch gebilligt und erfolgte damit wider seinen Willen.
Entgegen einer früheren, möglicherweise missverständlich formulierten Entscheidung des BGH (Urteil vom 23.1.1980 – IV ZR 152/78) geht die Kammer hier nicht davon aus, dass ein Pflichtteilsentzug nach § 2333 Nr. 5 BGB nur dann möglich ist, wenn der Abkömmling unmittelbar in den Interessenkreis des Betroffenen eingreift, was zwingend eine bestehende Beziehung zwischen beiden erfordert. Dabei hegt die Kammer schon Zweifel daran, ob der BGH heute überhaupt noch dieselbe Entscheidung treffen würde, da dieser ein mittlerweile überholtes Verständnis hinsichtlich unehelicher Kinder zugrunde liegt. Die nichtehelichen Kinder sind nämlich den ehelichen im Verhältnis zu ihrem Vater inzwischen weitgehend gleichgestellt worden. Jedenfalls muss diese Entscheidung relativiert betrachtet werden. Sicherlich sind Fälle denkbar, in denen das Verhalten eines Kindes den Vater überhaupt nicht berührt, weil er hiervon keine Kenntnis erlangt und ihn das Verhalten auch sonst nicht beeinträchtigt. Die generelle Verneinung eines Pflichtteilsentziehungsrechts wegen mangelnder Kontakte und Beziehungen hält die Kammer jedoch für verfehlt. Dies würde zu einem nicht hinnehmbaren Wertungswiderspruch führen. Denn dann wäre im Falle schwerer Verfehlungen, die einen weiteren Kontakt unzumutbar erscheinen lassen, das Pflichtteilsrecht schwerer zu entziehen als bei weniger gravierendem Fehlverhalten des Abkömmlings. Der Erblasser, der sich berechtigt von seinem Abkömmling abwendet, würde sein Pflichtteilsentziehungsrecht verlieren, wenn er nicht frühzeitig und schnell genug handelt und eine entsprechende Verfügung trifft. Im Übrigen ist das Pflichtteilsrecht nach der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts Ausdruck einer unauflöslichen Solidarität, die zwischen Eltern und ihren Kindern besteht (BVerfG, Beschluss vom 19. 4.2005 – 1 BvR 1644/00,1 BvR 188/03). Daher hält es die Kammer für unangemessen, das Pflichtteilsentziehungsrecht von äußeren Beziehungen der Beteiligten untereinander abhängig zu machen. Auch ohne bestehende Kontakte kann die von der Norm geschützte Familienehre des Erblassers empfindlich beeinträchtigt werden. Letztlich muss derjenige, der die Familie rechtlich in Anspruch nehmen will, sich auch tatsächlich, unabhängig von konkreten Einwirkungsmöglichkeiten, familiengerecht verhalten. Aus diesem Grunde folgt die Kammer der vielfach geäußerten Kritik an der Rechtsprechung des BGH und wendet diese hier nicht wortwörtlich an (vergleiche schon OLG Köln, Beschluss vom 25.2.2008 – 2 W 80/07; Lange in Müko, 4. Auflage, § 2333 Rn 14; Mayer in der BeckOK, Stand 1. 11. 2008, § 2333 Rn 13; Olshausen in Staudinger, 2. Aufl. 2006, Rn 20 mwN).
Die Klägerin hat im Übrigen durch ihr Verhalten eine massive Beeinträchtigung der Familienehre des Erblassers und dessen Interessenkreises hervorgerufen. Sie hat schuldhaft und in vorwerfbarer Weise diverse Straftaten begangen, über die medienwirksam berichtet wurde. Dies alleine traf den Erblasser schon empfindlich in seiner inneren Ehre. Es ist nachvollziehbar, dass das Verhalten der Klägerin seinem Anstandsgefühl widersprach und dazu führte, sich von ihr und ihren Taten so weit wie möglich distanzieren zu wollen. Auch wenn es auf äußere Beeinträchtigungen des Erblassers aus den oben genannten Gründen rechtlich gar nicht ankommen dürfte, sind solche sogar eingetreten. Unbestritten ist – wie sich im Anschluss an den Beschluss des OLG Köln vom 25.2.2008 herausgestellt hat – der Erblasser im Nachgang der Tat mehrfach von der Polizei aufgesucht worden, die die flüchtige Klägerin in dessen Haus zu finden hoffte und dieses durchsuchte. Insofern wurde nicht nur seine innere Ehre, sondern auch sein sozialer Achtungsanspruch durch die öffentlichen Ermittlungsmaßnahmen stark beeinträchtigt. Ob es sich nur um einige wenige Personen aus dem nahen Umfeld oder ein ganzes Dorf handelte, die die Medienberichte verfolgten, diese mit der Person des Erblassers verknüpften und ihn damit konfrontieren, kann letztlich dahingeste...