Die Rechtsprechung des BFH zum "Sonderrecht der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen"(Vgl. BFH-Urteil vom 17.6.1998, X R 104/94 BStBl II 2002, 646) ist nicht zu Unrecht schon des Öfteren als "kleines Wunder" bezeichnet worden. Denn nach allgemeinen erbschaftsteuerlichen Grundsätzen handelt es sich bei den hier jeweils vereinbarten Versorgungsleistungen ganz eindeutig um Gegenleistungen für die Vermögensübertragung und, ertragsteuerlich gesprochen, um Entgelte. Dennoch ist laut BFH – unter gerade in jüngster Zeit zunehmend gesetzlich eingeschränkten Voraussetzungen – von einer unentgeltlichen Vermögensübertragung auszugehen. Dies führt dazu, dass im ersten Schritt die Übertragung als solche ertragsteuerneutral bleibt; eine Aufdeckung von stillen Reserven wird vermieden. Im zweiten Schritt werden dann sogar die Versorgungsleistungen auf Ebene des Verpflichteten steuermindernd (als Betriebsausgaben bzw. Sonderausgaben) berücksichtigt und beim jeweiligen Empfänger der Einkommensteuer unterworfen. Bei einem – im Regelfall vorliegenden – Steuersatzgefälle zwischen Versorgungsverpflichtetem und Versorgungsempfänger ein probates Mittel zur Senkung der Gesamtsteuerbelastung der Familie.
In erbschaft- bzw. schenkungsteuerlicher Hinsicht stellen die übernommenen Versorgungsleistungen (zivilrechtlich zutreffend) Gegenleistungen für den Erwerb des übertragenen Vermögens dar. Sie mindern also den erbschaft- bzw. schenkungsteuerpflichtigen Erwerb und somit auch die entsprechende Steuerbelastung.
Dass diese Segnungen nicht nur nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG in gegenständlicher Hinsicht einen schmalen Anwendungsbereich haben, sondern auch der Kreis der potenziell Beteiligten sehr eng zu fassen ist, hat der BFH mit seinem Urteil vom 20. Juli 2010 nun noch mal sehr deutlich klargestellt. Denn ertragsteuerlich privilegiert sind nur Vermögensübergaben innerhalb des sogenannten Generationennachfolgeverbundes, dem nach der Rechtsprechung nur pflichtteilsberechtigte Ehegatten oder Abkömmlinge angehören können (Vgl. BFH-Urteil vom 27.3. 2001, X R 106/98, BFH/NV 2001, 1242). Ausdrücklich nicht zu diesem Generationennachfolgeverbund gehören unverheiratete Lebenspartner des Übergebers/Erblassers. Ob man diese Abgrenzung für sinnvoll oder zeitgemäß halten will, muss jeder für sich selbst entscheiden. Im vorliegenden Fall drängt sie sich aber allein deshalb als zutreffend auf, weil der Erblasser bei Begründung der Rentenverpflichtung (mit einem anderen Partner) verheiratet war. Dass in dieser Konstellation Versorgungsleistungen zugunsten eines – familienrechtlich betrachtet – fremden Dritten nichts mit Absicherungen im Rahmen des Generationennachfolgeverbundes zu tun haben können, liegt auf der Hand.
Auch wenn im Urteilsfall die steuerlichen Nachteile aus der Sicht des Vaters des Klägers keine entscheidende Rolle gespielt haben dürften, ist zu überlegen, ob bzw. wie diese ggf. hätten vermieden werden können.
Natürlich wäre eine lebzeitige Übertragung in Betracht gekommen. Bei dieser hätten als (echte) Gegenleistung natürlich auch laufende Zahlungen an einen fremden Dritten, z. B. einen Lebensgefährten, vereinbart werden können. Diese würden den verpflichteten Erwerber zwar ebenfalls nicht zum Sonderausgabenabzug berechtigen, wären aber als Anschaffungskosten des Übertragungsgegenstands anzusehen und könnten daher im Rahmen der regulären Abschreibungen auch steuerlich berücksichtigt werden (der sog. Ertragsanteil in den Rentenzahlungen führt beim Verpflichteten zu abziehbarem Zinsaufwand). Gleichzeitig würde aber auf der Ebene des Übertragenden ein ggf. steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn ausgelöst. Vor diesem Hintergrund kommen derartige Gestaltungen vor allem dann in Betracht, wenn es entweder um eine private Immobilie geht, für die die Spekulationsfrist nach § 23 EStG bereits abgelaufen ist, oder der Erblasser steuerliche Verluste (bzw. Verlustvorträge) hat, die die Steuerlast auf einen Veräußerungsgewinn minimieren und in einem späteren Erbfall verlorengehen würden. Möchte der Vermögensinhaber das für eine Übertragung in Betracht kommende Vermögen noch für die Zeit seines Lebens selbst behalten, soll also die Übertragung erst nach bzw. anlässlich seines Todes erfolgen, so kann dies durch eine aufschiebend bedingte Eigentumsübertragung (aufgrund eines vor dem Tod wirksamen schuldrechtlichen Geschäfts) erreicht werden.
Für den Empfänger der "Versorgungsleistungen" ändert sich übrigens gegenüber einer nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG begünstigten Übertragung nichts. Sowohl im Fall des Abzugs von Sonderausgaben durch den Zahlungsverpflichteten als auch im Fall der entgeltlichen Alternativgestaltung hat er die ihm zukommenden Leistungen zu versteuern (idR als sonstige Einkünfte nach § 22 EStG).
RA, StB, FA StR Dr. Christopher Riedel, LL.M., Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, Düsseldorf, Essen